# taz.de -- Neuer Trend beim Fleischkonsum: Schlachten und teilen | |
> Beim „Crowdbutchering“ wird ein Tier erst getötet, wenn alle seine | |
> Einzelstücke verkauft sind. Nachhaltig ist das trotzdem nicht. | |
Bild: Alles ist verwertbar, aber auch kostbar | |
BERLIN taz | „Wir verwerten alles“, sagt Moritz Maier. Mit dieser | |
Grundidee gründete der Schweizer vor zwei Jahren in Bern das | |
Unternehmen Kuhteilen Beef, das als eines der ersten | |
Crowdbutchering betreibt. Auf seiner [1][Webseite] bietet | |
Kuhteilen Beef Bio-Freilandrinder und Schweine aus der | |
Berner-Region an. Jeder Kunde kann ein Fleischpaket erwerben. Aber | |
erst, wenn das ganze Rind oder Schwein aufgeteilt und verkauft ist, wird | |
es geschlachtet. Auch Lämmer kann man sich teilen. Das Fleisch, so | |
Maier, soll dadurch „bewusster konsumiert werden“. | |
Die Idee wird angenommen: „Unser Kundenstamm wächst täglich“, | |
erklärt Maier. Derzeit liefert das Unternehmen etwa einen Monat nach | |
der Bestellung. „Wer Qualität will, muss auch warten können“, sagt | |
der Firmengründer. Damit die Kunden die Herkunft ihres Fleischs | |
überprüfen können, veröffentlicht Kuhteilen Beef | |
Ohrenmarkennummern, Fotos der Tiere sowie Hintergrundberichte. | |
Das Schlachten und Verarbeiten findet im eigenen Betrieb statt. Mit | |
169 Schweizer Franken für 4 Kilogramm Fleisch ist der Preis deutlich | |
höher als der für anderes Bio-Rindfleisch. Was in unserem | |
Kulturkreis kaum verzehrt wird – wie der Pansen der Kuh – lassen die | |
Schweizer zu Tierfutter verarbeiten. Markknochen werden zur | |
Schmalzherstellung an Restaurants in der Region abgegeben. | |
Auch in Deutschland gibt es Versuche, Crowdbutchering zu | |
etablieren. Seit Anfang des Jahres betreibt Dennis Vetter im | |
rheinland-pfälzischen Frankenthal die Webseite | |
[2][geteiltes-fleisch.de,] nebenberuflich und als Einzelkämpfer. | |
Über sie verkauft er in ganz Deutschland Anteile von Rindern und | |
Schweinen. „Mit der gesteigerten Anforderung an die | |
Fleischqualität ist auch in Deutschland der Wunsch nach Transparenz | |
groß“, sagt der 29-Jährige. | |
Er arbeitet mit Höfen zusammen, die nicht unbedingt | |
bio-zertifiziert sein müssen. Entscheidend seien Qualität, | |
Regionalität und Freilauf für die Tiere. „Die Partner werden von mir | |
persönlich ausgewählt“, sagt Vetter. Die Kundschaft muss ihm hier | |
vertrauen. | |
## „Auf Versprechen und Siegel ist kein Verlass“ | |
Der Gedanke, „alle Teile des Tiers zu verwenden“, reiche nicht, um den | |
Nachhaltigkeitsgedanken zu erfüllen, sagt zwar die | |
Agrarsprecherin der Umweltorganisation Germanwatch, Reinhild | |
Benning. Schließlich verwendeten auch industrielle | |
Fleischproduzenten die Reste aus der Tierproduktion und | |
exportierten sie in die „Kleinbauernmärkte in den Süden“. | |
Sie befürwortet deshalb eine „Pflichtkennzeichnung der | |
Tierhaltung“, wie es sie bei Eiern gibt. Wenn sie auf diese Weise | |
kontrollierbar seien, könnten „Crowdbutchering und andere | |
Tierschutz-Initiativen aus der Nische herauswachsen“ und sich | |
gleichzeitig vor Nachahmern aus der konventionellen | |
Landwirtschaft schützen, so Benning. | |
Kritisch beurteilt Edmund Haferbeck, Leiter der Wissenschafts- und | |
Rechtsabteilung der Tierrechtsorganisation Peta, den Trend. „Ich | |
bezweifle, dass viele Nutzer wirklich die Möglichkeiten der | |
Transparenz nutzen“, sagt er. Wer fahre schon Hunderte Kilometer | |
zum Hof „seiner Rinder“? | |
Zwar sei es gut, wenn Crowdbutchering „zu besseren Bedingungen für | |
die Tiere führe“, aber seine langjährige Arbeit für Peta habe ihn | |
gelehrt, „dass auf Versprechen und Siegel kein Verlass ist“. Daher | |
empfiehlt er der Crowd lieber: fleischlose Kost. | |
Korrektur: In der ersten Fassung des Artikels hatten wir Frankenthal von | |
Rheinland-Pfalz nach Baden-Württemberg verlegt. Das ist jetzt korrigiert. | |
24 Aug 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://kuhteilen.ch/ | |
[2] https://geteiltes-fleisch.de/ | |
## AUTOREN | |
Jonas Achorner | |
## TAGS | |
Fleischkonsum | |
Landwirtschaft | |
Peta | |
Ernährung | |
Peta | |
Tierschutz | |
Schwerpunkt Bio-Landwirtschaft | |
Artgerechte Tierhaltung | |
Fleisch | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Peta kritisiert Jagd auf Vögel in Bremen: Sterbende Schwäne | |
In Bremen hat die Jagdsaison auf Höckerschwäne begonnen. Die | |
Tierschutzorganisation Peta fordert ein Verbot, aber den Jägern schmeckt̕s | |
EU wirbt für Fleischkonsum: Ernährung mit Tier | |
Neue Kampagnen klären über angebliche Mythen in der Tierhaltung auf und | |
öffnen Exportmärkte für Agrarprodukte. Das ärgert Tierschützer. | |
Wattrennen an der Nordsee: Peta will Tierquäler zügeln | |
Tierschützer erstatten Anzeige gegen die Veranstalter des Duhner | |
Wattrennens: Erneut sollen Tiere mit unerlaubten Hilfsmitteln gequält | |
worden sein | |
Agrarökonom fordert Geld für Tierschutz: Der Staat soll für Tierwohl zahlen | |
Der Chef des Thünen-Instituts fordert Prämien für mehr Tierschutz, falls | |
der Markt weiter versagt. Sie könnten aus EU-Subventionen bezahlt werden. | |
Forscherin über Biotierhaltung: „Besser, aber nicht gesünder“ | |
Schweine in Ökobetrieben können ihr natürliches Verhalten besser ausleben: | |
Professorin Ute Knierim über Krankheiten, Auslaufflächen und Kontrollen. | |
Antibiotika in Bioland-Ställen: Das merkt fast keine Sau | |
Der Biolandverband hat Bauern erlaubt, Tieren bestimmte Antiobiotika zu | |
geben – entgegen den eigenen Regeln. Experten sind entsetzt. | |
Fleischkonsum in Deutschland: Darf es etwas mehr sein? | |
83 Prozent der Deutschen essen mehrmals in der Woche Fleisch. Immerhin, | |
artgerechte Haltung ist der Mehrheit ebenso wichtig. Das Problem ist der | |
Preis. |