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# taz.de -- NPD-Kandidatin in MeckPomm: Die richtig Rechte
> Doris Zutt tritt für die NPD auf Listenplatz 20 an. Die Rentnerin findet
> die AfD zu lasch, sie umgibt sich gerne mit den Radikalsten der rechten
> Szene.
Bild: NPD-Anhänger marschieren 2015 in Waren/Müritz auf
Waren taz | Gerade erst stand Doris Zutt wieder auf der Straße ihrer
Heimatstadt Waren. Kurzgeschorene, tätowierte Männer liefen neben ihr, sie
trugen schwarze Fahnen. Auf einem Banner ballte sich eine Faust. „Nationale
Revolution“ stand daneben. Ein Neonazi-Aufmarsch, rund 100 Leute stark.
Doris Zutt fühlte sich wohl.
Geht es nach der 61-Jährigen, würde Zutt bald auch anderswo aufmarschieren:
im Schweriner Landtag. Das Problem nur: Ihre Partei, die NPD, hat sie für
die Wahl zwar auf der Landesliste nominiert – aber nur auf Platz 20, dem
letzten. Derzeit hat die NPD fünf Abgeordnete im Landtag. Und liegen die
Umfragen richtig, könnten die Neonazis ganz aus dem Parlament fliegen.
Für die Frührentnerin ist die Nominierung dennoch ein Erfolg. Vor fünf
Jahren hatte Zutt fest mit einem Listenplatz gerechnet – und blieb
unberücksichtigt. Keine einzige Frau stellte die NPD damals auf. Zutt
beschwerte sich auf einem Neonazi-Portal über den „Wortbruch“. Andere
Frauen in der NPD beförderten solche Aufstände ins Aus. Nicht so Zutt.
Zu lange schon gehört die gelernte Altenpflegerin zur Partei: seit 1982.
Zwischenzeitlich saß sie im Bundesvorstand. In und außerhalb der NPD umgibt
sich Zutt gerne mit den Radikalsten der Szene. Der Verfassungsschutz
attestiert ihr „gute Verbindungen“ ins Kameradschaftsmilieu. Auf ihrer
Facebookseite huldigt sie dem Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß: „Sollte uns
stets ein Vorbild sein“. Die neue Konkurrenz der AfD ist für sie eine
lasche „Systempartei“, vom Staat erfunden, um der NPD zu schaden.
## Im Stadtparlament für die NPD
Schon in ihrer alten Heimat, dem hessischen Ehringshausen, betrieb Zutt
einen Szeneladen, den „Patriotentreff“. Mit ihrem Mann Alfred saß sie
jahrelang im Gemeindeparlament. Die beiden forderten Kitaplätze für
deutsche Kinder oder die Todesstrafe für Gewaltverbrecher. Den
Fraktionschefs schickte Zutt eine Postkarte mit nackten Männerhintern.
„Diese Welt hat nur ein Ozonloch, aber jede Menge Arschlöcher.“ Ihr größ…
Erfolg: 22,9 Prozent bei den Wahlen 1997. Dann aber formierte sich
Widerstand in der Stadt.
Vor acht Jahren zog Zutt nach Waren, ihr Sohn wohnte schon hier. Anders als
in Hessen könne man hier „noch Deutscher unter Deutschen sein“, teilte sie
mit. In dem rausgeputzten Müritzstädtchen sitzt Zutt wieder im Parlament,
als alleinige NPD-Vertreterin. Und macht wieder Stunk. In einer Sitzung
musste sie von der Polizei abgeführt werden, weil sie trotz Ordnungsrufen
dazwischenplapperte.
Als sie einen Umweltaktivisten mit Hitler verglich, wurde Zutt später wegen
Beleidigung verurteilt. Trotzdem: Als vor zwei Jahren niemand als
stellvertretender Stadtpräsident kandidieren wollte, trat Zutt an – und
bekam prompt auch zwei Stimmen aus den anderen Parteien.
Im Parlament kann Zutt auch harmlos. Mal verweist sie auf fehlende
Fahrstühle im Rathaus, mal fordert sie Mülleimer für Hundekot. Zuletzt
machte sie aber vor allem gegen eine Warener Flüchtlingsunterkunft mobil.
Als der Leiter Zutt zu einem Rundgang einlud und mit Asylbewerbern ins
Gespräch brachte, war die NPD-Frau entzückt. „Denen hab ich klipp und klar
gesagt, dass ich dafür bin, dass sie wieder nach Hause gehen.“ Ein kleiner
Propaganda-Erfolg. Davon lebt Zutt.
Als sie jüngst für eine örtliche Bürgerwehr warb, ging das indes schief.
Wieder bekam Zutt Besuch von der Polizei. „Das stört mich nicht“, sagt
Zutt. Es seien eben auch Polizei und Justiz nicht unabhängig. Schwerer
schon würde Zutt ein Verbot der NPD treffen, über das derzeit verhandelt
wird. Sie glaubt nicht, dass es so weit kommt, natürlich nicht. So oder so
würde Zutt wohl weitermachen. Stramm auf ihrem rechtsextremen Pfad.
9 Aug 2016
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahlen
Mecklenburg-Vorpommern
NPD
NPD-Verbot
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Schwerpunkt AfD
Johanna Wanka
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