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# taz.de -- Vorwürfe systematischen Dopings: Paralympics ohne Russland
> Radikaler Schnitt: Das Internationale Paralympics Komitee sah in der
> Affäre um vermeintliches Staatsdoping die Kollektivstrafe als
> unausweichlich an.
Bild: IPC-Chef Philip Craven in Moskau. Putin lauscht stehend (Archivbild)
Rio de Janeiro dpa | Mit aller Härte hat das Internationale Paralympics
Komitee (IPC) durchgegriffen und alle russischen Behindertensportler für
die Sommerspiele in Rio de Janeiro gesperrt. Im Gegensatz zum gnädigen IOC
entschloss sich das IPC in der Affäre um vermeintliches Staatsdoping am
Sonntag für einen Komplett-Bann der Athleten aus Russland. „Das System in
Russland ist korrupt“, lautete das knallharte Urteil von IPC-Chef Philip
Craven.
Das IPC hatte noch vor seiner Verkündung weitere Informationen des
kanadischen Juristen Richard McLaren erhalten, der die Untersuchung der
Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) zum vermeintlichen Staatsdoping leitete.
Seine Ermittlungen ließen dem IPC aus dessen Sicht nun keine andere Wahl
als die Kollektivstrafe für die Russen bei den Paralympics vom 7. bis 18.
September. Russland reagierte mit Empörung auf die Entscheidung und
kündigte einen Einspruch vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS an.
„Der McLaren-Report markierte meiner Ansicht nach, und auch der Ansicht des
IPC-Vorstands nach, einen der dunkelsten Momente des Sports“, sagte Craven.
Russland sei „nicht in der Lage, dem Anti-Doping-Code des IPC und dem
Anti-Doping der WADA zu entsprechen.“
Im Gegensatz zum IPC hatte das Internationale Olympische Komitee Ende Juli
noch auf einen historischen Komplett-Bann verzichtet. Stattdessen nahm das
Gremium die internationalen Sommersportverbände in die Pflicht, nach
strengen Auflagen über Ausschluss oder Start der Russen zu entscheiden.
„Das ist deren Entscheidung“, sagte IOC-Sprecher Mark Adams zum
IPC-Beschluss. „Der russische Verband war in die Sotschi-Ereignisse
verwickelt, und das wiegt am schwersten.“ Ihn überrasche ein kompletter
Ausschluss nicht.
## Entrüstung in Moskau
Das Votum des IPC fiel einstimmig. „Die Entscheidung ist nicht gegen
einzelne Sportler gerichtet, sondern dagegen, dass der russische Verband
seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann“, ergänzte Craven. Zugleich
wolle sein Verband die Nachkontrollen aller russischen Proben von Sotschi
veranlassen, kündigte der Brite an. „Ihre Gier nach Ruhm unter allen
Umständen hat die Integrität und das Image des Sports schwer beschädigt.“
Russland reagierte entrüstet. Die Entscheidung des IPC sei gegen den
gesunden Menschenverstand, sagte Sportminister Witali Mutko der Agentur
Interfax zufolge in Moskau. Der Schritt sei politisch motiviert und nahezu
willkürlich. „Der Ausschluss der russischen Mannschaft ist gemein und
grausam. Es ist ein Verrat an den höchsten menschenrechtlichen Standards,
die eine moderne Welt ausmachen“, teilte Außenamtssprecherin Maria
Sacharowa mit.
Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) lobte die harte Linie als
„unmissverständliche und mutige Entscheidung“. DBS-Präsident Friedhelm
Julius Beucher erklärte: „Es handelt sich um ein wichtiges Signal hin zu
einem konsequenten Anti-Doping-Kampf – im Sinne des Fair-Play-Gedankens im
Sport ist diese harte Linie der völlig richtige Weg. Im Gegensatz zum IOC
hat der Paralympische Sport diese historische Chance wahrgenommen, von der
wir uns nachhaltige Auswirkungen auf gerechte Wettkämpfe erhoffen.“
Der McLaren-Report hatte hohe Wellen geschlagen. Dem Dossier zufolge waren
im Zusammenhang mit den Winterspielen in Sotschi nicht nur Dopingproben von
Olympia-Teilnehmern, sondern auch von Paralympics-Startern manipuliert
wurden.
## Einzelverbände kritisch
Das IPC hatte die Namen von 35 Sportlern erhalten, die in Verbindung mit
verschwundenen positiven Dopingproben aus dem Moskauer Kontrolllabor stehen
sollen. Am Samstag wurden zehn weitere Proben von neun Sportlern vom
McLaren-Team vorgelegt.
„Tragischerweise ist die Situation so, dass es sich nicht um Athleten
handelt, die ein System betrügen, sondern um ein vom Staat geführtes
System, das die Athleten betrügt“, kritisierte Craven.
Neben der Internationalen Reiterlichen Vereinigung kritisierte auch der
Weltverband der Bogenschützen den Komplett-Ausschluss scharf. Man sei mit
dem Bann überhaupt nicht einverstanden, teilte der Verband am Sonntag mit.
Das Urteil des IPC verstoße gegen die „Prinzipien der Inklusion und des
Fair Play“.
Bei den Winter-Paralympics 2014 hatte der Gastgeber die Nationenwertung
haushoch gewonnen. Mit 30 Gold-, 28 Silber- und 22 Bronzemedaillen heimsten
russische Sportler eine bei Winterspielen nie zuvor erreichte Anzahl an
Plaketten ein. Rio de Janeiro findet nun ohne Russlands Athleten statt.
8 Aug 2016
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