# taz.de -- Bürgerkrieg in Afghanistan: Wer ist der Stärkste im ganzen Land? | |
> Mit ihren jüngsten Attacken stellen die Taliban die Machtfrage – und zwar | |
> an den Westen. Noch ist der eine Antwort schuldig. | |
Bild: Gewichtheberwettbewerb im südafghanischen Herat. Sport war unter den Tal… | |
KABUL taz |Mit [1][zwei spektakulären Anschlägen] haben sich Afghanistans | |
Taliban zurück in die Aufmerksamkeit des Westens gebombt. Am Sonnabend | |
sprengte sich auf dem wichtigsten US-Stützpunkt im Land, Bagram nördlich | |
von Kabul, ein Afghane in die Luft, als zum Wochenende gerade ein | |
Laufwettbewerb gestartet werden sollte. | |
Zwei amerikanische Soldaten und zwei Kontraktoren verloren ihr Leben. 17 | |
weitere Soldaten wurden verletzt, darunter ein Pole, zwölf von ihnen so | |
schwer, dass sie ins US-Armeehospital im rheinland-pfälzischen Landstuhl | |
ausgeflogen werden mussten. Über afghanische Opfer ist bisher nichts | |
bekannt. | |
Bei dem Attentäter soll es sich um einen früheren Talib handeln, der 2009 | |
die Waffen abgegeben und einen Job in Bagram gefunden hatte und am Morgen | |
mit Kollegen auf die Basis gekommen war. Wie er seinen Sprengstoff durch | |
die extrem genauen Kontrollen geschmuggelt hat, ist bisher unklar. | |
Schon in der Nacht zu Sonnabend griff ein Talibankommando das deutsche | |
Generalkonsulat im Zentrum der nordafghanischen Metropole Masar-e Scharif | |
an. Zunächst sprengte ein zur Autobombe umgebauter Kohlelaster eine Bresche | |
in die Umfassungsmauer, dann stürmten Kämpfer auf das Gelände. | |
## Gegen deutsche Invasoren | |
Der Konsul soll nur durch die schnelle Reaktion eines Personenschützers | |
gerettet worden sein, als er auf dem Weg in einen Schutzraum einem | |
Angreifer in die Arme lief. Keiner der 21 Konsulatsmitarbeiter sei zu | |
Schaden gekommen; sie seien in das Bundeswehrcamp Marmal außerhalb der | |
Stadt evakuiert worden. | |
Mit dem Konsulat attackierten die Taliban erstmals ein ziviles deutsches | |
Ziel. Ihre Begründung: Das „Invasorenland“ Deutschland gebe | |
nachrichtendienstliche Informationen an die US-Truppen, die diese bei | |
Luftangriffen verwendeten. | |
In Kundus kamen dabei am 3. November etwa 30 Zivilisten ums Leben. Trotzdem | |
trafen die Taliban in Masar selbst wieder fast nur Zivilisten und | |
ausschließlich Landsleute. Alle der nach UN-Angaben vier Toten und über 120 | |
Verletzten des Angriffs sind Afghanen, die meisten von ihnen waren | |
Passanten auf der am Abend belebten Straße vor dem Konsulat, wo nun ein | |
riesiger Krater klafft und viele Gebäude in Trümmern liegen. | |
## Steigerung der Angriffe um 35 Prozent | |
Die Gemengelage vor Ort hat sich mit dem Wahlsieg Donald Trumps ebenso | |
wenig geändert wie die politische Linie. Noch am Tag vor der US-Wahl | |
forderten die Taliban das designierte Staatsoberhaupt auf (sie wählten dazu | |
bewusst ein geschlechtsunspezifisches Wort), alle Truppen abzuziehen und | |
eine „entwürdigenden Niederlage“ zu vermeiden. | |
Sie dürften nun darauf hoffen, dass Trump frühere Tweets in Politik | |
umsetzt, in denen er selbst einen Abzug befürwortet hatte, da „unsere | |
Soldaten dort von den Afghanen getötet werden, die wir ausbilden“ und „wir | |
Milliarden verschwenden, indem wir Straßen und Schulen für Leute bauen, die | |
uns hassen.“ Diese Äußerungen liegen allerdings schon über zwei Jahre | |
zurück, Neues vom designierten Präsidenten zum Krieg in Afghanistan gibt es | |
bisher nicht. | |
Eskaliert haben die Taliban den Krieg schon seit Ende vorigen Jahres, und | |
der Trend hält an. Die Kabuler Nachrichtenagentur berichtete gerade, dass | |
nach ihren Recherchen im Oktober 2016 bei 193 Angriffen 3285 Menschen | |
getötet oder verwundet worden seien – gegenüber September eine Steigerung | |
von 35 Prozent bei den Angriffen und sogar um 83 Prozent bei der Zahl der | |
Opfer. | |
Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit bedrohen die Taliban akut den früheren | |
Bundeswehrhauptstandort Kundus sowie fünf weitere Provinzhauptstädte sowie | |
ein knappes Drittel der rund 100 Distriktzentren. In Kabul herrscht | |
zunehmend gedrückte Stimmung angesichts einer Welle von Entführungen sowie | |
andauernder Querelen in der sogenannten Nationalen Einheitsregierung. Es | |
ist naheliegend, dass die Taliban in den nächsten Wochen und Monaten ihren | |
Vormarsch im Land intensivieren werden. | |
14 Nov 2016 | |
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## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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