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# taz.de -- Handelspolitik und Menschenrechte: EU stoppt den Folter-Export
> Die Ausfuhr von Fußfesseln und Reizgas wird strenger reglementiert. Auch
> Medikamente für Giftspritzen sind betroffen – Kriegswaffen jedoch nicht.
Bild: Auch elektronische Fußfesseln können ein Folterwerkzeug sein
Brüssel taz | Giftspritzen aus Deutschland, Fußfesseln aus Frankreich oder
Reizgas aus Rumänien: Bisher konnten Hersteller aus der EU mit diesen
Produkten weltweit Handel treiben, auch wenn sie von den Käufern zu
Folterinstrumenten umfunktioniert wurden. Doch damit soll nun Schluss sein.
Das Europaparlament stimmte mit überwältigender Mehrheit einer Verordnung
zu, die den Export einschlägiger Güter verbietet, wenn der Verdacht auf
Missbrauch besteht. Ein Ausfuhrverbot soll auch für Pharmazeutika gelten,
die etwa in den USA für Hinrichtungen verwendet werden.
„Das Europäische Parlament zeigt eindrücklich, dass Menschenrechte und eine
kohärente Handelspolitik kein Widerspruch sind“, sagte die grüne
Europaabgeordnete Barbara Lochbihler. Das „zynische Geschäftsmodell“
einiger Pharmahersteller und Waffenhändler werde durchkreuzt.
Erfreut war auch die EU-Kommission, die die Verschärfung vorgeschlagen
hatte. Handelskommissarin Cecilia Malmström sprach von einer
„bahnbrechenden Verordnung“. Allerdings hat es lange gedauert, bis Brüssel
das liberale Dogma des freien Handels einschränkte. Obwohl die EU die
Todesstrafe abgeschafft hat und sich als Champion des Humanismus
präsentiert, wurden Giftspritzen und Daumenschrauben made in Europe lange
Zeit frei gehandelt.
## Sogenannte „Sicherheitsgüter“
Erst 2005 wurde der Handel mit Gütern verboten, die ausschließlich für
Folter oder zur Vollstreckung von Todesurteilen eingesetzt werden. Nun
folgt der zweite Akt, bei dem auch die Werbung für die sogenannten
Sicherheitsgüter verboten wird. Zudem wird der Export einer strikten
Kontrolle unterworfen. Wer weiter mit zweifelhaften Instrumenten handeln
will, braucht dafür eine Ausfuhrgenehmigung.
Vorgesehen ist zudem ein Dringlichkeitsverfahren: Die EU-Kommission erhält
die Möglichkeit, kurzfristig ein Produkt auf die Liste
genehmigungsbedürftiger Ausfuhren zu setzen – wenn der Verdacht besteht,
dass es zu Folterzwecken oder für Hinrichtungen missbraucht werden könnte.
Ausdrücklich nicht von der Verordnung betroffen sind Kriegswaffen, wie sie
etwa von Deutschland nach Saudi-Arabien geliefert werden. Zudem dürfte es
den Behörden auch künftig schwerfallen, autoritäre Regimes am Einsatz von
Schlagstöcken oder Pfeffersprays gegen Regimegegner zu hindern.
Immerhin soll der Informationsaustausch unter den zuständigen nationalen
Stellen der EU-Staaten verbessert werden. Ob das ausreicht, um die
Grauzonen zu beseitigen und Missbrauch zu verhindern, muss sich aber erst
noch zeigen.
4 Oct 2016
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Folter
Europäische Union
Cecilia Malmström
Giftspritze
Export
Todesurteil
Ägypten
Waffenexporte
Eurofighter
Rüstungsexporte
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