# taz.de -- Burundi und der Strafgerichtshof: Eine Regierung scheut das Licht | |
> Ermittlungen wegen politischer Gewalt soll es nicht geben. Deshalb | |
> verweigert Burundi die Kooperation mit dem Internationalen | |
> Strafgerichtshof. | |
Bild: So fühlen sich Regierungsgegner in Burundi: Bujumbara, Juni 2015 | |
BERLIN taz | Burundis Beschluss, als erster Staat der Welt den Beitritt zum | |
Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) [1][wieder | |
rückgängig zu machen], ist auf breite Kritik bei | |
Menschenrechtsorganisationen gestoßen. Am Mittwoch hatte das von der | |
regierenden Ex-Guerillabewegung CNDD/FDD (Nationalkomitee/Kräfte zur | |
Verteidigung der Demokratie) dominierte Parlament mit großer Mehrheit | |
beschlossen, die seit 1. Dezember 2004 gültige burundische Ratifizierung | |
des Rom-Statuts zu annullieren. | |
„Burundis Rückzug aus dem ICC erhält die Souveränität des Landes“, sagte | |
Justizministerin Aimée Kanyana in der Parlamentsdebatte zur Begründung. Der | |
ICC sei ein Instrument der Weltmächte, um arme Länder einzuschüchtern. | |
Vizepräsident Edouard Nduwimana sagte, wer gegen den Austritt stimme, | |
begehe Verfassungsbruch. | |
Mit dem Rückzug will die Regierung von Präsident Pierre Nkurunziza | |
internationale Ermittlungen wegen der politischen Gewalt in Burundi | |
verhindern. Burundi steckt in einer tiefen Krise, seit Präsident Nkurunziza | |
– ein ehemaliger Hutu-Rebellenführer, der seit 2005 regiert – vor zwei | |
Jahren beschloss, bei den Wahlen 2015 entgegen der Verfassung eine dritte | |
fünfjährige Amtszeit anzustreben. | |
Ein Putschversuch von Teilen des Militärs wurde im Mai 2015 | |
niedergeschlagen; seitdem hat Nkurunziza die meisten seiner Gegner in den | |
Untergrund oder ins Exil getrieben und seine Wiederwahl durchgezogen. Fast | |
300.000 Menschen sind aus Burundi in die Nachbarländer geflohen. Immer noch | |
gibt es fast täglich Berichte über ungeklärte Todesfälle mutmaßlicher | |
„Terroristen“. | |
## 564 Todesopfer politischer Gewalt seit April 2015 | |
Die ICC-Anklagebehörde in Den Haag kündigte am 25. April Vorermittlungen | |
an, um zu prüfen, ob in Burundi Verbrechen verübt worden seien, die die | |
Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens rechtfertigten. „Tötungen, | |
Inhaftierung, Folter, Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt | |
sowie Fälle von Verschwindenlassen“ zählte Chefanklägerin Fatou Bensouda | |
damals auf. Dies sorgt seitdem für Verärgerung – unter anderem behindert | |
Burundi die Stationierung einer vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen | |
UN-Polizeitruppe. | |
Am 20. September sprach eine Expertenkommission des UN-Menschenrechtsrats | |
von 564 Todesopfern politischer Gewalt in Burundi seit April 2015 und | |
erklärte, es würden straflos und systematisch schwere | |
Menschenrechtsverletzungen begangen, vor allem von Regierungsseite. Der | |
Menschenrechtsrat beschloss eine Woche später die Einrichtung einer | |
Untersuchungskommission für Burundi – ein Schritt, der sonst für Länder wie | |
Nordkorea oder Eritrea reserviert ist. Der Beschluss wurde auf Vorschlag | |
der EU mehrheitlich angenommen; Russland stimmte dagegen. | |
Die Kommission soll ein Jahr lang Ausmaß und Verantwortlichkeiten der | |
politischen Gewalt in Burundi untersuchen. In UN-Kreisen ist von zwölf | |
mutmaßlichen Hauptverantwortlichen die Rede, darunter Burundis mächtiger | |
Sicherheitsminister Alain-Guillaume Bunyoni. | |
Seitdem vollzieht Burundis Regierung den Bruch mit der UNO, zu der in ihrer | |
Wahrnehmung auch der ICC gehört. Immer wieder gibt es staatlich | |
organisierte Anti-UN-Demonstrationen in Bujumbura. Am Montag verwies die | |
Regierung drei UN-Mitarbeiter des Landes. | |
Menschenrechtsgruppen zufolge bleibt die Zuständigkeit des ICC für Burundi | |
auch nach dem Austritt des Landes erhalten – zumindest was Verbrechen in | |
der Zeit der Zugehörigkeit zum Rom-Statut angeht. | |
13 Oct 2016 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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