# taz.de -- Unterbringung in Nordfrankreich: Flüchtlingscamp in Flammen | |
> In Grande-Synthe sollte ein Lager eine Alternative zum „Dschungel“ in | |
> Calais bieten. Jetzt ist es abgebrannt. Zuvor gab es Streit unter den | |
> Bewohnern. | |
Bild: Zuletzt lebten mehr als 1.500 Personen im Lager von Grande-Synthe | |
Paris taz | Bei heftigen Auseinandersetzungen zwischen Kurden und Afghanen | |
ist in der Nacht auf den Dienstag das Flüchtlingslager von Grande-Synthe | |
bei Dünkirchen am Ärmelkanal in Flammen aufgegangen. Rund vier Fünftel der | |
300 Holzhütten fielen dem Brand zum Opfer, auch Küchen, Duschen und | |
Toiletten sind weitgehend zerstört. | |
Einer der kurdischen Flüchtlinge sagte im Fernsehen, die zuletzt in | |
Grande-Synthe eingetroffenen Afghanen hätten sie mit Messern und Steinen | |
angegriffen, die Hütten mit Benzin übergossen und in Brand gesteckt. Auch | |
die Polizei vermutet als Ausgangspunkt einen Streit um Schlafplätze und | |
Zugang zu den Infrastrukturen. Sechs Personen seien verletzt worden. | |
Pierre Henry, Leiter des Hilfswerks „France terre d’asile“ bestätigt, die | |
Spannungen zwischen Flüchtlingen hätten zugenommen. Zudem habe es Konflikte | |
mit Schleppern gegeben. Kürzlich war die Schaffung einer Zugangskontrolle | |
mit einem gelben Plastikarmband für berechtigte Campbewohner Anlass zu | |
gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei geworden. Helfer waren | |
damit überfordert. Mit diesem Lager ist auch ihre Hoffnung auf eine | |
menschenwürdige Aufnahme dieser Vertriebenen in Flammen aufgegangen. | |
Am Tag danach waren Feuerwehrleute damit beschäftigt, die letzten | |
Brandherde zu löschen. Die Regierung, die dieses Camp ohnehin räumen | |
wollte, schließt einen Wiederaufbau bereits aus. | |
Mehrere Hundert Flüchtlinge und Migranten sind behelfsmäßig in drei | |
Turnhallen untergebracht. Die meisten haben alle ihre spärlichen | |
Habseligkeiten verloren. Einige suchten in den rauchenden Trümmern noch | |
brauchbare Reste ihres Eigentums. Die Mehrheit der Lagerbewohner ist in der | |
Nacht geflüchtet und irrt ohne Obdach in der Gegend herum. | |
Das Lager von Grande-Synthe war vor einem Jahr auf Initiative des grünen | |
Bürgermeisters Damien Carême in Zusammenarbeit mit „Ärzte ohne Grenzen“ | |
entstanden und sollte im Gegensatz zum Schandfleck „Dschungel“ am Rand des | |
nahen Calais, wo sich Tausende Flüchtlinge auf der Suche nach einem Weg | |
über den Kanal nach Großbritannien aufhielten, beispielhaft sein. Die | |
Lebensbedingungen in dem „humanitären“ Camp sollten wenigstens den | |
UN-Normen für Flüchtlingslager entsprechen. Es gab solide Holzhütten für | |
etwa 700 Menschen, anfänglich vor allem kurdische Familien. | |
Mit der Räumung des „Dschungels“ vergangenes Jahr kamen ganze Gruppen neuer | |
Flüchtlinge hinzu. Zuletzt lebten mehr als 1.500 Personen im Lager von | |
Grande-Synthe. „Mit dieser (zu großen) Zahl hat sich die Situation | |
verschlimmert“, bedauert Carême, der kritisiert, dass die Behörden nicht | |
genug Plätze in Aufnahmezentren anbieten. | |
Zweifellos wird das dramatische Ende des Lagers Grande-Synthe auch ein Echo | |
im laufenden französischen Wahlkampf finden. Die fremdenfeindliche | |
Rechtsextremistin Marine Le Pen sieht „im von Schlägereien zwischen | |
Migranten verursachten Brand die Bestätigung für das große Chaos der | |
Migration, das unser Land seit Jahren heimsucht“. Der Konservative François | |
Fillon meinte, die Räumung von Calais habe nicht ausgereicht: „Die einzige | |
Lösung ist die Kontrolle der Grenzen und die Rückkehr der Migranten ohne | |
Anrecht auf Asyl.“ | |
11 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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