# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch? | |
> Eine Union, die ihre verbrecherische Vergangenheit vergisst, Heuchelmord | |
> und die zensierte Beziehung zwischen Arm und Reich. | |
Bild: Auch der zweite Golfkrieg ist auf Fake-News zurückzuführen | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Wenn man bei Facebook etwas gegen Fake-News bei | |
Facebook postet, ist das ziemlich absurd. | |
Und was wird besser in dieser? | |
Wenn nicht, auch. | |
In Syrien verhilft Russland Assad zum blutigen Sieg über Aleppo. Im | |
USA-Wahlkampf hakte sich Moskau bei Demokraten und Republikanern ein, um | |
vertrauliche Dokumente abzugreifen. Zeit für einen neuen Kalten Krieg? | |
Gesichertes und unbestrittenes Wissen dagegen ist: Eine Woche vor der | |
US-Wahl lancierte der Inlandsgeheimdienst FBI in einem Brief an den | |
Kongress eine undefinierte Vermutungswolke gegen Hillary Clintons | |
E-Mail-Vergehen. Nachdem auch der letzte Briefwähler sein Kuvert | |
zugeschleckt haben mochte, zog der FBI zwei Tage vor der Wahl die | |
Insinuation zurück. Hey, braucht man wirklich böse Russen, um auf die Idee | |
zu kommen, die Dienste hätten den neuen Präsidenten mitbestimmt? | |
Und warum geht kaum jemand auf die Straße, um gegen das Leid, das der | |
syrischen Bevölkerung angetan wird, zu demonstrieren? | |
Das Publikum ist überfordert. Französische Bombardements nach den | |
Terroranschlägen seien eine gute, humanistische Sache. Als die US-Luftwaffe | |
im September „versehentlich“ über 60 syrische Soldaten tötete, | |
entschuldigte man sich hinterher im Sicherheitsrat. Als Russland eine | |
gemeinsame UN-Resolution anbot, bestand der Westen auf seiner eigenen | |
Formulierung, nachdem John Kerry Russland zuvor aufgefordert hatte, sich | |
mehr zu engagieren. USA und Russland ordnen beide ihre strategischen Ziele | |
taktischen Kollateralschäden unter. Vulgo: Heuchelmord. Die Frage ist, wo | |
war bisher die gerechte Waffe des Friedens, wenn „die Richtigen“ gemordet | |
haben? | |
Die ersten Afghanen wurden abgeschoben. Bundesinnenminister de Maizière | |
verteidigt die Aktion als „richtig und notwendig“. Hat der sie noch alle? | |
Tja nun, solange die Bundeswehr nicht im Inneren eingesetzt wird, muss man | |
die Leute halt dahin bringen, wo die Bundeswehr steht: Es ist schon eine | |
originelle Idee, einerseits Schutzsuchende in ein Land abzuschieben, das | |
andererseits Hilfe nötig hat. De Maizière könnte sich aus seiner Zeit als | |
Verteidigungsminister noch schemenhaft erinnern, dass die ganze | |
Afghanistanmission als „Staatenbildung ohne Staat“ scheiterte. | |
Was haben wir uns gefreut, dass mit dem Stadtsoziologen Andrej Holm ein | |
Gentrifizierungsgegner Staatssekretär für Wohnen in Berlin wird. Und jetzt | |
schießt er sich mit einer Lüge über seine Stasi-Vergangenheit ins Aus. | |
Womit haben wir das verdient? | |
Die Grundsatzdebatte, ob man „mit denen regieren“ darf, hat Willy Brandt | |
1966 klar beantwortet : Ja – zum hochrangigen NSDAP-Mitglied und | |
Ministerialbeamten Kurt Georg Kiesinger als Bundeskanzler der ersten GroKo. | |
Der Vergleich hinkt wie Goebbels. Es bleibt ein Wunder und eine | |
demagogische Spitzenleistung der Union, rückstandslos Blockflöten zu | |
verdauen und zugleich aus SED und Stasi einen größeren Popanz zu plustern, | |
als die eigene verbrecherische Vergangenheit je schien. Die SPD- und | |
Grünen-Delegation muss geschlafen haben, statt den Namen Holm so zu | |
überprüfen, wie es jetzt auf öffentlicher Bühne geschieht. R2G in Berlin | |
trägt Verantwortung für eine Chance im Bund 2017, damit geht man nicht um | |
wie mit irgendeinem blödsinnigen Flughafen. | |
Im Armutsbericht der Bundesregierung wurde die Passage gestrichen, in der | |
zu lesen ist, dass Arme weniger Einfluss auf Politikgestaltung haben als | |
Reiche. Was soll das? | |
Letztes Mal hatte FDP-Wirtschaftspraktikant Rösler Passagen streichen | |
lassen, wonach „die Privatvermögen in Deutschland sehr ungleich verteilt“ | |
seien. Mit verheerenden Folgen für Rösler und die FDP. Nun also radiert das | |
Kanzleramt selbst – klare Sache, das spielt dem bildungsfernen | |
Nichtabiturienten Martin Schulz in die Hände. | |
Fake-News beeinflussen politische Debatten und entscheiden womöglich sogar | |
Wahlen und Hate-Speech vergiftet das Klima. Ist das Internet kaputt? | |
Der zweite Golfkrieg fand wegen einer Fake-News statt, den „weapons of mass | |
destruction“. Ohne Netz. Also ruuuuhig, Brauner, und präzise hingeschaut: | |
Wenn es um Verantwortung geht, ist Facebook keine Zeitung; wenn es um | |
Werbeeinnahmen geht, isses eine; wenn es um Nazisprech geht, wird nicht | |
zensiert; wenn es um Tittenbildchen geht, wird zensiert. Soziale Netzwerke | |
parfümieren sich mit Hippie-Dusel und sind dahinter Geschäftsmodelle. | |
Und was machen die Borussen? | |
Aufbausaison nach dem Verkauf von Hummels. Vor der nächsten Aufbausaison | |
nach dem Verkauf von Aubameyang. | |
18 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Friedrich Küppersbusch | |
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