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# taz.de -- Demonstrationen in Bautzen: Wallfahrtsort für rechts und links
> Nach den Übergriffen auf dem Kornmarkt ziehen Neonazis und Antifas durch
> die sächsische Stadt. Einige Bautzener äußern sich verhalten.
Bild: Selbstkommentierende Bebilderung
Bautzen taz | Nach den tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen
und Rechten hat in Bautzen der Demonstrationstourismus eingesetzt. Die
Aufzüge von links und rechts am Sonntagnachmittag muteten wie
Nachhilfeunterricht für die verstörten Bautzener an. Deren Beteiligung war
rar.
Zu einer von der Antifa organisierten Gegendemonstration reisten
überwiegend auswärtige Teilnehmer an. Auch einem Aufruf von Ester Seitz,
Aktivistin des Netzwerkes „Widerstand Ost West“ aus Nürnberg, folgten nur
wenige Einheimische zu einer Kundgebung für die angebliche Verteidigung der
Heimat und gegen die Flüchtlingspolitik. Um „Solidarität“ mit den von
Ausländern angeblich bedrohten Bürgern zu zeigen, waren neben Ester Seitz
auch Patrioten der „Pro-NRW“-Bewegung und Gäste aus anderen sächsischen
Städten gekommen. Als eigentlicher Drahtzieher der Demonstration gilt der
Dresdner Pegida-Anwalt Jens Lorek.
Die junge, fanatisch auftretende und emsig filmende Esther Seitz erklärte
Bautzen zum „Symbol des Scheiterns Merkelscher Flüchtlingspolitik“. Ihre
und die Attacken anderer auswärtiger Redner richteten sich gegen den
angeblichen „Mob von Kulturbereicherern“, gegen die „hinwegzufegenden“
Amtsträger in der Politik und gegen die „Hetzpresse“. Flüchtlinge wurden
als „Schmeißfliegen“ bezeichnet, die das geliebte Heimatland Sachsen
bedrohten. Etwa 60 Teilnehmer mit Deutschlandfahnen applaudierten solchen
Hassausbrüchen. Später stieß noch eine Gruppe von 20 jungen,
offensichtlichen Neonazis hinzu. Der anschließende Marsch durch die
Innenstadt verlief ohne Zwischenfälle. Einheimische hielten wiederum
auffallend Distanz.
Die Nazi-Rufe „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“
konterkarierte bei der linken Demo zwei Stunden später ein Plakat „Wer
Deutschland nicht liebt, hat Sachsen gesehen“. Etwa 500 junge Leute
versammelten sich am Bahnhof und zogen nach einer Station an der im Februar
in Brand gesteckten geplanten Asylunterkunft Husarenhof in Richtung
Innenstadt. Unter ihnen agierte ein auffällig eingespielter Antifa-Kern.
Ein Bautzener Vater mit vier Kindern und einem Transparent „Herz statt
Faust“ wirkte in dieser Umgebung schon beinahe fremd. Das Bürgerbündnis
„Bautzen bleibt bunt“ hatte zuvor dem linken Zug seine aktive Unterstützung
verweigert.
Gespräche mit Einwohnern zeigten, dass sie an beiden Kundgebungen keinen
Anschluss finden. „In der vergangenen Woche hat sich ein Hass aufgebaut,
der Bautzen nicht gut tut“, meinte ein Radfahrer. Andere fürchten, dass die
Stadt nun eine Art Wallfahrtsort für rechts und links werden könnte. Ein
Cafébetreiber unweit des Kornmarktes hat auch schon schlechte Erfahrungen
vor allem mit den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gemacht,
beispielsweise bei Diebstahlversuchen. Dennoch nimmt er sie teilweise in
Schutz. Niemand gewöhne sie an Regeln und Gesetze hier, sie würden nicht
ausreichend betreut und nicht sinnvoll beschäftigt. Kritik an mangelndem
Interesse der Kommunalpolitiker war bei Schaulustigen am Rande der
Demonstrationen ebenso zu vernehmen wie solche an Schulungs- und
Integrationsmöglichkeiten für Asylbewerber.
[1][In der Nacht zum Donnerstag] waren am Bautzener Kornmarkt, seit
längerem ein problematischer Treff sozialer Randgruppen, die Spannungen
zwischen jungen Flüchtlingen und rechtsgerichteten Deutschen eskaliert.
18 Sep 2016
## LINKS
[1] /Rechte-versammeln-sich-in-Bautzen/!5341578
## AUTOREN
Michael Bartsch
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