Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Debatte US-Wahlkampf: Panzerglas der Prominenz
> Hillary Clintons Unfähigkeit, die Probleme ihrer WählerInnen zu sehen,
> könnte ihr bei der US-Wahl zum Verhängnis werden.
Bild: Eher unter den Reichen und Schönen der Städte anzutreffen: Hillary Clin…
Donald Trump hat mal zu Recht behauptet, dass er mitten auf der Fifth
Avenue stehen könnte und einen Passanten erschießen könnte, seine Anhänger
würden ihn trotzdem wählen. Das heißt aber auch, dass alle seine Auftritte
wie etwa in den Fernsehdebatten mit Hillary Clinton erst recht unmaßgeblich
sind. Denn alles was Donald Trump tut, tut er als Clown.
Wie Beppe Grillo, der italienische Gründer der Protestinitiative
„Vaffanculo“, dem Haut-ab-ihr-Ihr-Ärsche-Tag. Am Anfang seiner politischen
Laufbahn in den Neunzigern klagte Grillo die korrupte sozialistische Elite
unter Bettino Craxi an. Er wetterte gegen Korruption, mangelnde
Meinungsfreiheit und die Globalisierung, plädierte für eine deutsche
Invasion, die die italienische Politikerkaste wegfegen möge.
Trump inszeniert sich als Gegner der neoliberalen Demokraten Amerikas.
Schließlich war es für Bill und Hillary Clinton im letzten Jahrzehnt
möglich, rund eine Viertelmilliarde Dollar zu verdienen, während es den
meisten Amerikanern nicht dramatisch besser ging. Trump argumentiert dabei
ähnlich wie Grillo, und er richtet seine Botschaften oft genug an Vladimir
Putin. Diese extreme Schrägheit ist aber bloß Ankündigung des
Ausnahmezustands – das Lächeln des bösen Jokers.
Ob Trump [1][mit seiner neuesten Angeberei auf Zuhälter-Art] nun endgültig
zu weit gegangen ist, ist nur für die Granden der republikanischen Partei
relevant. Ob die Republikaner mit Trump leben können, ist für seine
Anhänger egal, für sie wird Trump mit jedem Dementi nur glaubhafter.
Notfalls gründet Trump also seine eigene Partei wie einst Berlusconi.
## Fremden politischen Gesetzen unterworfen
Dieser Wahlkampf um die US-Präsidentschaft entwickelt sich wie ein
Alptraum, einer, der offensichtlich fremden politischen Gesetzen
unterworfen ist. Seit Wochen fragen sich amerikanische Kommentatoren, wieso
Donald Trump scheinbar für keine seiner epischen Lügen vom Wahlvolk
bestraft wird – während Hillary Clinton chronisch unter mangelndem
Wählervertrauen leidet. Clinton selbst redet mittlerweile von einem
Doppelstandard, den die Medien an die beiden Kandidaten angeblich anlegen.
Das ist nicht gerade die Haltung einer Politikerin, die sich am Vorabend
des Sieges wähnt.
Das kleine kümmerliche Video von der zusammenbrechenden Hillary Clinton in
New York am 15. Jahrestag von 9 / 11 wäre nicht so verheerend, wenn es
neben anderen – nicht existierenden – Videos stehen würde. Videos etwa, in
denen Clinton auf Demonstrationen gegen Polizeigewalt stehen würde. Was für
sie bedeuten würde anzuerkennen, dass letzten Endes nur Demonstranten wie
die in Charlotte, North Carolina, zwischen den heutigen USA und
Verhältnissen wie in den südamerikanischen Favelas stehen.
Oder wenn sie einen Rat für die Familienangehörigen von den über
dreitausend Drogentoten letztes Jahr in Ohio hätte. Einen Rat für die
Polizei in den von der Drogenepidemie getroffenen Städten, die in den
letzten Wochen angefangen hat, Fotos der zusammengebrochenen weißen Junkies
und ihren blonden, ratlosen Kindern in den sozialen Medien zu posten.
2016 war das Jahr der Überdosis, wo synthetische Opioide wie Fentanyl
Tausende – wie auch den Sänger Prince – in den Tod riss. Doch all das liegt
unter dem Radar der hochfliegenden New Yorkerin Hillary Clinton.
## Der Marie-Antoinette-Satz
Die Ex-Präsidentengattin ist eher unter den Reichen und Schönen auf
Sponsorenabenden anzutreffen, wo sie sich laut der ihr eigentlich
wohlgesonnen New York Times sichtlich wohlfühlt. Entspannt unter
Milliarden, als wäre sie auf einer Familienhochzeit. Neulich, auf einer
dieser Veranstaltungen, redete sie über die Hälfte der Trump-Wähler als
„basket of deplorables“ – einen „Haufen Bedauerlicher und Entsetzlicher…
also. Das wären dann die Menschen, die Trumps Lügen, seine
Fremdenfeindlichkeit und seinen Frauenhass nicht gebührend abstrafen, nur
weil sie wirtschaftlich und kulturell verzweifelt sind.
Sollte Clinton in November wider Erwarten verlieren, wäre dieser Satz über
die „Deplorables“ ihr Marie-Antoinette-Satz: „Wenn sie kein Brot haben,
dann sollten sie Kuchen essen.“ Ein Satz, der Alternativen voraussetzt, die
manche Amerikaner nicht mehr sehen. Es wäre vielmehr ihre Aufgabe, diese
Alternativen dem Wahlvolk nahe zu legen. Aber trotz eines ganzen Lebens in
der Politik hat Clinton wenig Sinn dafür, sich im eigenen Volk zu
inszenieren und politisch zu positionieren.
Es ist weniger die sprichwörtliche, frauenfeindliche gläserne Decke, von
der sie oft redet und der sie sich in der Vergangenheit ausgesetzt fühlte,
sondern vielmehr eine Art Panzerglas ihrer Prominenz, das sie vom Wahlvolk
trennt und ihr im November zum tückischen Verhängnis werden könnte.
Das Beste, was man zu Hillary Clinton sagen könnte, ist: Sie könnte wie
eine Wand gegen Donald Trump wirken, wie eine Art Brandmauer gegen den
blanken Wahnsinn. Was Breshnew für die späte Sowjetunion war, könnte sie
für die späte amerikanische Republik werden: Noch ein paar Jahre
Clinton-Blair-Konsens, in dem es Pi mal Daumen genug sowohl für die Banken
als auch die Menschen gibt, ehe die harten Verteilungskämpfe beginnen. Bis
ein jüngerer Bernie Sanders gefunden wird oder, eben unglücklicher, ein
jüngerer Donald Trump.
## Hillary ist oft ihr eigener schlimmster Feind
Die politische Welt von Hillary Clinton gibt es eigentlich längst nicht
mehr. Ihre Stimme, die sie als frische Senatorin für George Bushs Irakkrieg
gegeben hat und die sie schon 2008 die Nominierung gegen Barack Obama
gekostet hat, ist mit den Jahren nicht schöner geworden. Diese Welt der
rechten Demokraten und Neokonservativen hat inzwischen weiche, erschöpfte
Knie. Ihr muss geholfen, sie muss gestützt werden. Aber es ist diese
Systemschwäche, die die Sünden, sogar die Steuersünden von Donald Trump in
den Augen seiner Anhänger verblassen lässt.
Clintons Rückkehr in eine Vergangenheit, die längst überwunden sein sollte,
ist eben der Preis der Dynastie, mit der Amerika leider sein politisches
System finanziert.
Wir können eigentlich nur hoffen, dass das Clintonsche Schlachtross sich
bis zum Wahltag im November ein letztes Mal erhebt. Und wenn sich Clinton
und Trump wieder in Debatten treffen, sollten wir hoffen, dass sich Clinton
einigermaßen effektiv verteidigt. Zwar ist Hillary Clinton oft ihr eigener
schlimmster Feind, doch es ist eine berechtigte Hoffnung, dass sich Trump
in den nächsten Wochen selber am meisten schadet.
Trump wäre eine Regierungskrise auf zwei Beinen und das weißt er selbst am
besten. Clowns haben uns den Brexit gebracht. Und dann? Boris Johnson ging
nach dem unerwarteten Sieg in Deckung und dankte ab. Es ist nur zu
wünschen, dass – wenn Trumps Anhänger die Lage nicht einschätzen können �…
Trump seiner Kandidatur noch vor der Wahl den Gnadenschuss gibt.
9 Oct 2016
## LINKS
[1] /Sexistisches-Video-von-Donald-Trump/!5346769
## AUTOREN
Anjana Shrivastana
## TAGS
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
US-Wahl 2024
Hillary Clinton
Donald Trump
USA
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
US-Wahl 2024
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Donald Trump
TV-Duell
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Hillary Clinton
TV-Duell
TV-Duell
## ARTIKEL ZUM THEMA
A student exchange to provincial USA: Do you believe in evolution?
At age 17 our author – a left-liberal, big-city Berlin girl – wants to go
to New York, and lands up in rural America amongst nothing but Trump fans.
What now?
Ein Austauschjahr in der US-Provinz: Glaubst du etwa an die Evolution?​
Mit 17 will unsere Autorin, ein linksliberales Berliner Großstadtgirl, nach
New York – und landet unter lauter Trump-Fans in Minnesota. Was jetzt?
Satire im US-Wahlkampf: Das schwierige Scherzen
Für viele US-Amerikaner ersetzt Satire die klassischen Nachrichten. Doch im
Wahlkampf um Trump und Clinton steckt sie in einer Krise.
Debatte Rechtspopulismus: Was die Trumps nach oben treibt
In den USA punktet Präsidentschaftskandidat Trump mit antidemokratischen
Fantasien. Dass das klappt, ist gefährlicher als er selbst.
Kommentar Trump und die Republikaner: Huch, er ist ein Sexist
Die Empörung, die die Republiker in den USA um Trumps Sexismus
orchestrieren, ist verlogen. Die Angst um ihre persönliche Macht im Staat
steigt.
Kommentar TV-Duell Trump gegen Clinton: Verlieren unmöglich
Hillary Clinton konnte nur gewinnen, auch wenn Trump sich besser schlug als
das letzte Mal. Und sie sprach ihm ein sehr subtiles Lob aus – das keines
war.
Rhetorik im US-Wahlkampf: Das ewige Klagelied
Glanz und Größe der Nation sind seit Langem Thema in Reden von
US-Politikern – auch demokratischen. Trump weiß das zu nutzen.
Wahlkampf der US-Demokraten: Was Clinton den Bankern versprach
Wikileaks veröffentlicht den brisanten Inhalt gehackter E-Mails, die
Clinton vor dem Wahlkampf verschickte.
Kommentar Trumps Skandal-Video: Ach so, sexistisch
Die republikanische Empörung über Donald Trump ist verlogen. Aber bitte,
sollte sie dem Kandidaten schaden, nur zu!
TV-Duell der Vize-Kandidaten: Tiefgründig, aber unentschieden
Trump und Clinton haben Pause, ihre Stellvertreter müssen ran. Die
TV-Debatte der Vizekandidaten war ein Spiel mit vertauschten Rollen.
Wahlkampf in den USA: Bauernschlauer Multimilliardär
Die „New York Times“ enthüllt: Donald Trump zahlte tatsächlich jahrelang
keine Steuern. Seine Anhänger bewundern ihn dafür.
Trump-Anhänger nach dem TV-Duell: Desaströs und beschämend
Selbst viele Republikaner fanden Trumps Auftritt schlecht. Andere machen
die Presse für sein schwaches Abschneiden verantwortlich.
Kommentar TV-Duell zur US-Wahl: Kleinkrieg statt Grundsätze
Die Debatte zwischen Trump und Clinton zeigt, dass es der Politik in den
USA an großen Ideen fehlt. Am Ergebnis wird sich nichts ändern.
TV-Duell zur US-Präsidentschaftswahl: Clinton mit Ausdauer
Im ersten direkten TV-Schlagabtausch ist Hillary Clinton stark. Donald
Trumps Tiefschläge kontert sie. Auch ihre Gesundheit war wieder Thema.
TV-Duell Clinton gegen Trump: Die erste Runde im Ring
Die TV-Debatte zur US-Präsidentschaftswahl steht an: Clinton übt mit
Trump-Doubles, Trump übt sich in Provokationen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.