# taz.de -- AKP-Mails bei Wikileaks: Total verhackt | |
> Ein Hacker erklärt, er habe die AKP-Mails besorgt, die Wikileaks | |
> veröffentlicht hat. Den türkischen Kurden macht er damit Probleme. | |
Bild: „Phineas Fogg“ will anonym bleiben wie dieser Demonstrant | |
Berlin taz | Trommelwirbel, täterätätä: Ein renommierter Hacker hat am | |
Donnerstag die Verantwortung für den Leak hunderttausender AKP-Mails | |
übernommen, welche die Investigativplattform [1][Wikileaks] am späten | |
Dienstagabend veröffentlicht hatte. Die Mails stammen von Servern der | |
türkischen Regierungspartei AKP, die unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan | |
[2][derzeit die türkische Republik unter ihre Kontrolle bringt]. | |
Besonders folgenreich: Der Hacker bekannte sich [3][via Twitter] nicht nur | |
dazu, die Mails von den Parteiservern geklaut zu haben, sondern später auch | |
zu dem kurdischen Projekt Rojava. Bei der Person soll es sich um „Phineas | |
Fisher“ handeln. | |
Zwar hat „Phineas Fisher“, der auch unter dem Pseudonym „Hack Back“ | |
operiert und [4][hier auf Twitter zu finden] ist, keine Beweise vorgelegt, | |
jedoch einen Link veröffentlicht, der zu mehr als 100 GB gestohlener Daten | |
führte. Gegenüber dem szenekundigen Journalisten [5][Lorenzo | |
Franceschi-Bicchierai] äußerte sich der Hacker exklusiv [6][an dieser | |
Stelle]. Dabei soll er auch Details über den Veröffentlichungsablauf und | |
die Zusammenarbeit mit Wikileaks preisgegeben haben. | |
Demnach sei er selbst noch auf AKP-Servern unterwegs gewesen, als die | |
Leakingplattform Wikileaks bereits die Veröffentlichung der Dokumente | |
ankündigte. Übersetzt: Die schnelle Veröffentlichung der Mails hat | |
womöglich verhindert, dass er noch weiter zugreifen konnte. | |
„Die Leute von WikiLeaks wussten zu dem Zeitpunkt, als sie die | |
Veröffentlichung ankündigten, nicht, dass ich noch im Netzwerk der AKP war, | |
um weitere Daten herunterzuladen“, soll der Hacker in einer Nachricht an | |
den Journalisten geschrieben haben. „Doch sie wussten, dass die Quelle, von | |
der sie die Dateien erhalten hatten, sie bat, noch etwas zu warten.“ | |
## Größtenteils irrelevante Mails | |
Knapp 300.000 Mails, die von AKP-Servern entwendet worden waren, stehen | |
seit Dienstagnacht im Netz. Bislang war die öffentliche Reaktion darauf | |
allerdings überschaubar. Rechercheure, die sich mit dem Material | |
beschäftigten, fanden bislang überwiegend irrelevante Mails, die an | |
verschiedene Personen innerhalb der Partei gerichtet waren. | |
Schon in der Vergangenheit waren „Phineas Fisher“ spektakuläre Hacks | |
zugeschrieben worden. Dass er sich zu dem Angriff bekennt, passt ins Bild | |
einer Szene, bei der es auch immer wieder um Status und Anerkennung geht. | |
Bereits im vergangenen Mai behauptete Phineas Fischer, einer Bank Bitcoins | |
im Wert von 10.000 Euro entwendet und diesen Betrag an die Organisation | |
„Rojava Plan“ gespendet zu haben, weil diese sich für | |
„Geschlechtergleichheit, direkte Demokratie sowie eine freie und | |
ökologische Gesellschaft“ in der Region einsetzt. Zusätzlich versprach er | |
der Organisation eine weitere Spende in der Höhe von einer Million. Den | |
Twitter-Account des Hackers schmückt ein Bild einer kurdischen Kämpferin | |
vor der Flagge des regionalen Autonomieprojekts Rojava. | |
## Kurdinnen und Kurden unter massivem Druck | |
Der Hintergrund: Die in Nordsyrien gelegene und kurdisch geprägte Region | |
Rojava konnte nach dem Ausbruch des syrischen Bürgerkrieges im Jahr 2011 | |
weitgehende Autonomie erlangen und ist eines der Hoffnungsprojekte der | |
kurdischen Bewegung. Angeführt wird das Projekt von der PYD, einer | |
Schwesterpartei der in der Türkei als terroristische Organisation | |
verfolgten kurdischen Arbeiterpartei PKK. Kurdinnen und Kurden im Südosten | |
der Türkei stehen unter der Regierung Erdoğan unter massivem Druck und | |
leiden unter anhaltenden Menschenrechtsverletzungen. Große Gebiete der | |
kurdischen Regionen werden vom türkischen Militär unter | |
bürgerkriegsähnlichen Zuständen gehalten. | |
Sollte das Bekenntnis also authentisch sein, ist es auch von einer | |
gehörigen Portion politischer Naivität geprägt. Denn mit seinem klaren | |
Bezug zum kurdischen Projekt „Rojava“ bringt der sogenannte Hacker vor | |
allem diejenigen unter Druck, die er angeblich unterstützt: Die Kurdinnen | |
und Kurden im Südosten der Türkei. Nichts dürfte der türkischen Regierung, | |
die am Donnerstag sogar ankündigte, die Europäische | |
Menschenrechtskonvention außer Kraft setzen zu wollen, besser in die Hände | |
spielen als eine weitere Rechtfertigung dafür, noch massiver gegen | |
Kurdinnen und Kurden vorzugehen. | |
Wikileaks selbst hatte bei der Veröffentlichung mitgeteilt, dass die Quelle | |
der geleakten Daten keiner politische Partei in der Türkei nahestehe. Der | |
türkische Präsident Erdoğan hatte, wie eigentlich bei allem derzeit, die | |
Verantwortung für die AKP-Leaks seinem Erzfeind Fethullah Gülen | |
zugeschrieben, der aus den USA eine Bewegung von Muslimen dirigieren soll. | |
21 Jul 2016 | |
## LINKS | |
[1] https://wikileaks.org/ | |
[2] /Debatte-Erdogan-nach-dem-Putschversuch/!5320859/ | |
[3] https://twitter.com/GammaGroupPR/status/755897921539825664 | |
[4] https://twitter.com/GammaGroupPR | |
[5] https://twitter.com/lorenzoFB | |
[6] https://motherboard.vice.com/de/read/erdogan-gehackt-und-dateien-wikileaks-… | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
Volkan Ağar | |
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