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# taz.de -- Mehr verdienen bei der Partei: Politiker stellt sich selbst ein
> Ein ehrenamtliches Ratsmitglied von „Die Partei“ in Hannover hat sich zum
> Chef seiner Mini-Fraktion gemacht und verdient seither ganz gut.
Bild: Verdienen mehr als Comicverkäufer: Fraktionsgeschäftsführer
Bremen taz | Vieles kann man der Partei in Hannover vorwerfen: Aber
zumindest ein Versprechen aus der Kommunalwahl 2016 hält sie. Neben der
Forderung einer Burkapflicht für Nazis und eines zusätzlichen Samstags pro
Woche, hatte Julian Klippert, Spitzenkandidat der Partei – also der „Partei
für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische
Initiative“ des ehemaligen Titanic-Chefredakteurs Martin Sonneborn – in
Hannover, nämlich gesagt: „Wir tun alles, was unsere Macht vergrößert.“
Und tatsächlich: Klippert sitzt nicht mehr nur ehrenamtlich in der
Regionsversammlung, dem Bezirksrat Nord und ist Ratsmitglied in Hannovers
Stadtrat. Er hat seinen Job im Comic-Buchladen gekündigt und ist seit heute
hauptberuflich Geschäftsführer der Fraktion „Die Fraktion“, die nur aus i…
und dem Ex-Linken Oliver Förste besteht, dem einzig anderen
Partei-Ratsmitglied. Klippert stehen als Vollzeitgeschäftsführer bis zu
72.322 Euro im Jahr zu. Als Ratsmitglied gibt es für den
Fraktionsvorsitzenden nur eine Entschädigung von 1.275 Euro pro Monat.
Seit dem 1. November bekommen Klippert und Förste Mittel für die
Fraktionsgeschäftsführung. Zu seiner Ämterhäufung sagt Klippert: „Das ist
Sache der Fraktion.“ Die dürfe entscheiden, wen sie einstelle. „Er ist
Multifunktionär, es ist wichtig, dass er sich professionalisiert“, sagt
Klipperts Vize. Außerdem gebe es überall in der Politik „Selbstbedienung“:
„Gerade haben wir mit den anderen Ratsmitgliedern auf Staatskosten
Leibniz’300. Todestag gefeiert. Das war vom Feinsten“, sagt Förste.
Der Partei steht genau so viel Geld für Personal zu wie anderen Fraktionen:
Pro Jahr sind das allein für die Personalkosten 121.454 Euro. Hinzu kommen
Sachkostenzuschüsse für Büro und Arbeitsplätze (siehe Kasten). Der
entscheidende Unterschied: Die ehrenamtlichen Ratsmitglieder sind
üblicherweise nicht bei den Fraktionen angestellt, Klippert jetzt schon.
## Die anderen Parteien sind erbost
Entsprechend groß ist die Empörung bei den übrigen Ratsmitgliedern. „Das
ist Selbstbedienung vom Feinsten“, sagt der FDP-Abgeordnete Wilfried
Engelke. „Herr Klippert wirtschaftet sich in die eigene Tasche“, sagt Jens
Seidel, Fraktionsvorsitzender der CDU. Es gehöre zum Ehrenkodex des Rates,
dass man sich nicht in seiner Fraktion anstelle. „Ehren- und hauptamtliche
Politik gehören getrennt. Klippert bedient sich aber aus beiden Kassen.“
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Christina Kastning sieht das ähnlich: „Sonst
vermischen sich persönliche Interessen mit Kommunalpolitik.“ Schließlich
gebe es eine Verdienstausfallregelung. Ein ehrenamtliches Mitglied eines
Parlaments dürfe nicht gleichzeitig Angestellter einer der Fraktionen sein.
„Ich weiß nicht, ob der Steuerzahler darüber lachen kann“, sagte Seidel.
Tatsächlich: Der Bund der Steuerzahler, der sich schon am vergangenen
Wochenende in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung über Klipperts Vorgehen
beschwert hatte, fragte bei der Stadt nach. Die Antwort: Was Klippert getan
hat, ist nach allen Erkenntnissen rechtmäßig. Wäre Klippert Beamter, wäre
das etwas anderes. Aber als Angestellter der Fraktion verdient er nur Geld
nach dem Tarif für öffentlichen Dienst, sonst nichts weiter.
„Wir haben rechtliche Bedenken gegen diese Praxis“, sagt Bernhard Zentgraf,
Präsident des Steuerzahlerbunds Niedersachsen-Bremen. In der
Kommunalverfassung sei klar geregelt, dass die Ratsmitglieder nur
ehrenamtlich tätig sein dürfen. Klippert bekomme die
Fraktionsgeschäftsführung aber von der Stadt bezahlt. „Aus der selben
Kasse, die er als Ratsmitglied kontrollieren soll“, sagt Zentgraf. Darüber
hinaus verstoße es gegen die Gleichbehandlung, wenn andere Abgeordnete „als
Ehrenamtliche weiterhin ihren bürgerlichen Berufen nachgehen“.
Der Bund der Steuerzahler wartet jetzt auf eine Einschätzung des
Innenministeriums. „Das Verhalten Klipperts deckt schonungslos auf, wie
einfach Kleinstfraktionen Geld abgreifen können“, sagt Zentgraf. Wenn das
Ministerium das ähnlich sehe, sei es „höchste Eisenbahn, dass etwas
unternommen werde“. Die Empörung der Ratsmitglieder nennt er heuchlerisch:
„Wir haben den Rat in Vergangenheit mehrfach aufgefordert, die Verteilung
zu verändern.“
15 Nov 2016
## AUTOREN
Gareth Joswig
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