# taz.de -- Haltung von Weihnachtsgänsen: Gans gut | |
> Supermarktketten verzichten auf Tiere, die gestopft oder lebend gerupft | |
> werden. Aber Bademöglichkeiten haben die Wasservögel immer noch nicht. | |
Bild: Vorhang auf: Auch konventionelle Gänse leben in der Regel in Freilandhal… | |
Berlin taz | Die großen Supermärkte bieten der Tierschutzstiftung Vier | |
Pfoten zufolge kein Fleisch von Gänsen mehr an, die gestopft oder lebend | |
gerupft wurden. „Dazu hat unsere jahrelange Kampagne beigetragen“, sagt | |
Kampagnenleiterin Denise Schmidt. Lidl, Aldi Nord, Edeka, Real und Rewe | |
bestätigten auf taz-Anfrage, dass sie auf Gänse verzichten, die die | |
umstrittenen Methoden erleiden mussten. Andere Probleme wie die Haltung der | |
Wasservögel ohne Zugang zu Bademöglichkeiten bestehen weiter. | |
Die meisten Gänse werden zum Martinstag und in der Weihnachtszeit | |
verspeist. Vier von fünf Tieren werden aus Polen oder Ungarn importiert. Im | |
vergangenen Jahr kamen laut Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft | |
nur 19 Prozent der 25.700 Tonnen hierzulande verbrauchten Gänsefleischs aus | |
Deutschland. Hauptgrund dürfte der Preisunterschied sein: Bei Rewe etwa | |
sind deutsche Gänse im Durchschnitt doppelt so teuer wie polnische. Ein | |
deutscher 5-Kilogramm-Vogel kostet etwa 70 Euro. | |
Das liegt zum Beispiel an den niedrigeren Lohn- und Bodenkosten in | |
Osteuropa. Lange machten dort Lieferanten deutscher Supermärkte aber auch | |
zusätzlichen Profit durch das in der Bundesrepublik verbotene | |
Zwangsstopfen, das zur Erzeugung von Fettlebern erforderlich ist. | |
Westeuropäische Gourmets zahlen Spitzenpreise für die fragwürdige | |
Delikatesse, die Rohstoff für die feine Gänseleberpastete „Pâté de foie | |
gras“ ist. Dafür wird den Gänsen mehrmals täglich maschinell mit langen | |
Stäben oder mit Druckluft ein Maisbrei in den Magen gepresst. Oft werden | |
die Tiere auch lebendig – unter Schmerzen – gerupft, um ihre Federn zu | |
verkaufen. | |
Vier Pfoten übte deshalb jahrelang auf Händler Druck aus, Gänse nur von | |
Produzenten zu beziehen, die auf der „[1][Positivliste]“ der Organisation | |
stehen. Diese soll Firmen nennen, die auf die Verarbeitung von Tieren aus | |
der Stopfleberproduktion und Lebendrupf verzichten. Die Unternehmen haben | |
laut Vier Pfoten umfangreichen unangemeldeten und unabhängigen Kontrollen | |
zugestimmt. Verbraucher können anhand der aufgedruckten „EWG“-Nummern | |
erkennen, ob Gänse von den gelisteten Unternehmen stammen. | |
## Fleischkonsum reduzieren | |
Real beispielsweise gibt nun an, dass es seine Gänse entweder aus | |
Deutschland oder von einem gelisteten Betrieb in Polen beziehe. Die | |
Aldi-Nord-Einkäufer „orientieren“ sich immerhin an der Positivliste. „Zu… | |
haben wir vertraglich in unseren Lieferkontrakten vereinbart, dass kein | |
Fleisch und keine Daunen oder Federn aus Stopfmast oder Lebendrupf an uns | |
geliefert bzw. in unseren Produkten verarbeitet werden.“ | |
Also einfach die billigste Gans kaufen? Keinesfalls, heißt es bei Vier | |
Pfoten. Die Stiftung rät generell dazu, den Fleischkonsum zu reduzieren und | |
auch pflanzliche Alternativen zu probieren. Wer dennoch Gans essen will, | |
sollte zu einem Biotier greifen. „In Betrieben mit dem EU-Biosiegel oder | |
dem eines Anbauverbands sind die Haltungsbedingungen am besten“, sagt | |
Schmidt. Zwar lebten auch konventionelle Gänse in der Regel in | |
Freilandhaltung – im Gegensatz zu fast allen anderen Nutztieren, die ihr | |
Leben im Stall verbringen müssen. „Gänse haben aber in herkömmlichen | |
Betrieben meistens keinen Zugang zu Wasser“, so der Tierschützer. „Als | |
Wassergeflügel brauchen die Tiere zur vollständigen Ausübung ihrer | |
natürlichen Verhaltensweisen Wasser zum Baden.“ [2][Die EU-Ökoverordnung | |
schreibt deshalb eine Bademöglichkeit vor]. Eine Biogans kostet oft 20 Euro | |
pro Kilogramm – 40 Prozent mehr als eine deutsche konventionelle. | |
Besondere Vorsicht empfiehlt Schmidt in der Gastronomie. Restaurants | |
beispielsweise müssen nämlich nicht offenlegen, aus welchen Betrieben ihre | |
Gänse kommen. Problematisch könnten auch Fertiggerichte sein, da hier die | |
Herkunftskennzeichnung für Fleisch nicht greift. | |
13 Dec 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.vier-pfoten.de/themen/nutztiere/gaense-enten/infolisten/ | |
[2] http://www.oekolandbau.nrw.de/fachinfo/umstellung/tierhaltung/mastgefluegel… | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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