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# taz.de -- Nach Sánchez' Rücktritt in Spanien: Zurück bleibt ein Trümmerha…
> Der Parteichef der PSOE hat monatelang um die Macht gepokert und ist
> gescheitert. Nun stellen sich die Sozialisten ins Abseits.
Bild: Die Zeit des „schönen Pedro“ ist erst einmal vorbei
MADRID taz | Proteste vor der Parteizentrale in Madrid, drinnen auf dem
Kleinen Parteitag brüllten sich die 253 Delegierten zwölf Stunden lang an,
es flossen Tränen, es fielen Beschimpfungen und Drohungen. Immer wieder
wurde die Sitzung unterbrochen. Die Kritiker um die 17 am Mittwoch
zurückgetretenen Vorstandsmitglieder und die Anhänger des bisherigen
Generalsekretärs der sozialistischen PSOE Pedro Sánchez konnten sich nicht
einmal auf eine Tagesordnung einigen.
Als die Versammlung dann nach mehr als zehn Stunden doch noch beschloss,
über den weiteren zeitlichen Fahrplan für einen Weg aus der Parteikrise
abzustimmen, war Sánchez der offensichtliche Verlierer. Der Parteichef der
Sozialisten nahm daraufhin ganz offiziell den Hut. Ein kommissarischer
Vorstand wurde in aller Eile eingesetzt. Dieser soll jetzt die PSOE wieder
zusammenbringen und den Schaden begrenzen.
Leicht wird das nicht. Denn nach dem Streit ist vor dem Streit. Sánchez
wurde parteiintern abgesägt, weil er sich über Monate geweigert hatte, eine
konservative Minderheitsregierung unter Rajoy per Enthaltung im Parlament
zu ermöglichen. Die Kritiker wollen genau dies und müssen das jetzt
innerparteilich durchsetzen und der Basis und den Wählern vermitteln. „Erst
eine Regierung, dann die Probleme der Partei“, erklärte Susana Díaz,
Parteichefin im südspanischen Andalusien und Strippenzieherin beim Putsch
gegen Sánchez immer wieder.
Sánchez hinterlässt einen Trümmerhaufen. Viele fragen sich, ob es das wert
war. Denn der abgesägte Generalsekretär verfolgte keine grundlegend andere
Politik als seine Kritiker. Sánchez, neoliberaler Wirtschaftsprofessor an
einer rechten Privatuniversität in Madrid, paktierte nach den Wahlen im
Dezember mit den rechtsliberalen Ciudadanos (C’s) und akzeptierte deren
Wirtschaftsprogramm weitgehend. Es ist das gleiche Programm, dass sich die
konservative Partido Popular (PP) jetzt nach den erneuten Wahlen im Juni
bei ihrem Pakt mit C’s zu eigen machte.
## Spanies Medien unterstützten den Sturz von Sánchez
Auf die linke Protestpartei Podemos, die eine Koalition mit dem Ziel
angeboten hatte, die Sparpolitik zu beenden und die soziale Krise zu
bekämpfen, ging Sánchez im Winter gar nicht erst ein. Nach den Wahlen im
Juni verteidigte er sein „Nein heißt nein“ – keine Unterstützung für R…
ohne eine eigene Alternative aufzuzeigen. Als Sánchez in den letzten Tagen
vor seinem angekündigten Tod plötzlich doch noch von einer Regierung des
Wechsels mit Podemos redete, tat er dies offensichtlich, um seine eigene
Haut zu retten. Nach weiteren schlechten Wahlergebnissen in Galicien und im
Baskenland hätte nur sein Einzug in den Regierungspalast die Kritiker
ausbremsen können, war sich Sánchez sicher.
Doch Díaz und ihre Regionalfürsten kamen ihm zuvor. Allein die theoretische
Möglichkeit einer Regierungsbeteiligung von Podemos war ihnen zu
gefährlich. Konservative und rechte Sozialdemokraten eint die Treue zur
Sparpolitik und zum Diktat aus Brüssel, Berlin und den Interessen, die sich
hinter dem Begriff Märkte verstecken. Spaniens Medien unterstützten den
Sturz von Sánchez.
So mancher Kommentator und Analyst sieht die PP jetzt erneut an der Macht.
Doch Rajoy geht nach dem Debakel bei den Sozialisten noch einen Schritt
weiter. Er will sich nicht mehr nur mit seiner Wahl zum Regierungschef
durch die Enthaltung der PSOE – die immer wahrscheinlicher wird – zufrieden
geben. Er will jetzt eine aktive Unterstützung für den kommenden Haushalt,
in dem weitere 10 bis 15 Milliarden Euro eingespart werden sollen, so die
Vorgabe aus Brüssel.
Die PSOE droht sich daran aufzureiben, wie einst die griechische Pasok. Bei
Podemos bereiten sie sich auf ein ganz neue Rolle vor. Die Partei sei jetzt
„die einzige Alternative zur PP“, erklärte am Samstag Parteichef Pablo
Iglesias. Davon freilich konnte er bisher die Wählerinnen noch nicht
überzeugen.
3 Oct 2016
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
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Spanien
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