# taz.de -- Ausnahmezustand in der Türkei: Verlängerung beschlossen | |
> Drei weitere Monate soll der Ausnahmezustand in der Türkei gelten. Eine | |
> Folge davon: 12 prokurdische Sender wurden geschlossen. | |
Bild: Erdogan schließt nicht aus, den Ausnahmezustand auch auf 12 Monate zu ve… | |
ISTANBUL taz | Unter Leitung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat der | |
Nationale Sicherheitsrat der Türkei am Mittwochabend empfohlen, dass der | |
Ausnahmezustand, der in der Folge des Putsches vom 15. Juli für drei Monate | |
verhängt worden war, um drei Monate verlängert werden soll. Mit diesem | |
Beschluss ist nun der Weg offen, damit das Kabinett noch vor dem Ende des | |
geltenden Ausnahmezustandes am 18. Oktober die Verlängerung beschließen | |
kann. | |
In einer Ansprache vor Bürgermeistern des Landes machte Erdoğan am | |
Donnerstag klar, dass die Verlängerung des Ausnahmezustandes durch das | |
Kabinett nur noch eine Formsache ist. Dabei ging er über die folgenden drei | |
Monate hinaus. Es könne sein, sagte er, dass „wir den Ausnahmezustand noch | |
für weitere 12 Monate benötigen“. | |
Warum die Türkei noch weitere Monate den Rechtsstaat außer Kraft setzen | |
müsse, sagte Erdoğan nicht, doch die Ausnahmezustandsdekrete geben eine | |
klare Richtung vor. Knapp 100.000 Angestellte und Beamte des Öffentlichen | |
Dienstes, darunter rund 50.000 Lehrer, Dozenten und Professoren, aber auch | |
Tausende Soldaten, Polizisten und Mitarbeiter des Geheimdienstes wurden | |
seit Verhängung des Ausnahmezustandes entlassen oder suspendiert. Nach | |
Angaben des Justizministers sitzen 32.000 Menschen im Gefängnis, weil sie | |
den Putschversuch unterstützt haben sollen. | |
Nach Angaben von Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu, sind rund 1 Million | |
Menschen von den Auswirkungen des Ausnahmezustandes massiv betroffen. | |
Kılıçdaroğlus CHP hatte bereits im Juli gegen die Verhängung des | |
Ausnahmezustandes gestimmt und will sich gegen eine Verlängerung wehren. | |
Waren in den ersten Wochen des Ausnahmezustandes vor allem Anhänger des | |
Predigers Fethullah Gülen, den Erdoğan beschuldigt, Drahtzieher des | |
Putsches zu sein, das Ziel der Verhaftungen, gingen die „Säuberungen“ in | |
den letzten Wochen weit darüber hinaus. Vor allem vermeintliche Anhänger | |
der kurdischen PKK stehen im Fokus der Verfolgung. Das ist auch an der | |
Schließung von Medienhäusern zu erkennen. Waren es zunächst Gülen nahe | |
Fernseh- und Radiosender, die geschlossen wurden, sind seit Mitte August | |
auch prokurdische Medien betroffen. Am Donnerstag wurden 12 prokurdische | |
Fernseh- und Radiokanäle abgeschaltet. | |
Mit der Verlängerung des Ausnahmezustandes steht zu befürchten, dass auch | |
die letzten regierungskritischen Zeitungen kaltgestellt werden. Der | |
Cumhuriyet droht die Schließung genauso wie der linken Zeitung Birgün. | |
„Kommt die Verlängerung, werden wir wohl dicht gemacht“, sagte ein | |
Redakteur der taz. | |
29 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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