# taz.de -- Kolumne Macht: „Oh Gott, sie wird doch wohl nicht …“ | |
> Manipulationen bei der US-Präsidentenwahl? Möglich. Aber man sollte das | |
> Ergebnis am besten nicht mehr in Zweifel ziehen. | |
Bild: Sie hoffen und demonstrieren: Protestler gegen Donald Trump in Chicago | |
Wahrscheinlich heißt der nächste US-Präsident tatsächlich Donald Trump. | |
Inzwischen liegt die Betonung jedoch auf „wahrscheinlich“. Und die bittere | |
Erkenntnis darin, dass selbst Leute wie ich, die sich vor seiner Amtszeit | |
fürchten, nicht hoffen sollten, ihm werde das Amt doch noch entrissen. | |
„Oh Gott, sie wird doch nicht …“: Das war mein erster Gedanke, als vor | |
einigen Tagen die Nachricht kam, Wissenschaftler hätten Hillary Clinton | |
aufgefordert die Wahl in den Bundesstaaten Michigan, Wisconsin und | |
Pennsylvania überprüfen zu lassen. Der Grund: In zwei der drei Staaten | |
weichen elektronische Ergebnisse stark von denen ab, in denen Stimmzettel | |
verwendet wurden. Deutet das auf einen Hackerangriff hin? | |
Möglich, aber nicht anzunehmen. Selbst in den Reihen der Skeptiker wird | |
eingeräumt, dass die Abweichungen nicht mehr signifikant sind, sobald neben | |
Zahlen auch Faktoren wie Ethnie und Bildungsgrad berücksichtigt werden. In | |
Michigan ist der Ausgang der Wahl ohnehin so knapp, dass noch immer nicht | |
feststeht, wer dort eigentlich gewonnen hat. Außerdem gibt es da gar keine | |
elektronischen Wahlmaschinen. | |
Aber: „Oh Gott, sie wird doch nicht?“ Wo kommt das her – bei mir, die ich | |
mir kaum etwas so sehr gewünscht habe wie ein Wunder, das den Amtsantritt | |
von Donald Trump verhindert? Offenbar liegt Weisheit in dem Spruch, dass | |
Vorsicht geboten ist bei Wünschen – weil sie in Erfüllung gehen können. | |
Wenn das Wahlergebnis korrigiert und Hillary Clinton doch noch Präsidentin | |
würde, dann möchte man über die Folgen gar nicht nachdenken. Fest steht: | |
Die überwältigende Mehrheit derjenigen, die Trump gewählt haben, fühlte | |
sich betrogen und wäre überzeugt, dem „Establishment“ sei es am Ende doch | |
gelungen, sie um den verdienten Sieg zu bringen. | |
Also Bürgerkrieg? Quatsch. Es gibt auch dramatische Entwicklungen unterhalb | |
der Schwelle alarmistischer Begriffe. Für Sorge genügt durchaus die | |
Vorstellung, dass im mächtigsten Staat der Welt die eine Hälfte der | |
Bevölkerung die andere Hälfte für betrügerisch – also für kriminell – … | |
Und dass eine Siegerin, die auf juristisch gefertigten Krücken über die | |
Ziellinie humpelt und den Makel der schlechten Verliererin trägt, nicht | |
wirklich wird regieren können. Zumal sie den Kongress gegen sich hätte. | |
Hillary Clinton hat die Wahl nicht angefochten, und sie konnte es auch | |
nicht tun. Nicht, nachdem die Demokraten ihrem Rivalen Donald Trump einen | |
massiven Vorwurf daraus gemacht hatten, dass er das Wahlergebnis nur dann | |
akzeptieren wollte, wenn dabei, seiner Einschätzung nach, alles mit rechten | |
Dingen zuging. | |
Aber es gibt noch einige wenige, andere Leute, die ein Recht auf Anfechtung | |
der Wahlergebnisse haben. Jill Stein, die – von vornherein chancenlose – | |
Präsidentschaftsbewerberin der Grünen Partei, gehört dazu. Und sie macht | |
Gebrauch von diesem Recht. | |
Falls die Überprüfung – erwartungsgemäß – das vorläufige Ergebnis | |
bestätigt, dann trägt das möglicherweise zur Befriedung des Landes bei. | |
Wenn nicht: Dann wird es blutig. Vielleicht nur, weil Vorderzähne | |
ausgeschlagen werden. Detroit muss ja nicht gleich wie Aleppo aussehen. | |
Wäre es besser, das Ergebnis der Wahl gar nicht erst in Zweifel zu ziehen? | |
Vielleicht, ja. | |
Aber was sagt das über den Zustand der USA aus? Dass es seriös ist, darüber | |
nachzudenken, es könne für das Land und für den Rest der Welt besser sein, | |
ein – falsches – Wahlergebnis hinzunehmen, als es zu überprüfen? Falls si… | |
jemand in den letzten paar Jahrhunderten gefragt hat, wie das Ende der | |
Demokratie denn wohl aussehen könnte: So. Genau so. | |
25 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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