| # taz.de -- Prozess um Zerstörungen in Timbuktu: Kriegsverbrechen am Kulturerbe | |
| > 2012 verwüsteten Dschihadistien alte Mausoleen in Timbuktu. Nun gibt es | |
| > ein juristisches Nachspiel vor dem Weltstrafgericht – ein bislang | |
| > einzigartiges Verfahren. | |
| Bild: Ein Tuareg-Mann steht vor einem der Mausoleen von Timbuktu (Archivbild 20… | |
| Den Haag dpa | Für den Internationalen Strafgerichtshof ist es eine | |
| historische Premiere. Zum ersten Mal steht ein Dschihadist vor [1][den | |
| Richtern in Den Haag], ein Rebellenführer des Al-Kaida-Verbündeten Ansar | |
| Dine. Und es ist das erste Verfahren zur Zerstörung [2][von | |
| Unesco-Weltkulturerbe] – auch das ist ein Kriegsverbrechen. | |
| Mit Schaufeln und Äxten hatten Islamisten vor vier Jahren das | |
| jahrhundertealte Kulturerbe von Timbuktu kaputtgeschlagen. In Timbuktu im | |
| Norden des westafrikanischen Mali zerstörten Extremisten von Ansar Dine | |
| jahrhundertealte Heiligtümer. Ein Aufschrei ging durch die Welt, ähnlich | |
| wie im vergangenen Jahr bei den Zerstörungen in der syrischen Oasenstadt | |
| Palmyra durch Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). | |
| Die Anklage will mit dem an diesem Montag beginnenden Prozess ein Zeichen | |
| setzen. „Hier geht es nicht nur um Mauern und Steine“, erklärte | |
| Chefanklägerin Fatou Bensouda. „Es geht um einen eiskalten Anschlag auf die | |
| Würde und Identität der Bevölkerung und ihre religiösen und historischen | |
| Wurzeln.“ | |
| Das von Tuareg-Völkern gegründete Timbuktu am Niger-Fluss war im 15. und | |
| 16. Jahrhundert ein wichtiges Zentrum für Handel, Wissenschaft und Religion | |
| und spielte eine große Rolle bei der Verbreitung des Islams in Afrika. Die | |
| Oasenstadt, auch als „Perle der Wüste“ und „Stadt der 333 Heiligen“ | |
| bekannt, diente lange als Bindeglied zwischen dem Mittelmeerraum und | |
| Westafrika. | |
| 2012 hatten radikale Islamisten teilweise die Kontrolle über den Norden | |
| Malis übernommen. In Timbuktu zerstörten Dschihadisten 14 von 16 | |
| mittelalterlichen Heiligengräber – um neun dieser Mausoleen und eine | |
| Moschee geht es nun in dem Verfahren in Den Haag. Der Rebellenführer Al | |
| Faqi al Mahdi, auch als Abu Tourab bekannt, soll die Zerstörung geplant, | |
| vorbereitet und ausgeführt haben. | |
| Der etwa Anfang 40-Jährige war im vergangenen Jahr in Niger festgenommen | |
| und dem Gericht übergeben worden. Er will sich schuldig bekennen, und auch | |
| das ist bisher einzigartig in der Geschichte des Gerichtes. Daher könnte | |
| der Prozess schon in einer Woche beendet werden. Das wäre für das Gericht, | |
| das wegen seiner schleppenden, oft jahrelangen Prozesse heftig in der | |
| Kritik ist, endlich mal eine positive Nachricht. | |
| ## Wichtiger Präzedenzfall | |
| Für die UN-Kulturorganisation Unesco ist der Prozess ein wichtiger | |
| Präzedenzfall – ein Zeichen, dass die Weltgemeinschaft gegenüber den | |
| Zerstörungen nicht völlig ohnmächtig ist. „Dies ist ein nachhallendes | |
| Signal gegen Straffreiheit, auch mit Blick auf Syrien und den Irak“, sagte | |
| Unesco-Chefin Irina Bokowa im Juni bei einem Besuch in Den Haag. Aktuell | |
| will die Organisation mit Sitz in Paris sich unter Verweis auf das laufende | |
| Verfahren nicht näher äußern. | |
| Die Bulgarin Bokowa, die sich derzeit um die Nachfolge von | |
| UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bewirbt, hat in den vergangenen Jahren immer | |
| wieder für den Kampf gegen die Zerstörung von Welterbestätten in | |
| Konfliktgebieten geworben. Sie verurteilt die Angriffe als Teil einer | |
| Strategie der „kulturellen Säuberung“. „Die vorsätzliche Zerstörung von | |
| Welterbe ist ein Kriegsverbrechen, das als Kriegstaktik eingesetzt wird, um | |
| Furcht und Hass zu verbreiten.“ Bokowa meint: „Die Zerstörung von Erbe ist | |
| nicht zu trennen von der Verfolgung von Menschen.“ | |
| Die Mausoleen von Timbuktu [3][stehen heute wieder]. Frankreich schickte | |
| Anfang 2013 auf Bitte der malischen Regierung Truppen, die die Islamisten | |
| zurückdrängten – auch wenn im Norden weiterhin Terrorgruppen aktiv sind. | |
| Inzwischen bemühen sich die Vereinten Nationen um eine Stabilisierung der | |
| Lage. Im Rahmen der UN-Mission sind auch 300 Soldaten der Bundeswehr in der | |
| nördlichen Stadt Gao stationiert. | |
| Die Heiligengräber wurden mit einem Unesco-Programm wieder aufgebaut, auch | |
| mit finanzieller Hilfe der EU. Kurz vor der Fertigstellung im vergangenen | |
| Jahr sagte die Vorsitzende des Welterbekomitees, Maria Böhmer: „In einer | |
| Zeit, wo Welterbe von bewaffneten Gruppen angegriffen wird, gibt der | |
| Wiederaufbau der Mausoleen von Timbuktu uns Anlass zu Optimismus.“ | |
| 22 Aug 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.icc-cpi.int/mali/al-mahdi/Documents/AlMahdiEng.pdf | |
| [2] http://www.unesco.org/new/en/media-services/single-view/news/unesco_directo… | |
| [3] http://whc.unesco.org/en/news/1307/ | |
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