# taz.de -- De Maizière-Plan für Flüchtlinge: Mehr Druck auf Papierlose | |
> Bundesinnenminister Thomas de Maizière möchte die „Duldung“ für | |
> abgelehnte Flüchtlinge ohne Pass weitgehend abschaffen. | |
Bild: Vergangene Zeiten: Willkommenskultur am Hauptbahnhof München, September … | |
Berlin taz | Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) plant eine | |
deutliche Verschärfung der Asylgesetze. So soll der Druck besonders auf | |
jene Flüchtlinge verstärkt werden, die ohne Papiere eingereist sind und | |
sich in Deutschland nur mit einer sogenannten Duldung aufhalten. Eine | |
Sprecherin des Ministeriums bestätigte am Freitag, dass der | |
Referentenentwurf für ein „Gesetz zur besseren Durchsetzung der | |
Ausreisepflicht“ zur Abstimmung in die Ressorts gegangen sei. | |
Der Referentenentwurf betrifft einen Teil der rund 210.000 | |
ausreisepflichtigen Ausländer in Deutschland. Bei rund drei Vierteln von | |
ihnen wurde der Asylantrag abgelehnt, sie haben aber eine Duldung; diese | |
kann wegen Krankheit erteilt werden oder weil die Flüchtlinge über keinen | |
Pass verfügen und somit nicht in ihr Herkunftsland abgeschoben werden | |
können. | |
Letztere Gruppe soll künftig unter Umständen keine Duldung mehr, sondern | |
nur noch eine „Bescheinigung über die vollziehbare Ausreisepflicht“ | |
bekommen und damit von Jobs und Bildungsmaßnahmen ausgeschlossen werden. | |
Ausgenommen davon ist der Besuch einer allgemeinbildenden Schule. Auch soll | |
Flüchtlingen mit dieser Bescheinigung nur noch Unterkunft und Essen und | |
Leistungen zur Körper- und Gesundheitspflege, nicht aber mehr das | |
Existenzminimum gewährt werden. | |
## Das Ende jeder Aufenthaltsperspektive | |
Die Bescheinigung über die „vollziehbare Ausreisepflicht“ soll es dann | |
geben, wenn die Flüchtlinge angeblich nicht selbst ausreichend an der | |
Passbeschaffung mitwirken oder auch wenn der Herkunftsstaat ihnen keinen | |
Pass ausstelle, heißt es im Gesetzentwurf. Pro Asyl sprach von einem | |
„Rollback“ in der Asylpolitik. Das Bleiberecht war im vergangenen Jahr noch | |
dahingehend modifiziert worden, dass die Arbeitsaufnahme für geduldete | |
Flüchtlinge erleichtert wurde und geduldete Geflüchtete mit langjähriger | |
Erwerbsgeschichte einen Aufenthaltstitel bekommen konnten. | |
Die Vorsitzende des Asylrechtsausschusses im Deutschen Anwaltverein, Gisela | |
Seidler warnte davor, die Duldung mit Einführung der neuen Bescheinigung | |
„weitgehend abzuschaffen“. Dies wäre der völlige Ausschluss vom Arbeits- | |
und Ausbildungsmarkt und von jeglicher aufenthaltsrechtlicher Perspektive. | |
## Manche Staaten verweigern Pässe | |
„Vollends absurd ist die Idee, eine Duldung zu verweigern, wenn der | |
Betroffene keinen Pass mehr besitzt und der Herkunftsstaat einen Passersatz | |
verweigert“, sagte Seidler. Hier werde das Verhalten des Heimatstaates dem | |
Betroffenen zugerechnet. Dies sei juristisch nicht nachvollziehbar. Es gebe | |
Staaten wie Armenien oder Aserbaidschan, die es oftmals ablehnten, Papiere | |
für Flüchtlinge auszustellen, berichtete die Berliner | |
Migrationsrechtsanwältin Oda Jentsch der taz. | |
Seidler verwies auf Verhältnisse in Belgien, Italien oder den Niederlanden, | |
die das Instrument der Duldung nicht kennen. Diese Staaten hätten eine | |
ungleich größere Zahl von obdachlosen Migranten ohne jegliche behördliche | |
Registrierung, darunter viele abgelehnte Asylsuchende. Dies führe vor allem | |
zu großem Leid für die Betroffenen, aber auch zu Schwarzarbeit und einem | |
Anstieg von Kriminalität. | |
Ob der Koalitionspartner SPD dem Vorhaben aus dem Bundesinnenministerium | |
zustimmt, ist allerdings noch offen. Im Bundesrat ist das Gesetz nicht | |
zustimmungspflichtig, hieß es im Bundesinnenministerium. | |
14 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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