Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“: Die Tür aufmachen
> „Signale erkennen und helfen“: Die Initiative „Schule gegen sexuelle
> Gewalt“ soll Schulen zu einem Schutzort für Betroffene machen.
Bild: Gegen das Schweigen: Johannes-Wilhelm Rörig in einer Kindertagesstätte
Berlin taz | Da ist der Vater einer Schülerin, der beim Klassenfest den
Freundinnen der Tochter die Rücken massiert. Oder der Lehrer, der stets mit
einer Schülerin die Pause im Klassenraum verbringt – hinter verschlossener
Tür. „Wie nah ist zu nah?“ Diese Frage stellen nun blau-grüne
Informationsbroschüren und Plakate, die bald in allen 16 Bundesländern
kursieren werden.
Mit der Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“, die am Dienstag in
Berlin vorgestellt wurde, macht der Unabhängige Beauftragte für Fragen des
sexuellen Kindesmissbrauchs Johannes-Wilhelm Rörig auf ein heikles Thema
aufmerksam: In jeder deutschen Schulklasse sitzen durchschnittlich ein bis
zwei Kinder, die sexuellen Missbrauch erleiden.
Rund 12.000 Fälle von sexueller Gewalt an unter 14-Jährigen verzeichnete
die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik 2015 – und das sind nur die
polizeibekannten Fälle. Meist findet Missbrauch in den Familien statt. Aber
oft sind die Schulen selbst Tatorte: Übergriffe durch Gleichaltrige oder
Pädagogen und, immer häufiger, in sozialen Medien.
„Wir wollen Schulen nicht unter Generalverdacht stellen“, betonte Rörig.
Aber nur dort könne man alle Kinder und Jugendlichen erreichen. Zum Start
der Initiative, die am 19. September in Nordrhein-Westfalen beginnt und bis
Ende 2018 alle mehr als 30.000 Schulen im Bundesgebiet erreichen soll,
formulierte Rörig gemeinsam mit VertreterInnen von Lehrergewerkschaften und
dem Betroffenenrat ein Ziel: „In Deutschlands Schulen soll zu sexueller
Gewalt nicht mehr geschwiegen werden.“ Schulen müssten zu Schutzorten für
Betroffene werden.
## 250.000 Euro pro Jahr
Mithilfe der Kultusministerien in den Ländern sollen auf
Regionalkonferenzen SchulleiterInnen und PädagogInnen mit
Informationsmaterial versorgt und bei der Erstellung eines Schutzkonzeptes
für ihre Einrichtung beraten werden. Das neue Fachportal
[1][www.schule-gegen-sexuelle-gewalt.de] bündelt aktuelles Wissen und
länderspezifische Angebote und Informationen.
250.000 Euro pro Jahr haben Rörig und seine Mitarbeiter für die Aktion zur
Verfügung, kofinanziert vom Bundesfamilienministerium. Für die Finanzierung
von Fortbildungen und Beratungsangeboten sind jedoch die jeweiligen Länder
zuständig.
Dreierlei hindere LehrerInnen bisher daran, auf Missbrauch zu reagieren,
sagte Udo Beckmann vom Verband Bildung und Erziehung (VBE): Angst vor
Falschbeschuldigungen, mangelndes Wissen und fehlende Qualifikation. Um das
zu ändern, müssten die Länder den Schulen mehr Zeit für Lehrerfortbildungen
einräumen. Nach Ansicht von Marlis Tepe von der Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft sind rund 23 Millionen Euro nötig, um alle Schulen ausreichend
mit PsychologInnen auszustatten.
Nur eine aufmerksame Person, „einer, der die Tür aufmacht“, hätte ihr als
Schülerin geholfen, um den Missbrauch durch ihren Lehrer in den Pausen zu
stoppen, sagte Catharina Beuster, die heute im Betroffenenrat sitzt. Sie
betonte: „Signale erkennen und zu helfen, das ist die Verantwortung der
Erwachsenen!“
13 Sep 2016
## LINKS
[1] https://www.schule-gegen-sexuelle-gewalt.de/home/
## AUTOREN
Nina Apin
## TAGS
sexueller Missbrauch
Kindesmissbrauch
Johannes-Wilhelm Rörig
sexueller Missbrauch
Lesestück Recherche und Reportage
Nein heißt Nein
Kinderschutz
sexueller Missbrauch
sexueller Missbrauch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Sexuelle Gewalt an Kindern: Missbrauch noch immer alltäglich
In Vereinen, Heimen, Familien, in der Kirche: Sexuelle Gewalt an Kindern
gibt es überall. Prävention, sagen Experten, beginnt mit Aufarbeitung.
Sexuelle Gewalt an Schülern: Buchhalter des Missbrauchs
Jahrzehntelang missbrauchte ein hessischer Lehrer seine Schüler. Ein
Bericht belegt, wie die Behörden dabei versagten, die Kinder zu schützen.
Strafe für Gruppenvergewaltigung: Nationalteam hinter Gittern
Fünf kubanische Volleyballspieler wurden in Finnland zu mehrjährigen
Gefängnisstrafen verurteilt. Fatal für den kubanischen Volleyball.
Recherche zu Kinderprostitution: Anonyme Täter
Eine neue Studie korrigiert das Profil der Straftäter. Er sind nicht die
viel geschmähten Pauschaltouristen, sondern eher Geschäftsreisende.
Kommentar Kirche und Missbrauch: Ehrliche Reue sieht anders aus
Die Aufarbeitung sexueller Gewalt in der katholischen Kirche ist noch nicht
gescheitert. Sie hat noch gar nicht richtig begonnen.
Sexueller Missbrauch: Wenn das Opfer vergeblich anruft
Eine Million Kinder und Jugendliche sind von sexueller Gewalt betroffen.
Aber es gibt zu wenig Beratungsstellen. Obwohl die Sensibilität gewachsen
ist.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.