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# taz.de -- Klimafolgen auf den Philippinen: Miserable Stimmung in Malabang
> Die Philippinen leiden unter der Erderwärmung – das führt zu
> Vertreibungen von Millionen. Der Deichbau kreiert weitere Gefahren.
Bild: Natur schlägt Technik: Auf den Philippinen wird der Klimawandel immer sp…
Manila taz | Carmelita Arlos lebt seit sieben Jahren an einem Ort, den sie
hasst. Southville 8a heißt die Siedlung, aus Zementblöcken errichtete
Häuser mit dünnen Blechdächern reihen sich hier aneinander. Die Bewohner
sind Überlebende des Taifuns „Ondoy“, der 2009 die philippinische
Hauptstadt Manila traf.
Hunderte Menschen starben, unzählige Familien wurden obdachlos. Betroffen
waren vor allem jene, die illegal in Gefahrenzonen am Rand von Flüssen oder
an steilen Berghängen hausten – wie die Familie Arlos. „Unsere Hütte wurde
weggeschwemmt, wir konnten gerade noch die Kinder retten“, erinnert sich
die 38-Jährige. Nach einigen Wochen in Evakuierungszentren „wurden wir in
einen Bus gesetzt und ins Nirgendwo gebracht. Gefragt hat uns niemand.
Alles, was da war, waren Häuser. Wir hatten kein Wasser und keinen Strom.
Es gab keine Schule und keine Jobs.“
Ihr Mann muss seither zur Arbeit nach Manila fahren, drei Stunden dauert es
und verschlingt 200 seiner 510 Pesos Tageslohn. Der Rest, umgerechnet etwa
6 Euro, muss reichen für die siebenköpfige Familie. „Abgeschoben hat man
uns und dann vergessen“, ärgert sich die Philippinerin. Mehrere Tausend
Menschen wurden in Southville 8a zwangsangesiedelt, nur eine Minderheit ist
geblieben. Der Rest lebt wieder dort, wo die Infrastruktur besser und die
Jobchancen höher sind.
Southville 8a ist ein Beispiel für das Scheitern sogenannter
Off-City-Ansiedlungen, mit denen Länder wie die Philippinen versuchen,
Slumbewohner aus der Stadt zu bekommen. Dies geschieht gern unter dem
Deckmantel von Nothilfe oder Vorsorge. Tatsächlich sind die Philippinen vom
Klimawandel betroffen wie kaum ein anderes Land der Erde. Naturkatastrophen
häufen sich, die Wucht der auch an Stärke zunehmenden Taifune ist fatal.
## Negativen Folgen für die 1,2 Millionen Anwohner
Nun plant die Regierung am Laguna-See im Süden Manilas einen 47 Kilometer
langen und 15 Meter hohen Deich. Auch hier drohen wieder
Zwangsumsiedlungen. Das gewaltige Bauwerk am Westufer von Asiens
drittgrößtem Süßwassersee soll die 13-Millionen-Metropole Manila vor einer
Jahrhundertflut in Folge eines Super-Taifuns schützen. Auf der Krone des
Deichs ist auch eine mautpflichtige Autobahn vorgesehen. Diese wird als
Anbindung an die Hauptstadt essenziell sein für die Bewohner von sieben
Inseln. Die dort geplanten künstlichen Oasen für hochpreisige Büro- und
Wohnimmobilien sollen dringend benötigte Investoren anlocken, denn allein
kann das Land solch ein gewaltiges Projekt gar nicht stemmen.
Das deutsche katholische Hilfswerk Misereor warnt indes vor den negativen
Folgen für die 1,2 Millionen Anwohner des Sees. Zigtausend Fischer und
Anwohner müssten laut der Misereor-Sprecherin Rebecca Struck umgesiedelt
werden. Die Stimmung in Malabang am Westufer des Sees ist miserabel.
Ernesto Capili, ein Deichwiderständler, sagt: „Er zerstört unsere
Lebensgrundlage, aber unsere Sorgen nehmen die Planer nicht ernst. Die
erzählen uns etwas von neuen Häusern. Wovon wir uns ernähren sollen, sagen
sie nicht“, zürnt der Fischer.
Der Deich sei „kein Schutz, sondern eine Gefahr. Hier am Westufer münden
neun Flüsse in den See. Der Deich würde wie ein Riegel vor den Zuläufen
sitzen – wo soll denn bei Regen das Wasser aus den Flüssen hin?“, fragt
Capili kopfschüttelnd. Auch dass der Deich laut einer Studie nur zwei
Kilometer von einer Erdbebenfalte entfernt steht, ignoriere die Regierung.
16 Nov 2016
## AUTOREN
Hilja Müller
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