# taz.de -- Kommentar Asylpolitik in Frankreich: Billiges Abschreckungsmanöver | |
> Um abzuschrecken, hat Frankreich Flüchtlingen bisher eine humane Aufnahme | |
> verweigert. Die unmoralische Strategie hat ihre Wirkung verpasst. | |
Bild: Die notdürftigen Zelte im Flüchtlingscamp „Dschungel“ nahe Calais w… | |
Die französischen Regierungsbehörden würden das nie zugeben. Tatsache aber | |
ist, dass sie seit Jahren – eigentlich seit der Schließung des | |
Durchgangslagers von Sangatte bei Calais 2002 – versucht haben, Flüchtlinge | |
mit einer Art Abschreckungsstrategie zu stoppen. Diese bestand darin, | |
(möglichst) nichts zu tun und die vor Verfolgung, Elend oder Krieg | |
Geflüchteten bei ihrer Ankunft oder Durchreise ihrem tristen Schicksal zu | |
überlassen. | |
Denn von rechts bis in die Reihen der regierenden Sozialisten herrschte die | |
Befürchtung vor, dass eine humane Aufnahme der Flüchtlinge unweigerlich | |
einen Anziehungseffekt haben müsste. | |
Das fatalistische Argument „Das Boot ist voll“ war ein Vorwand und eine | |
Kapitulation vor dem fremdenfeindlichen Druck. Darum also gab es in Calais | |
nie ein Flüchtlingslager, das den internationalen Normen eines Minimums an | |
Menschenwürde entsprach, sondern den „Dschungel“ mitsamt seinen Tragödien, | |
an denen Frankreich und Großbritannien gleichermaßen Schuld tragen. | |
Die Räumung des Dschungels war das späte Eingeständnis, dass diese | |
Abschreckungsstrategie nicht nur moralisch fragwürdig war, sondern auch die | |
erhoffte Wirkung verpasst hat. | |
Jetzt aber muss Frankreich einen Schritt weiter gehen: Statt auf prekäre | |
Lebensbedingungen zu setzen, müssen diese Menschen positive Gründe dafür | |
erhalten, dass es sinnvoller ist, in Frankreich ein Asylgesuch | |
einzureichen, als unter Lebensgefahr den Ärmelkanal überqueren zu wollen. | |
Noch haben sie nicht den Beweis, dass es wirklich erfolgversprechend ist, | |
in Frankreich den Flüchtlingsstatus zu beantragen. Tut sich die | |
französische Bürokratie – absichtlich oder nicht – mit der Behandlung der | |
Gesuche weiterhin so schwer wie bisher, wäscht die Regierung mit ihrer | |
neuen Strategie der „humanitären Evakuierung“ und der Dezentralisierung auf | |
billige Art ihre Hände in Unschuld. | |
2 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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