| # taz.de -- Zerstörung von Weltkulturerbe in Mali: Islamist als Kriegsverbrech… | |
| > Er hat Mausoleen und eine Moschee in Timbuktu verwüstet. Der IStGH | |
| > verurteilt Ahmad al-Faqi al-Mahdi zu neun Jahren Haft. | |
| Bild: Ahmad al-Faqi al-Mahdi hat die Zerstörung der historischen Stätten gest… | |
| BERLIN taz | Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag hat | |
| den Islamistenführer Ahmad al-Faqi al-Mahdi aus Mali zu neun Jahren Haft | |
| verurteilt. Das Urteil vom Dienstag bezieht sich auf die Zerstörung von | |
| Kulturstätten in der malischen Stadt Timbuktu im Jahr 2012, als dort | |
| radikale Islamisten herrschten. Mahdi war als Chef der Sittenpolizei Hesbah | |
| für das „Anführen von Angriffen gegen zehn Gebäude eines religiösen und | |
| historischen Charakters“ in Timbuktu verantwortlich, vor allem Mausoleen | |
| sowie Teile der ältesten Moschee der Wüstenstadt. | |
| Der Prozess gegen Mahdi war in mehrfacher Hinsicht historisch: Es war der | |
| erste Prozess des IStGH gegen einen Islamisten, der erste wegen Zerstörung | |
| von Kulturgütern, der erste mit einem Schuldbekenntnis des Angeklagten und | |
| auch der kürzeste in der Geschichte des IStGH, der sich ansonsten bisher | |
| jahrelang mit renitenten kongolesischen Warlords und einem ivorischen | |
| Expräsidenten herumschlägt. Für Mahdi gab es gerade mal drei | |
| Hauptverhandlungstage, vom 22. bis zum 24. August. Erst im September 2015 | |
| war der Angeklagte überhaupt festgenommen worden. | |
| Dadurch, dass Mahdi sofort nach seiner Festnahme alles gestand, gab es in | |
| Den Haag auch nicht viel zu verhandeln. Mahdis Geständnis, so das Urteil, | |
| sei „glaubwürdig und zuverlässig“, und das Gericht habe alles unabhängig | |
| verifizieren können. Sein Geständnis und seine Kooperation mit der | |
| Anklagebehörde seien strafmindernd, ebenso seine „ehrliche Reue“. | |
| Die Zerstörung und Mahdis Rolle dabei waren also unstrittig. Mahdi, so das | |
| Urteil, „überwachte die Ausführung der Operation, indem er seine Männer der | |
| Hesbah einsetzte und die anderen teilnehmenden Angreifer im Auge behielt; | |
| er sammelte, kaufte und verteilte die für die erfolgreiche Ausführung des | |
| Angriffs nötigen Werkzeuge; er war an allen Angriffsorten präsent, gab | |
| Anweisungen und moralische Unterstützung; er nahm persönlich an dem Angriff | |
| teil, der zur Zerstörung von mindestens fünf Stätten führte“. | |
| ## Diskriminierendes Motiv | |
| Der Sittenpolizeichef habe die Angriffe dann außerdem gegenüber | |
| Journalisten erläutert und gerechtfertigt. „Diese Unesco-Idioten – die | |
| denken, dass das ein Kulturerbe ist. Heißt Kulturerbe, Kühe und Bäume | |
| anzubeten?“ zitiert das Gericht eine Aussage Mahdis. Obwohl es sich nur um | |
| Angriffe auf Sachen und nicht auf Personen handele, seien es | |
| „schwerwiegende“ Angriffe, denn sie waren vorgeplant, dauerten zehn Tage, | |
| wurden in den Medien verbreitet und ihre Ziele „waren nicht nur religiöse | |
| Gebäude, sondern hatten für die Bewohner Timbuktus einen symbolischen und | |
| emotionalen Wert“. Sie wurden „aus religiösen Gründen“ zerstört, also … | |
| einem diskriminierenden Motiv heraus. | |
| Für die Ausführung der Angriffe trug Mahdi die „Gesamtverantwortung“; aber | |
| da dies auf einem Beschluss der Führung seiner Gruppe basierte, sei er als | |
| Mittäter zu verurteilen. Mahdi habe ursprünglich den Zerstörungen | |
| widersprochen, bevor es den endgültigen Beschluss dazu gab, den er dann | |
| brav umsetzte. Mit Ausnahme der Djingareyber-Moschee habe sich Mahdi auch | |
| gegen den Einsatz eines Bulldozers entschieden, damit bei der Zerstörung | |
| von Mausoleen nicht die Gräber an sich zerstört werden. | |
| ## Der Schutz von Kulturgütern | |
| Die Anklage hatte auf neun bis elf Jahre Haft plädiert; das Gericht blieb | |
| bei der Untergrenze des Vorschlags. Die neun Jahre Haft laufen ab Mahdis | |
| Festnahme im September 2015. | |
| Das Urteil enthält auch einige grundsätzliche Festlegungen zum Thema der | |
| Zerstörung von Kulturgütern als Kriegsverbrechen. Anders als bei Gewalt | |
| gegen Personen sei unerheblich, ob diese Taten im Rahmen von | |
| Kampfhandlungen stattfanden oder nicht: es genüge der Kontext eines | |
| bewaffneten Konflikts. „Personen werden durch viele verschiedene Klauseln | |
| geschützt, die während Kampfhandlungen, nach Kontrollübernahme durch eine | |
| bewaffnete Gruppe, oder als Schutz gegen verschiedene spezifische Schäden | |
| Anwendung finden. Kulturobjekte in nichtinternationalen bewaffneten | |
| Konflikten sind an sich geschützt“, so das Urteil. Für Kulturgüter gelte | |
| seit der Haager Landkriegsordnung von 1907 ein „besonderer Schutz“, der | |
| ihre Zerstörung als Kriegsverbrechen und nicht nur als Schädigung von | |
| Besitz wertet. | |
| 27 Sep 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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