# taz.de -- Bizarre Diskussion nach Übergriffen: Nazi-Opfer? Abschieben! | |
> In Schwerin jagten Rechtsextreme Flüchtlinge durch die Stadt. Die | |
> Unabhängigen Bürger sehen die Sicherheit aber nur durch Flüchtlinge | |
> bedroht. | |
Bild: Die Polizei war schon am Marienplatz präsent, als Nazis vor zwei Wochen … | |
SCHWERIN taz | In Schwerin haben über 30 Rechtsextreme vor zwei Wochen rund | |
zehn Geflüchtete geplant gejagt und niedergeschlagen. Am Mittwochabend | |
tagte deswegen der Ausschuss für Umwelt, Gefahrenabwehr und Ordnung des | |
Stadtrates. Die Sondersitzung hatte die Fraktion der Unabhängigen Bürger | |
(UB) beantragt, der auch der Ausschussvorsitzende Manfred Strauss angehört. | |
Den bewegte vor allem eins: „die Auseinandersetzung mit den Ausländern“. | |
„So kann es nicht weitergehen“, sagte Strauss und forderte, bei den | |
„Zuwanderern und Migranten, die nicht belehrbar“ seien, sollte „nicht imm… | |
nur mit Sozialarbeitern, sondern auch mit der Härte des Gesetzes“ reagiert | |
werden. | |
Diese Einleitung der Sitzung im Saal 070 des Stadthauses nahmen die | |
Mitglieder von SPD und Grünen kopfschüttelnd zur Kenntnis. Jugenddezernent | |
Andreas Ruhl sagte, niemand in Verwaltung und Politik wolle die | |
Herausforderungen und Schwierigkeiten bei der Betreuung und Begleitung von | |
Flüchtlingen herunterspielen – aber eben auch nicht hoch. | |
Auf dem zentralen Marienplatz waren in den vergangenen Monaten zunächst | |
Flüchtlinge aneinandergeraten. Später seien auch Deutsche angegangen | |
worden, berichtete Ruhl. Die Polizei registrierte 64 Straftaten, davon 41 | |
Körperverletzungen. 24 Flüchtlinge seien mehrfach aufgefallen. „Ein Bündel | |
von Maßnahmen“ zwischen Prävention und Repression werde längst umgesetzt, | |
sagte Ruhl. Am Abend des 30. September hätten aber „Rechtsextreme, | |
fremdenfeindliche Deutsche“ in der Innenstadt gezielt „Jagd auf | |
Flüchtlinge“ gemacht, so Ruhl. „Der schwerste Zwischenfall“ sei das | |
gewesen, sagte Ingo Renke, Leiter der Schweriner Polizeidirektion. | |
Im Internet hatte sich die rechte Gruppe zu der Aktion verabredet. Sie | |
trafen sich zunächst gegen 22 Uhr am Schlossparkcenter und seien dann zum | |
Marienplatz gezogen. Vom Platz drängte ein Teil der Gruppe zehn Flüchtlinge | |
in die nahe Helenenstraße, wo der Rest der Gruppe auf ihre Opfer wartete. | |
Die Angegriffenen hätten in der Falle gesessen, so Renke. Die Rechten | |
traten und schlugen auf die Flüchtlinge ein. Ein ausländischer Jugendlicher | |
wurde im Gesicht verletzt. Die Polizei griff sofort ein und verhinderte | |
Schlimmeres. Mehrere der festgenommen Täter, stellte die Polizei fest, | |
waren mit Schlagringen und Pfefferspray bewaffnet. | |
Im Jugendhilfeausschuss hatte Renke schon zuvor dargelegt, dass mehrere | |
Tatverdächtige der rechten Szene angehörten. Allein fünf Verdächtige sollen | |
aus der Nazi-Hochburg Jamel kommen. Seit Jahren bestimmt eine rechte Gruppe | |
um Sven Krüger das 35 Kilometer von der Landeshauptstadt entfernte Dorf. | |
Die UB-Fraktion hatte zur Sitzung des Ordnungsausschusses einen | |
Fragenkatalog an die Stadtverwaltung gestellt. Obwohl die Informationen der | |
Polizei schon bekannt waren, beziehen sich alle zwölf Fragen darin auf die | |
Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch „minderjährige | |
unbegleitete Ausländer“ und „Zuwanderer“. Der Katalog gipfelt in der Fra… | |
welche „Möglichkeiten“ bestünden, „auffällige oder straffällige“ | |
Asylbewerber „in andere Kommunen umzuverteilen oder abzuschieben“. | |
Steffen Davids, Ausschussmitglied für die SPD, hielt den Unabhängigen | |
Bürgern vor, ihre Fragen hätten einen „sehr einseitigen Fokus“. Die UB | |
beschränkten sich darauf, nach „Mitteln und Wegen“ zu suchen, „die | |
Menschen“ wieder loszuwerden. | |
Strauss konterte, in der SPD wollten viele diese Vorfälle „unter den | |
Teppich kehren“. Er aber wolle nicht verschweigen, dass „Teile der Stadt | |
von Ausländern tyrannisiert“ würden. Den „unbelehrbaren“ Zuwanderern w�… | |
gar die „roten Teppiche“ ausgerollt. Ina Tuchel von den UB blies ins selbe | |
Horn: Den jungen Männern würde ein „Fünf-Sterne-Paket“ der Versorgung | |
angeboten. | |
14 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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