# taz.de -- Gesetzentwurf zur Netzneutralität: Bußgeld bei Verstoß | |
> Eine Gesetzesänderung soll die EU-Netzneutralität in Deutschland | |
> umsetzen. Kritiker sehen aber weiterhin die Gefahr eines | |
> „Zwei-Klassen-Internets“. | |
Bild: Offener Protest für offenes Internet. Hilft die Gesetzesänderung? | |
BERLIN dpa | Die Bundesregierung will mit einer Reform des | |
Telekommunikationsgesetzes (TKG) den freien Zugang zum offenen Internet | |
sicherstellen. Das Kabinett verabschiedete am Mittwoch einen Gesetzentwurf, | |
mit dem EU-Vorgaben zur Netzneutralität umgesetzt werden sollen. Danach | |
müssen Internetanbieter alle Datenpakete gleich behandeln. Verstößt ein | |
Anbieter dagegen, drohen ihm künftig empfindliche Bußgelder. Unter Experten | |
ist allerdings umstritten, ob mit der EU-Verordnung tatsächlich eine | |
Netzneutralität gewährleistet wird. | |
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte dazu: „Mit den heute | |
beschlossenen Ergänzungen des TKG stellen wir sicher, dass die EU-weit | |
geltenden Vorgaben auch tatsächlich eingehalten werden.“ | |
Die EU-Verordnung 2015/2120 regelt nach Angaben des Ministeriums, dass | |
Internetzugangsanbieter einen diskriminierungsfreien Zugang zum offenen | |
Netz gewährleisten müssen. Zudem müssen die Anbieter die Endnutzer über die | |
Auswirkungen von Geschäftsmodellen auf den Zugang zum offenen Internet | |
informieren. Die Aufsicht über die Einhaltung der Bestimmung obliegt den | |
nationalen Regulierungsbehörden, in Deutschland also der Bundesnetzagentur. | |
Beschränkt ein Dienstanbieter künftig in unzulässiger Weise den | |
Datenverkehr und kommt er einer vollziehbaren Anordnung der | |
Bundesnetzagentur nicht nach, können dem Gesetzesentwurf zufolge Bußgelder | |
bis zu 500.000 Euro verhängt werden. Bußgelder bis zu 100.000 Euro werden | |
fällig, wenn Internetanbieter ihre Kunden nicht ordnungsgemäß informieren. | |
Die EU-Verordnung 2015/2120 zur Netzneutralität ist umstritten. Die | |
Mehrheit im EU-Parlament und EU-Kommissar Günther Oettinger sahen darin | |
einen geeigneten Schutz der Netzneutralität. Vertreter der Opposition und | |
Internet-Aktivisten wie der Erfinder des World Wide Web, Tim Berners-Lee, | |
befürchten dagegen eine massive Einschränkung des Neutralitätsgebotes. | |
Konstantin von Notz, der stellvertretende Fraktionsvorsitzender der Grünen | |
und Sprecher für Netzpolitik, warf der Regierung am Mittwoch vor, sie habe | |
über Jahre hinweg eine gesetzliche Sicherung verweigert und dem „Ausverkauf | |
der Netzneutralität auf EU-Ebene tatenlos zugesehen“. Die jetzigen | |
Nachbesserungen würden absehbar nicht ausreichen, um ein | |
„Zwei-Klassen-Internet“ zu verhindern, erklärte von Notz. „Der Ausverkauf | |
eines der grundlegendsten Prinzipien des Internets geht direkt auf das | |
Konto der Großen Koalition.“ | |
3 Aug 2016 | |
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