| # taz.de -- Kommentar Asyl für türkische Dissidenten: Mit der Türkei ist es … | |
| > Demokratie war für Erdoğan immer nur ein Mittel zum Zweck. Nun macht das | |
| > Auswärtige Amt klar: Europas Verhältnis zur Türkei ist zerrüttet. | |
| Bild: Wasserwerfer gegen Demonstranten am Wochenende in Istanbul | |
| Oft weiß man schon lange vor der Trennung, dass die Beziehung nicht mehr zu | |
| retten ist. Aber keiner will es aussprechen, denn erst dann wird es real | |
| und damit unumkehrbar. Zwischen der Türkei und Europa ist es nicht anders. | |
| Die Regierung in Ankara hat die türkische Demokratie erst in eine | |
| Demokratur und dann zu einer Autokratie umgebaut; nun verwandelt sich die | |
| Türkei vor unseren Augen in eine Diktatur. | |
| Auch wenn die EU-Beitrittsverhandlungen noch nicht abgebrochen sind und | |
| türkische Vertreter weiterhin in allerlei gemeinsamen Räten und Gremien | |
| sitzen, ist längst klar: Es ist vorbei. Die Türkei gehört nicht länger zur | |
| europäischen Wertegemeinschaft. Ein Beitritt zur EU oder auch nur eine | |
| Annäherung ist derzeit so wahrscheinlich wie die Einführung der Homo-Ehe in | |
| Saudi-Arabien. | |
| Der Erste, der das Unvermeidliche halbwegs offen ausspricht, ist Michael | |
| Roth (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt. Alle kritischen Geister | |
| könnten in Deutschland Asyl beantragen, [1][betonte er]. Das gelte | |
| ausdrücklich nicht nur für Journalisten. | |
| Formal spricht er nur Selbstverständliches aus: Politisch Verfolgte | |
| genießen Asylrecht. So steht es im Grundgesetz. Doch wann hat es das | |
| zuletzt gegeben, dass ein deutscher Regierungsvertreter Dissidenten eines | |
| anderen Landes quasi auffordert, in Deutschland Schutz zu suchen? | |
| Roths Äußerung ist eine klare Botschaft an den türkischen | |
| Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Er soll wissen, was man im | |
| deutschen Außenministerium von ihm als Demokraten hält – nichts. Das | |
| Verhältnis ist zerrüttet, auch wenn der Gesprächsfaden noch nicht ganz | |
| abgerissen ist. | |
| ## Die EU hat nur wenig in der Hand | |
| Erdoğan hat sich für einen anderen Weg als den europäischen entschieden. | |
| Demokratie war für ihn immer nur eine von mehreren Optionen, um an der | |
| Macht zu bleiben – ein Mittel zum Zweck. | |
| Sowohl Berlin als auch Europa insgesamt haben wenig in der Hand, um Ankara | |
| etwas entgegenzusetzen. Als Nato-Partner ist die Türkei gerade angesichts | |
| der derzeitigen Krise in Syrien und Irak unverzichtbar. Und auch | |
| [2][Sanktionen] sind kaum vorstellbar, will die EU den Flüchtlingsdeal mit | |
| der Türkei nicht scheitern lassen. Der steht ohnehin von türkischer Seite | |
| auf der Kippe, denn das EU-Parlament hat den Visa-Erleichterungen für | |
| türkische Staatsbürger wegen der Menschenrechtslage bisher nicht | |
| zugestimmt. | |
| Nur noch die eigenen Anhänger nehmen Erdoğan ab, dass seine politischen | |
| Säuberungsaktionen etwas mit Demokratie und Terrorbekämpfung zu tun haben. | |
| Staatsminister Roth hat ausgesprochen, was für alle anderen als Option | |
| bleibt: politisches Asyl. Zu retten ist da nichts mehr. | |
| 8 Nov 2016 | |
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| ## AUTOREN | |
| Silke Mertins | |
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