# taz.de -- Heimkehrer: Hilft Althusmann der CDU?: McAllisters Mann | |
> Niedersachsens CDU will Ex-Kultusminister Bernd Althusmann zum | |
> Herausforderer von Ministerpräsident Stephan Weil küren. Frauen spielen | |
> mal wieder keine Rolle. | |
Bild: Gute Freunde: David McAllister holte Bernd Althusmann aus Namibia zurück | |
HANNOVER taz | Der wichtigste Mann der Christdemokraten in Niedersachsen | |
trägt aktuell einen merkwürdig inoffiziellen Titel: Bernd Althusmann, | |
Ex-Kultusminister der einstigen CDU-Ministerpräsidenten Christian Wulff und | |
David McAllister, ist „designierter“ Landesvorsitzender und Spitzenkandidat | |
für die Landtagswahl Anfang 2018. Nun gilt es als sicher, dass ein | |
Landesparteitag den 49-Jährigen am kommenden Wochenende in der | |
Rattenfängerhalle in Hameln zum Herausforderer von Niedersachsens | |
SPD-Regierungschef Stephan Weil kürt – Gegenkandidaten jedenfalls sind | |
nicht in Sicht. | |
„Bernd ist unser Mann“, versichern in der Partei viele. Jedoch zeigt | |
bereits die Form, mit der Althusmann inthronisiert wurde, die größten | |
Schwächen der Christdemokraten: Ihre dünne Personaldecke – und ihre | |
Zerstrittenheit. | |
## Der „Designierte“ war schon ganz weit weg | |
Denn der Kandidat, der in Hannover die Staatskanzlei zurückerobern soll, | |
rückt nicht nach einer Mitgliederbefragung an die Spitze – gestützt von | |
Parteigranden ist der Lüneburger stattdessen aus dem südlichen Afrika nach | |
Niedersachsen re-importiert worden: Nach einer peinlichen Niederlage gegen | |
die Sozialdemokratin Andrea Schröder-Ehlers in seiner Heimatstadt und der | |
Machtübernahme von Rot-Grün im Land stand Althusmann 2013 plötzlich nicht | |
nur ohne Ministeramt, sondern auch ohne Landtagsmandat da. Der | |
Diplom-Pädagoge und -Betriebswirt flüchtete auf den Posten des Büroleiters | |
der Konrad-Adenauer-Stiftung in Namibia. | |
Dort hätte er auch weiter überwintern können – doch offenbar auf Bitten | |
seines Freundes und Förderers, des einstigen Regierungschefs McAllister, | |
tauchte er Mitte des Jahres wieder in Hannover auf. In der Landeshauptstadt | |
fand er schnell einen Job: Für die Hamburger Personalberatung „Topos“ | |
knüpft er Kontakte, baut eine Außenstelle auf. | |
## McAllister hatte den Parteichef-Posten warm gehalten | |
Die Personalie zeigt, wie groß der parteiinterne Einfluss des 46-jährigen | |
McAllister auch knapp drei Jahre nach seiner Niederlage bei den | |
Landtagswahlen 2013 ist. Der Mann aus Bad Bederkesa bei Cuxhaven amtiert | |
noch immer als Landesparteichef, obwohl er längst in Richtung Brüssel | |
verschwunden und in der niedersächsischen Öffentlichkeit kaum noch präsent | |
ist. Doch mit seiner Entscheidung, nach der Wahlniederlage zumindest im | |
Parteivorsitz Kontinuität zu wahren, scheint der in West-Berlin geborene | |
Sohn einer Deutschen und eines Schotten seinen Landesverband vor heftigsten | |
Machtkämpfen bewahrt zu haben. | |
Denn in Niedersachsen leiden manche Christdemokraten weiter unter | |
Verletzungen, die noch aus der Zeit von McAllisters Vorgänger Christian | |
Wulff stammen. Eine Version möglicher Intrigen kursiert in Hannover so: Der | |
heute als Landtagspräsident amtierende Bernd Busemann habe sich vom | |
einstigen Ministerpräsidenten Wulff vom Kultus- zum Justizminister | |
„degradiert“ gefühlt. Während der exzessiven Ermittlungen der | |
Staatsanwaltschaft Hannover wegen Vorteilsnahme, die letztlich zum | |
Rücktritt des zum Bundespräsidenten aufgestiegenen Wulff führten, könnte | |
Busemann Justizinterna „an die Presse durchgestochen“ – und die Affäre | |
damit immer wieder befeuert haben, heißt es. | |
## Chancenloser Busemann posaunt's aus | |
Busemann selbst jedenfalls scheint schnell begriffen zu haben, dass er den | |
Machtpoker um die Spitzenkandidatur nicht gewinnen kann. Entgegen | |
parteiinterner Absprachen posaunte der 64 Jahre alte Emsländer Anfang | |
September den Namen Althusmanns heraus – eigentlich hatte die CDU-Führung | |
mit der Verkündung der Personalie bis nach der niedersächsischen | |
Kommunalwahl warten wollen. | |
Innerhalb der CDU vermuten nun manche, Busemann habe mit seinem scheinbar | |
großzügigen Verzicht nur für den Fall einer Niederlage bei der Wahl 2018 | |
vorsorgen wollen – dann würde Spitzenkandidat Althusmann den Platz des | |
Fraktionsvorsitzenden einnehmen, den bisher Björn Thümler aus Berne in der | |
Wesermarsch innehat. | |
Thümler wiederum hätte Busemann den Posten des Parlamentspräsidenten | |
streitig machen können, glauben manche – denn merkwürdigerweise hat der | |
Fraktionschef eigene Ambitionen auf die Spitzenkandidatur schon früh | |
zurückgestellt. „Persönliche Eitelkeiten sind fehl am Platz“, machte er in | |
der taz schon im Sommer klar. | |
In Hannover streuen Parteifreunde, der verheiratete Vater einer Tochter | |
habe aus familiären Gründen zurückgesteckt. „Wichtig ist, dass die CDU am | |
Ende den Kandidaten aufstellt, der die besten Chancen bei der Wahl hat“, | |
findet Thümler selbst. | |
## Einzige Machtoption: Große Koalition | |
Ob Althusmann das Rennen gegen SPD-Ministerpräsident Weil machen kann, ist | |
die große Frage. Mit Einzug der AfD in den Landtag und wegen der großen | |
Differenzen zwischen FDP und Grünen bleibe „die große Koalition | |
wahrscheinlich die einzig realistische Machtoption der CDU“, analysiert | |
etwa der Politikwissenschaftler Nils Bandelow. | |
„Ob darin aber die Christdemokraten den Ministerpräsidenten stellen, bleibt | |
fraglich: Bernd Althusmann ist ein viel weniger profilierter Kandidat als | |
Stephan Weil“, meint der Professor, der an der Technischen Universität | |
Braunschweig den Lehrstuhl für Innenpolitik innehat. Wie Weil dürfte | |
Althusmann versuchen, sich „als Mann der Mitte, als paternalistischer | |
Landesvater zu verkaufen“, sagt Bandelow. | |
## Absage an Studiengebühren und Turboabi | |
Damit angefangen hat Althusmann bereits. Bei einer Tour an die Parteibasis, | |
die in Anlehnung an seine Initialen den etwas merkwürdigen Titel „DeBAtte“ | |
trug, versuchte der Bundeswehroffizier der Reserve, der seinen einstigen | |
Spitznamen „Panzer“ gar nicht mehr gern hört, mit einer klaren Absage an | |
Studiengebühren und und Turbo-Abitur zu punkten. Beides hatte einst sein | |
Kultusminister-Vorgänger Busemann eingeführt, Rot-Grün wieder abgeschafft. | |
Und in einem Interview im Weser-Kurier sprach Althusmann sich deutlich für | |
ein Einwanderungsgesetz aus. | |
Parteiintern durchsetzbar ist das. Mag einer wie der Katholik Busemann in | |
Richtung des Sozialflügels der Partei tendieren, mag einer wie der | |
Braunschweiger Landtagsabgeordnete Frank Oesterhelweg nach den Übergriffen | |
von Köln den Einsatz von Waffen gegen Flüchtlinge fordern: Innerhalb der | |
CDU liegen die Konfliktlinien eher auf persönlicher, machtpolitischer | |
Ebene. | |
Schwerer dürfte es Althusmann fallen, jüngere Frauen für seine Partei zu | |
begeistern. Von den 54 Abgeordneten im Landtag sind nur zwölf Frauen. Die | |
jüngste von ihnen, Editha Lorberg aus Garbsen bei Hannover, wird im | |
Dezember 53. | |
22 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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