# taz.de -- Gentrifizierung und Milieuschutz: Investoren suchen neue Ziele | |
> Zu spät, zu wirkungslos: Opposition und Mietervertreter kritisieren die | |
> Verordnung, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschweren | |
> soll. | |
Bild: Sie wohnen nicht in einem Milieuschutzgebiet? Dann werden die Investoren … | |
BERLIN taz | Die Umwandlungsverordnung kommt in vielen Kiezen zu spät, | |
lässt Investoren große Schlupflöcher und verhindert nicht, dass berlinweit | |
massenhaft Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. So lautet | |
zusammengefasst die Kritik von Mieterverein und Oppositionsparteien. „Es | |
ist besorgniserregend, dass die Spekulation mit Immobilien munter | |
weitergeht“, sagte Katrin Schmidberger, mietenpolitische Sprecherin der | |
Grünen-Fraktion, am Donnerstag der taz. Katrin Lompscher, ihr Pendant von | |
der Linkspartei, findet: „Milieuschutz in Berlin hat was von Lotterie“ – … | |
einen Bezirk werde er angewandt, im andern nicht. Und Reiner Wild, | |
Vorsitzender des Berliner Mietervereins, warnt: „Alle Mieter, die außerhalb | |
von Milieuschutzgebieten leben, müssen aufpassen, ob die Investoren zu | |
ihnen ausweichen.“ | |
Der Staatssekretär für Bauen und Wohnen, Engelbert Lütke Daldrup, hatte am | |
Mittwoch Bilanz gezogen, wie die im März 2015 eingeführte | |
Umwandlungsverordnung wirkt. Mit ihr stellt der Senat die Umwandlung von | |
Miet- in Eigentumswohnungen in so genannten sozialen Erhaltungsgebieten, im | |
Volksmund „Milieuschutz“ genannt (siehe Infokasten), unter | |
Genehmigungsvorbehalt. Seither sei dort die Zahl der „umgewandelten“ | |
Wohnungen sukzessive gesunken, so Lütke Daldrup. So seien im 1. Quartal | |
2015 in den damals noch 22 Milieuschutzgebieten gut 2.000 Wohnungen | |
umgewandelt worden, im 4. Quartal seien es nur noch 787 gewesen. | |
Gleichzeitig steige allerdings die Zahl der Umwandlungen außerhalb der | |
Milieuschutzgebiete „deutlich“. „Der Berliner Markt ist weiterhin extrem | |
interessant für Investoren und Kapitalanleger“, so der Staatssekretär. In | |
der Tat: Gab es in 2014 rund 11.000 umgewandelte Wohnungen in ganz Berlin | |
waren es im vorigen Jahr schon 17.000 – und davon lagen „nur“ rund 5.000 … | |
den Milieuschutzgebieten. „Die haben natürlich eine abschreckende Wirkung, | |
aber die Investoren wandern einfach weiter“, so Wild. | |
Die Grüne Schmidberger fordert daher ein „Screening aller Quartiere durch | |
den Senat“, damit die Bezirke frühzeitig Milieuschutzgebiete einrichten – | |
und nicht erst, wie gerade in Nordneukölln, wenn es fast zu spät ist. In | |
diese Richtung denkt auch die Linke Lompscher: Aus dem jährlichen | |
Monitoring „Soziale Stadt“ könne der Senat Empfehlungen ableiten, wo | |
Milieuschutz sinnvoll sei. Dann sei es für Bezirke auch schwieriger, sich | |
dagegen zu sperren – wie etwa in Lichtenberg, „wo es Gebiete gibt, die | |
dringend geschützt werden müssten“. | |
## Mieter zu Eigentümern | |
Ein weiteres Problem: Auch in den Schutzgebieten wurden im vorigen Jahr | |
5.000 Wohnungen umgewandelt, rund 72 Prozent aller Anträge auf Umwandlung | |
in Eigentum genehmigt. In den allermeisten Fällen, so Lütke Daldrup, habe | |
genehmigt werden müssen, weil sich die Eigentümer verpflichteten, in den | |
nächsten sieben Jahren nur an die aktuellen Mieter zu verkaufen. Diese | |
gesetzliche Vorgabe sei aber nicht schlecht, man habe nichts dagegen, dass | |
aus Mietern Eigentümer werden. | |
Für Mietervertreter Wild ist das naiv: „Die allerwenigsten Mieter können | |
sich den Kauf ihrer Wohnung leisten.“ Stattdessen würde der Druck auf sie | |
steigen, weil mit der Verkaufsabsicht oft eine Modernisierung einhergehe. | |
Viele Mieter würden dann ausziehen oder sich rauskaufen lassen. Auch | |
Grünen-Politikerin Schmidberger verweist auf diese „Schutzlücke“. „Ob d… | |
Eigentümer ihr Versprechen einhalten, wird zudem kaum kontrolliert.“ | |
18 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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