| # taz.de -- Serienkolumne Die Couchreporter: Faszination und Ekel | |
| > Bei der Sitcom „The Partridge Family“ ist alles paletti. Das | |
| > unterscheidet die ProtagonistInnen von den „echten“ Musikfamilien Cowsill | |
| > und Jackson. | |
| Bild: Nicht die Jackson Five – vielleicht die Jackson Three? | |
| Kennt jemand The Cowsills? Beziehungsweise, wie sie in weißer Ignoranz der | |
| Jackson Five genannt werden, „America’s first family of music“? | |
| The Cowsills waren eine stets gutgelaunte Familienband, bestehend aus | |
| verschieden alten Geschwisterkindern und -jugendlichen inklusive ihrer | |
| Mutter – die Einzige, die bei den cheesy Auftritten nicht das gleiche | |
| Kostüm wie die anderen tragen musste. (Den gleichen Putz übrigens schon.) | |
| Sie spielten seit Mitte der 60er Jahre seichte Beach-Boys-Rip-Offs und | |
| Pseudo-Beatles-Songs über Blumenmädchen und Liebe, und wem das merkwürdig | |
| erscheint, neben der Mutter auf der Bühne seine angeblichen emotionalen | |
| Zustände zu entblößen und „I love you“ zu schäkern, während davor Mäd… | |
| kreischen, der sollte sich bloß mal die 70er-Fernsehserie angucken, die von | |
| The Cowsills inspiriert wurde: Die musical sitcom „The Partridge Family“. | |
| Das habe ich mal wieder getan. Das erste Mal seit ungefähr 1976, als ich | |
| noch zu klein war, um mich in David Cassidy zu verlieben, aber schon | |
| verstehen konnte, dass er dafür gedacht war. Cassidy, im wahren Leben | |
| tatsächlich der Stiefsohn der Mutterdarstellerin Shirley Jones, spielte den | |
| ältesten Spross der Familie, der im Laufe der 96 Folgen vor allem mit dem | |
| Starrummel – die Karriere der Familienband geht steil – haderte. Er saß | |
| darum meistens missmutig mit einer Föhnfrisur im Haus herum, die so sehr | |
| glänzte, dass es einen fast erblinden ließ. Aber wenn er sang, fand ich es | |
| immer toll. | |
| ## „beat“ bezeichnet nur den Takt | |
| Shirley Jones dagegen war mir damals nicht weiter aufgefallen, eine Mutter | |
| halt, jetzt bewundere ich ihre Stehaufmännchen-Verve und ihr Talent – | |
| gemeinsam mit Cassidy waren die beiden die einzigen MusikerInnen der Show. | |
| Jones, geboren 1934, hatte in den 50ern Musicals gesungen und gedreht, in | |
| „Oklahoma!“ von 1955 bekam sie gar die schönste der vielen kitschigen | |
| Balladen: „People will say we’re in love“. | |
| Als ich neulich mit ein paar Folgen und einer Mischung aus Faszination und | |
| Ekel meine kleine persönliche Partridge-Reunion feierte, bemerkte ich zum | |
| ersten Mal den gravierenden Unterschied zu den „echten“ Musikfamilien | |
| Cowsill und Jackson: Bei beiden stand ein gewalttätiger Vater im | |
| Hintergrund, der die Zirkuspferdchen nach seiner Peitsche tanzen ließ und | |
| wahrscheinlich ursächlich oder zumindest richtungsweisend an den Psychosen | |
| sämtlicher Kids beteiligt war. (Nicht auszudenken, was das für die Kellys | |
| bedeuten könnte, darum tue ich’s nicht.) | |
| Was heute also genau der Stoff wäre, aus dem gute Serien bestehen, wurde | |
| damals beim Fiktionalisieren prompt vertuscht: Bei der Partridge Family ist | |
| Mutter Shirley von Anfang an verwitwet, und nichts deutet darauf hin, dass | |
| ihre fünf wohlgeratenen Kinder auch nur einen Tag in ihrem Leben Ärger mit | |
| Papa gehabt hätten. Nein, bei den Partridges ist alles paletti, und „beat“ | |
| bezeichnet nur den Takt. | |
| Und wenn die Mutter tatsächlich mal einen „eligible gentleman“ kennenlernt, | |
| machen ihre Frechdachse (besonders großklappig: der rothaarige, wie immer) | |
| ein paar altkluge Erwachsenenwitze über Dating und ältere Damen. Aber | |
| eigentlich überbrücken sie nur die Zeit, bis sie wieder auf der Bühne | |
| stehen und sich die Sonne aus dem Arsch scheinen lassen dürfen. | |
| 9 Nov 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Jenni Zylka | |
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