# taz.de -- Die Wahrheit: Wer soll das Holz alles weglesen? | |
> Für die Literaturbranche ist Nachhaltigkeit ein Fremdwort, dabei sind die | |
> Folgen der Überproduktion von Lesestoff verheerend. Zeit, dass sich was | |
> ändert. | |
Zum 68. Mal Frankfurter Buchmesse. Das größte Bücherfest des Universums. | |
7.000 Aussteller aus 100 Ländern, 4.000 Veranstaltungen, 300.000 Besucher, | |
eine Trillion nigelnagelneue Bücher. Und über allem schwebt auch diesmal | |
die ewig alte Frage: Wer soll die eigentlich alle lesen? | |
Die richtige Antwort lautet wie immer: Frau Christine Westermann aus Köln. | |
Doch das ist selbstverständlich zu viel verlangt. Die sympathische | |
Christine Westermann hat es vor Kurzem in einem Interview mit der | |
Süddeutschen Zeitung zugegeben: Sie tue, was sie kann, aber selbst sie | |
schaffe nur acht ganze Bücher im Monat. Das ist zwar eine Menge Holz, aber | |
leider nicht genug. In fünf Monaten ist schon wieder Buchmesse, dann in | |
Leipzig. Bis dahin hat sie also mal gerade 40 Stück weggelesen und schon | |
kommt die nächste Trillion auf den Markt. Tja, und wer haut sich die in den | |
Kopf? | |
Der Buchhandel setzt wie immer auf Denis Scheck. In der Branche gilt Denis | |
Scheck als der Reiner Calmund der Literaturszene. Er fresse sich durch die | |
Bücherberge wie Calli durch eine gegrillte Rinderherde. Doch selbst Scheck | |
muss ab und zu mal die Augen zumachen und regenerieren. Seitdem er sich in | |
der Saison 2014/15 beim Querlesen des Penguin-Random-House-Herbstprogramms | |
einen knöchernen Teilabriss des Syndesmosebändchens zugezogen hat, gilt er | |
nur noch als bedingt belastbar. | |
Außerdem bleibt seit dem Ausfall von Marcel Reich-Ranicki und Hellmuth | |
Karasek unendlich viel Frischware liegen und wandert unangebrochen in den | |
Schweineeimer … oh, pardon – es muss natürlich heißen: in den | |
Altpapiercontainer. | |
Die Abfallwirtschaft weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass E-Reader | |
ausschließlich auf zertifizierten Recyclinghöfen entsorgt werden dürfen. | |
Umweltverbände kritisieren die Bücherverschwendung. Schon wurden | |
Forderungen laut, die Verlage sollten sich ein Beispiel am | |
Lebensmittelhandel nehmen und nicht abverkaufte, aber noch haltbare | |
Literatur als geistige Nahrung an sogenannte Büchertafeln spenden. Das | |
könne aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein. | |
Das eigentliche Problem sei die Überproduktion. Der Buchmarkt müsse sein | |
Angebot der Nachfrage anpassen. Hier stünden auch die Schriftsteller in der | |
Verantwortung. So entspreche der nach wie vor gewaltige Ausstoß in der | |
Sparte „freche Frauenliteratur“ in keiner Weise mehr dem tatsächlichen | |
Bestand an frechen Frauen. Andererseits bestehe nach wie vor eine | |
Unterversorgung der Bevölkerung mit glücklich machender Krankenhauslektüre | |
für chronische Schmerzpatienten. Dieser Bedarf könne auf lange Sicht nicht | |
ausschließlich von Eckart von Hirschhausen gedeckt werden. | |
Übrigens: Um die durch die Verleihung des Literatur-Nobelpreises an Bob | |
Dylan entstehenden Umsatzverluste zu kompensieren, geht der Friedenspreis | |
des Deutschen Buchhandels in diesem Jahr an die Autorin Andrea Berg. | |
Ausgezeichnet wird sie für ihren Diätratgeber „Ich hab mich tausendmal | |
gewogen“. | |
21 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Fritz Eckenga | |
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