# taz.de -- Saudi-Arabien im UN-Menschenrechtsrat: Der Fuchs, der die Hühner b… | |
> Eine Onlinepetition fordert, Saudi-Arabien aus dem UN-Menschenrechtsrat | |
> zu werfen – weil es selbst Menschenrechte massiv missachtet. | |
Bild: Seit März 2015 bombardiert eine von Saudi-Arabien geführte Militäralli… | |
Die Frage haben sie auf ein weißes DIN-A4-Blatt geschrieben: „Why is Saudi | |
Arabia on the Human Rights Council?“ steht da, schwarz auf weiß, und | |
darunter in Rot: „#FreeRaif“. Es ist eine rhetorische Frage, denn sie | |
meinen: Natürlich hat Saudi-Arabien im UN-Menschenrechtsrat nichts zu | |
suchen. | |
Die beiden Personen, die das Papier in die Kamera halten, sind Hillel | |
Neuer, Geschäftsführer der NGO UN Watch und Ensaf Haidar, die Frau des | |
Bloggers Raif Badawi, der in Saudi-Arabien im Gefängnis sitzt. Aufgenommen | |
wurde das Foto im Jahr 2015, als sie sich in Kanada trafen. Es ziert die | |
Onlinepetition, die sie vor zwei Jahren gestartet haben und die nun neue | |
Aktualität bekommen hat. [1][Auf Change.org fordern sie], Saudi-Arabien aus | |
dem Menschenrechtsrat zu verbannen – und sammelten mehr als 15.000 | |
Unterschriften. | |
Raif Badawi wurde 2012 zu zehn Jahre Gefängnis und tausend Stockhieben | |
verurteilt, wegen „Beleidigung des Islams auf elektronischem Wege“. Seitdem | |
ist der Blogger in Haft und gilt in seinem Heimatland als abschreckendes | |
Beispiel für Systemkritiker. Im Ausland ist er zu einem Symbol für den | |
Kampf für Menschenrechte geworden. | |
Im Oktober wurde Saudi-Arabien erneut in den Menschenrechtsrat der | |
Vereinten Nationen gewählt. Die UN-Vollversammlung entscheidet über die 47 | |
Mitglieder nach einem Regionalschlüssel. Saudi-Arabien bekam 152 Stimmen | |
und wurde damit zum vierten Mal hineingewählt. Seitdem 2006 aus der | |
Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen der Menschenrechtsrat | |
wurde, war Saudi-Arabien nur ein Jahr nicht im höchsten Gremium zur Wahrung | |
der Menschenrechte vertreten. | |
## Kritiker sprechen von Kriegsverbrechen | |
„Es ist, als ob ein Fuchs einen Hühnerstall überwacht“, so beschreibt es | |
UN-Watch-Chef Neuer. Ensaf Haidar äußert sich aus dem kanadischen Exil: | |
„Wie kann Saudi-Arabien im Menschenrechtsrat sitzen und gleichzeitig selbst | |
fundamentale Rechte missachten?“. Seit Saudi-Arabien im Menschenrechtsrat | |
vertreten ist, wurden im Königreich laut Amnesty International 350 Personen | |
hingerichtet, Tendenz steigend. Seit März 2015 bombardiert zudem eine von | |
Saudi-Arabien geführte Militärallianz die Huthi-Miliz im Jemen. | |
Dabei wurden laut Human Rights Watch mehr als 11.000 Zivilisten getötet | |
oder verwundet. Weil offenbar auch Streubomben eingesetzt werden, sprechen | |
Menschenrechtler mittlerweile von Kriegsverbrechen. Es wäre die Aufgabe des | |
Menschenrechtsrat Ermittlungen durchzuführen, doch Saudi-Arabien blockierte | |
bislang jegliche neutrale Aufklärung – und missbraucht seine Rolle damit | |
bewusst, so die Kritik. | |
Laut Artikel 8 der Gründungsresolution hätte die UN-Vollversammlung | |
prinzipiell das Recht, Saudi-Arabien aus dem Rat zu suspendieren, das | |
streben die Initiatoren der Petition an. Passiert ist so etwas nur ein | |
einziges Mal, als 2011 Libyen aus dem Menschenrechtsrat verbannt wurde. | |
Gaddafis Vorgehen gegen Demonstranten war vor fünf Jahren Anlass genug, um | |
von einer „grausamen und systematischen Menschenrechtsverletzungen“ zu | |
sprechen. In seiner Bewerbung zur Wahl unterstreicht das Königreich: Wir | |
nehmen Menschenrechte ernst, nur eben andere. Laut nationaler Gesetzgebung | |
schützt der Staat die Menschenrechte „in Übereinstimmung mit der Scharia“. | |
## Hoffen auf die Zivilgesellschaft | |
Alle fünf Jahre unterzieht sich jedes Land der UN einer periodischen | |
Untersuchung. Im jüngsten Länderbericht beteuert das Königreich, 80 Prozent | |
der dreistelligen Empfehlungen des UN Menschenrechtsrat „genauer zu | |
untersuchen“. Übersetzt bedeutet die UN-Floskel, dass sich auf | |
realpolitischer Ebene kaum etwas ändern wird. | |
Von der saudischen Regierung erhofft sich Ensaf Haidar nicht viel | |
Veränderung, wohl aber von der digital vernetzten Zivilgesellschaft. Vor | |
einer Woche haben 14.500 Frauen online eine Petition gegen die männliche | |
Hegemonie im Lande unterschrieben, nennt sie als Beispiel. Eine andere | |
Forderung aus der Zivilgesellschaft schaffte es sogar, politische Realität | |
zu werden: Erst kürzlich schränkte Saudi-Arabien die Macht der | |
Religionspolizei, der „Mutawa“, ein. Es sind Zugeständnisse der streng | |
islamischen Regierung in Richtung eines freieren Saudi-Arabien. Für Ensaf | |
Haidar ist das „zumindest ein Anfang“. | |
3 Dec 2016 | |
## LINKS | |
[1] https://www.change.org/p/un-human-rights-council-expel-saudi-arabia | |
## AUTOREN | |
Ann Esswein | |
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