# taz.de -- Kommentar Flüchtlingsteam bei Olympia: Hoffentlich mehr als Kitsch | |
> Das IOC lässt in Rio erstmals ein „Flüchtlingsteam“ antreten – eine | |
> schöne Geste, um Aufmerksamkeit zu schaffen. Es fehlt an Konsequenzen. | |
Bild: Symbol der Hoffnung: das olympische Flüchtlingsteam | |
Das Gute in der Welt zu befördern – diese Hoffnung wird seit jeher in die | |
Olympischen Spiele gesetzt. Sei es durch Aufrufe, Kriege für die Dauer der | |
Wettkämpfe zu unterbrechen, oder durch sportliche Gesten der | |
Völkerverständigung, die im kollektiven Gedächtnis blieben. | |
Da liegt es nahe, dass das IOC in Rio erstmals ein „Flüchtlingsteam“ | |
antreten lässt. Ein Symbol, um, wie es heißt, „Aufmerksamkeit zu schaffen“ | |
für die Rekordzahl von über 60 Millionen Fliehenden auf der Welt. Dass | |
diese olympische Geste jetzt allgemein bejubelt wird, die geflüchteten | |
Sportler zu Stars werden, noch bevor sie angetreten sind, ist nicht das | |
Schlechteste. Noch vor Kurzem wäre kaum jemand auf eine solche Idee | |
gekommen. | |
Aber es sind nicht Gesten, an denen es fehlt. Es fehlt auch nicht an | |
Aufmerksamkeit, auch wenn dies oft behauptet wird. Die Medien sind voller | |
Kriegsnachrichten, jeden Tag. Jeder, der will, weiß, was in Syrien | |
geschieht, hat eine Ahnung vom Grauen in Nordirak, eine ungefähre | |
Vorstellung von Libyen, Südsudan, Zentralafrika, dem Mittelmeer. Und | |
symbolische Gesten, Aufrufe, „Zeichen“ gibt es genug. | |
Was fehlt, sind Konsequenzen. Bald könnten in Aleppo wieder Zehntausende | |
massakriert werden oder verhungern – in einer Welt, in der das Sterben | |
nicht unsichtbar ist, die sich aber daran gewöhnt hat. Wenn sich in Rio die | |
sogenannte Weltgemeinschaft feiert und das mit einem „Flüchtlingsteam“ | |
ideell auflädt, dann muss sie sich auch fragen lassen, was sie tut, um die | |
Konflikte, die diese Flüchtlinge hervorgebracht haben, zu beenden und ihre | |
Folgen aufzufangen. | |
Doch das gelingt weniger denn je. Eine globale Mobilisierung gegen den | |
Krieg in Syrien wie 2003, als das militärische Eingreifen in den Irak | |
bevorstand, gibt es nicht. Noch immer stehen die bedrängten KurdInnen und | |
JesidInnen weitgehend allein da. Den Hilfsorganisationen fehlen Milliarden, | |
um die Opfer der Konflikte im Nahen Osten und in Afrika zu versorgen. Viele | |
Hilfslieferungen in die umkämpften Gebiete Syriens kommen nicht durch. | |
Einen Korridor aus der Hölle von Aleppo gibt es nicht. Und das Sterben im | |
Mittelmeer geht weiter. | |
Wer sich über das Team Refugee in Rio freuen will, muss auch darauf | |
drängen, dass sich das ändert. Sonst bleibt von den Symbolen der Hoffnung | |
nur eine kitschige Inszenierung. | |
5 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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