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# taz.de -- Sexuelle Gewalt an Kindern: Missbrauch noch immer alltäglich
> In Vereinen, Heimen, Familien, in der Kirche: Sexuelle Gewalt an Kindern
> gibt es überall. Prävention, sagen Experten, beginnt mit Aufarbeitung.
Bild: Schweigen verboten: Sexueller Missbrauch setzt sich fort, wenn er nicht a…
Berlin taz „Das ist leider kein Thema der Vergangenheit, das irgendwann mal
aufgearbeitet ist und vor dem wir dann Ruhe haben“, sagt die frühere
SPD-Politikerin Christine Bergmann am Dienstag in einem
neonlichtbestrahlten Raum im Berliner Regierungsviertel. Mit dem „Thema“
meint sie sexuelle Gewalt an Kindern – in Familien, kirchlichen
Einrichtungen, Sportvereinen, Heimen. Seit im Jahr 2010 massenhafte
Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche und anderen Organisationen
bekannt wurden, ist das „Thema“ beständig in der Öffentlichkeit.
Was ist seitdem passiert? Ist die Zahl der heutigen Übergriffe durch
Aufklärung und Prävention gesunken? Finden die Opfer von damals jene Hilfe,
die sie brauchen? Sind Nachbarn und Lehrer mittlerweile aufmerksamer und
zeigen Taten eher an? Bergmann, die im Jahr 2010 Beauftragte für Fragen des
sexuellen Missbrauchs wurde und jetzt Mitglied einer
Aufarbeitungskommission ist, zieht eine herbe Bilanz: Sexuelle Gewalt ist
noch immer fast überall und alltäglich vorhanden. Dagegen helfe in erster
Linie Prävention, eine wichtige Basis dafür sei Aufarbeitung, sagt
Bergmann: „Aber hier muss noch viel passieren.“
So forderte die frühere Frauensenatorin in Berlin (1991 bis 1996) den
Berliner Senat auf, sich intensiv mit Missbrauchsfällen „mit staatlichem
Siegel“ auseinanderzusetzen: Ende der 60er Jahre wurden Straßenkinder,
meist Jungen, mithilfe der SPD-geführten Jugend- und Sozialverwaltung in
die Obhut pädosexueller Männer gegeben. Bis in die 90er Jahre hinein
[1][betrieb der Senat eine pädophilenfreundliche Politik].
Eine jüngst vom Institut für Demokratieforschung in Göttingen dazu
veröffentlichte Studie hat jede Menge Archivmaterial gesichtet. Das reicht
nicht, beklagt die Kindheitsforscherin Sabine Andresen, Vorsitzende der
Aufarbeitungskommission: „Wir müssen die Opfer hören, um zu verstehen, wie
die Strukturen sind, die Missbrauch zulassen.“
Einen kleinen Einblick ins „System Missbrauch“ bekommen Bergmann, Andresen
und andere Kommissionsmitglieder durch intensive Interviews mit
Betroffenen. „Oft ist nicht nur das Kind betroffen“, sagt Andresen: Häufig
seien schon die Mutter und die Großmutter Opfer von sexueller Gewalt
gewesen, die wiederum das Leid ihrer Kinder duldeten. „Schweigen, Wegsehen,
Ignorieren sind ebenfalls Taten“, mahnt Andresen.
Bis 2019 will die Kommission 500 Gespräche mit Betroffenen führen, 40 seien
bereits geführt. Am 31. Januar 2017 soll es ein öffentliches Hearing geben.
Viele Opfer, so Bergmann, wollen ihre Geschichten öffentlich machen.
Darüber hinaus erwarten Betroffene, dass es endlich ein
Opferentschädigungsgesetz gebe. Ein Referentenentwurf dafür soll demnächst
präsentiert werden. Bergmann hofft, dass die sogenannte Härtefallregelung
wegfalle: Bislang müssen Opfer nachweisen, dass ein Schaden, den sie haben,
durch den Missbrauch entstanden ist.
7 Dec 2016
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## AUTOREN
Simone Schmollack
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