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# taz.de -- Rechtsextremismus: Schwerin will Kitas nazifrei
> In Mecklenburg-Vorpommern sollen sich Kitas zum Grundgesetz bekennen. Mit
> dem Erlass will Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) Kinder vor
> rechten ErzieherInnen bewahren.
Bild: Nationale Erziehung: Magda Goebbels vermittelte ihren Kindern, was Nazis …
Um den Einfluss von Rechtsextremen in Kindertageseinrichtungen zu
bekämpfen, hat Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig
(SPD) einen Radikalenerlass vorgestellt. Danach müssen sich alle privaten
Träger, die ab dem 1. August einen Kindergarten im Land betreiben wollen,
zum Grundgesetz bekennen. "Mich treibt die Sorge um, Rechtsextreme könnten
Träger von Kindergärten werden", sagte SPD-Politikerin Schwesig.
In der Erklärung heißt es unter anderem: "Ich erkläre, dass ich nicht
Mitglied in einer Partei oder einer sonstigen Gruppierung mit einer der
Verfassungsordnung widersprechenden Zielsetzung bin." Der Sozialministerin
zufolge dürfe niemand eine Kita übernehmen, der sich nicht zweifelsfrei zum
Grundgesetz bekenne. Für die 1.100 Kitas, die schon bestehen, gilt der
Erlass nicht.
Bereits 2007 hatte Innenminister Lorenz Caffier (CDU) Bewerbern für
ehrenamtliches Bürgermeister- und Landratsposten das Bekenntnis zum
Grundgesetz vorgeschrieben. Hintergrund des jetzigen Kita-Erlasses sind
mehrere Bewerbungen von Rechtsextremen um Kita-Trägerschaften. So hatte
sich in Bartow (Kreis Demmin) ein NPD-Mitglied angeboten, die von
Schließung bedrohte Kita ehrenamtlich zu leiten. Der Gemeinderat
verhinderte in letzter Minute das Vorhaben. Und in Ferdinandshof bei
Ueckermünde bot die Frau des NPD-Landtagsabgeordneten Tino Müller an, in
der Kita "alte Hauspraktiken" zu vermitteln.
Doch auch anderswo drängen Rechte in die Kindergärten. Ricarda Riefling,
Landessprecherin des Rings Nationaler Frauen in Niedersachsen (RNF) gibt in
ihrer Biografie an, eine Berufsausbildung zur "Sozialassistentin mit dem
Schwerpunkt Haus- und Familienpflege" absolviert zu haben. Und Riefling ist
kein Einzelfall: Immer mehr rechtsgerichtete Jugendliche in
Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Sachsen-Anhalt melden sich
in Ausbildungseinrichtungen an, um dort Berufe wie HeilerziehungspflegerIn,
ErzieherIn oder eben SozialassistentIn zu erlernen.
Noch gehen die Ausbildungseinrichtungen mit dem Thema zurückhaltend um:
"Das ist ein schwieriges und neues Phänomen für uns", sagte die Leiterin
einer Ausbildungsstätte der taz. Dass rechtsgerichtete Jugendliche
erzieherische Berufe ergreifen wollten, sei längst kein alleiniges Problem
des Ostens mehr. Die Schülerin einer anderen Einrichtung erzählt: "Ich
konnte das erst gar nicht glauben, dass eine Mitschülerin rechts war. Wie
passt das zusammen, wenn man dann behinderten Menschen helfen will?"
Ein Auslöser für das neuerliche Interesse an pädagogischer Arbeit könnte
der Aufruf der rechten Autorin Hanna Schirmacher in der NPD-Zeitung
Deutsche Stimme sein. Der vorschulische Bereich müsse mehr denn je von "den
Nationalen" anvisiert werden, forderte sie dort. Ziel sei die Rückbesinnung
auf "bewährte Inhalte und Strukturen".
Lob für den Kita-Erlass bekommt Sozialministerin Schwesig von den
Landtagsfraktionen der Grünen und der CDU. Der christdemokratische
Abgeordnete Armin Jäger sieht in dem Erlass "ein gutes Signal an die
Menschen, die sich in unserem Bundesland jeden Tag für Demokratie und
Toleranz engagieren". Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert
sogar, künftig bundesweit von Kita-Betreibern einen Nachweis zu verlangen,
dass sie keine Rechtsextremen beschäftigen.
Kritischer sieht den Vorstoß des Sozialministeriums hingegen David Begrich
vom Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit - Miteinander in
Sachsen-Anhalt: "Die Vorlage ist ein Signal der Hilflosigkeit. Von oben
wird etwas reguliert, was eigentlich vor Ort durch das Engagement von
Eltern reguliert werden müsste." Die NPD wisse genau, dass sie mit der
Vermittlung ihrer politischen Botschaft im vorpolitischen Raum landen
könne, weil dort ein Mangel an Engagement bestehe, sagte Begrich am
Donnerstag der taz.
29 Jul 2010
## AUTOREN
Uta Gensichen
Andreas Speit
## TAGS
Schwerin
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