| # taz.de -- Rot-Rot-Grün zu Bildung: Die Horte öffnen sich | |
| > Die Gemeinschaftsschule soll als Regelschule im Schulgesetz verankert | |
| > werden und Erwerbslose bekommen einfacher Kita- und Hortplätze. | |
| Bild: Ab in die Kita mit euch: auch wer keinen Job hat, kann sein Kind künftig… | |
| Das Probejahr an den Gymnasien bleibt, dafür wird die Gemeinschaftsschule | |
| als Regelschule im Schulgesetz verankert – und der Zugang zur Kita und zum | |
| Nachmittashort wird für erwerbslose Familien deutlich unbürokratischer | |
| gestaltet. Das sind die zentralen Punkte im Bereich Bildung, die die | |
| rot-rot-grünen Unterhändler bei den Koalitionsverhandlungen am | |
| Mittwochabend im Roten Rathaus vorstellten. | |
| Die Bedarfsprüfung für die Nachmittagsbetreuung im Schulhort abzuschaffen, | |
| war vor allem eine Forderung von Linken und Grünen gewesen. Derzeit müssen | |
| Eltern, die nicht arbeiten gehen, einen komplizierten Antrag stellen, wenn | |
| sie ihre Kinder dennoch im Schulhort betreuen lassen wollen – und | |
| verzichten dann meist auf eine Antragstellung. Gerade Kinder aus diesen | |
| Familien könnten aber von einer Förderung im Nachmittagshort profitieren, | |
| sagen Experten. | |
| Auch der Zugang zu Kitaplätzen soll für erwerbslose Familien einfacher | |
| werden: Bislang mussten Eltern einen Betreuungsbedarf nachweisen, wenn sie | |
| ihr Kind länger als fünf Stunden in die Kita geben wollen. Nun soll die | |
| Grenze auf sieben Stunden angehoben werden. | |
| Nicht durchsetzen konnte sich die SPD mit einer Forderung, die vor allem | |
| ihr Fraktionschef Raed Saleh vorangetrieben hatte. Die schrittweise | |
| Abschaffung der Elternbeiträge für den Hort, wie es die Große Koalition | |
| bereits im vergangenen Jahr für die Kita beschlossen hatte, scheiterte am | |
| Widerstand von Linken und Grünen. | |
| ## Bekenntnis zur Gemeinschaftsschule | |
| Auch bei den Gemeinschaftsschulen hat sich die Linke durchgesetzt. Bisher | |
| war diese Schulform, bei der Kinder von der Grundschule bis mindestens zur | |
| zehnten Klasse gemeinsam unterrichtet werden, nur als Unterform der | |
| Integrierten Sekundarschule im Schulgesetz verankert – weshalb es dafür | |
| auch kein eigenes Budget im Haushaltsetat gab. Jetzt wird die | |
| Gemeinschaftsschule aus dem Projektstatus, den sie seit ihrer Einführung | |
| 2008 hatte, geholt – und wird zum Regelangebot neben Gymnasium und | |
| Integrierter Sekundarschule. | |
| SPD-Bildungsstaatssekretär Mark Rackles, der die Ergebnisse mit verhandelt | |
| hatte, musste betonen, dass auch die SPD sehr froh darüber sei – und dass | |
| man die Bezirke „ermuntern“ wolle, „alle Neubauten prinzipiell als | |
| Gemeinschaftsschulen zu konzipieren“. | |
| Ein Bekenntnis zur Gemeinschaftsschule – dafür bleibt das Probejahr an den | |
| Gymnasien unangetastet: Zuvor hatte es geheißen, Linke und Grüne wollten | |
| das Probejahr, bei dem leistungsmäßig schwache SchülerInnen nach der | |
| siebten Klasse „abgeschult“ werden können, abschaffen. SPD-Schulsenatorin | |
| Sandra Scheeres hatte sich mit dem Verweis auf das Elternwahlrecht in | |
| Berlin für die Beibehaltung des Probejahrs ausgesprochen – die Gymnasien | |
| müssten handlungsfähig bleiben. | |
| ## Mehr Politikunterricht – dank der AfD | |
| Aus der CDU und vonseiten des Gymnasialschullehrerverbands hatte es | |
| daraufhin sogleich geheißen, wenn man den Gymnasien dieses wichtige | |
| Privileg nehme, mache man sie quasi überflüssig. Grünen-Landesvorsitzende | |
| Bettina Jarasch, die die Bildungsthemen mitverhandelt hatte, merkte | |
| allerdings an, man habe ja „noch fünf Jahre Zeit und müsse nicht alles | |
| gleich zu Anfang klären.“ Ein gemeinsamer parlamentarischer Antrag zu | |
| diesem Thema von Linken und Grünen dürfte also sicher sein. | |
| Berlins SchülerInnen müssen sich zudem auf mehr Stunden in der Mittelstufe | |
| gefasst machen: Als Reaktion auf das starke Abschneiden der AfD bei den | |
| Abgeordnetenhauswahlen soll politische Bildung künftig ordentlich benotetes | |
| Schulfach in der Mittelstufe werden. „Ob man auch den Stundenumfang erhöht, | |
| müssen wir noch diskutieren“, sagte SPD-Mann Rackles. | |
| Während drinnen verhandelt wurde, wurde morgens vor dem Roten Rathaus | |
| protestiert: Etwa 100 Beschäftigte unter anderem der Berliner Hoch- und | |
| Volkshochschulen wollten die künftigen Koalitionäre an ihre Wahlversprechen | |
| erinnern. Besonders lautstark und zahlreich sind die studentischen | |
| Mitarbeiter vertreten. Seit 2001 läuft ihr Tarifvertrag – 15 Jahre ohne | |
| Lohnerhöhung, bei einem Stundenlohn von 10,98 Euro. Rot-Rot-Grün will den | |
| studentischen Tarifvertrag nun ausbauen, wie bereits Anfang der Woche aus | |
| den Koalitionsverhandlungen bekannt wurde. Die dafür zuständige | |
| Tarifkommission konstituiert sich am Donnerstag. | |
| 3 Nov 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
| Robert Pausch | |
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