# taz.de -- Entscheidung über Russland-Ausschluss: Bloß keine Eile | |
> Das IOC will erstmal lieber keine Entscheidung zum Olympia-Ausschluss | |
> treffen. Man wartet das Cas-Urteil ab, um die Russen nicht zu verprellen. | |
Bild: Gute Bekannte beim Kaffeekränzchen: Putin und IOC-Präsident Thomas Bach | |
Wie gut, dass die Olympischen Spiele schon in zwei Wochen beginnen. Da | |
bleibt nicht allzu viel Zeit, den russischen Doping-Skandal ausführlich zu | |
diskutieren. Darauf jedenfalls scheint das Olympischen Komitee (IOC) zu | |
bauen: Eigentlich hatte das Komitee unter Führung von Präsident Thomas Bach | |
schon am Dienstag eine Entscheidung über die angekündigten „härtesten | |
Sanktionen“ gegen Russland treffen wollen. | |
Aus den Sanktionen sind jetzt aber eher Sanktiönchen geworden, und die | |
Entscheidung über einen kompletten Olympia-Ausschluss Russlands ist | |
vertagt. Das IOC will erst das heutige Urteil des Internationalen | |
Sportgerichtshofs Cas abwarten. Was bedeutet: Ein Ausschluss Russlands ist | |
unwahrscheinlich. | |
Seit dem Report der Welt-Anti-Doping-Organisation (Wada) am Montag, der | |
staatlich gelenktes Doping in massivem Ausmaß seit mindestens 2011 in | |
Russland belegte, ist die Interessenlage rund um einen Ausschluss der | |
russischen Athleten um einiges komplizierter geworden. Die Wada fordert das | |
IOC auf, die Russen komplett zu sperren; auch diverse nationale | |
Anti-Doping-Agenturen, unter anderem die deutsche Nada, unterstützen das | |
Ansinnen. | |
Doch während die Agenturen den Druck erhöhen, versucht das IOC, auf Zeit zu | |
spielen. Die einflussreichen Russen will man offenbar nicht verprellen; | |
IOC-Präsident Thomas Bach soll gut mit Staatspräsident Putin können. Jetzt | |
spielt das Olympische Komitee den Ball erst mal zum Cas zurück. | |
Nur ein paar kleine Maßnahmen hat das Komitee angekündigt: Unter anderem | |
sollen vorerst keine IOC-Veranstaltungen mehr in Russland organisiert | |
werden. Allerdings ist „vorerst“ ein ziemlich interpretierbares Wort, und | |
auf welchen Zeitraum es sich konkret bezieht, bleibt offen. Darüber hinaus | |
werden Mitglieder des russischen Sportministeriums keine Akkreditierung zu | |
den Olympischen Spielen in Rio erhalten. | |
Das ist zwar ein Zeichen, war allerdings auch schon billigend von den | |
Russen einkalkuliert worden: „Wenn es nötig ist, werden wir nur die | |
Sportler und ihre Trainer nach Rio schicken“, so der umstrittene russische | |
Sportminister Witali Mutko, der laut Wada-Bericht selbst massiv ins | |
Dopingsystem verwickelt ist. | |
## Entscheidung im Sinne der guten politsichen Kontakte | |
Die wirklich interessante Frage, nämlich, ob russische Athleten in einer | |
Art Kollektivstrafe für Rio gesperrt werden, bleibt derweil vom IOC | |
unangetastet. Eine neutrale Abwägung, wie gerecht oder ungerecht diese | |
Kollektivstrafe wäre, darf man auch weder von den Befürwortern noch von den | |
Gegnern erwarten – zu viele politische Eigeninteressen stehen im Raum. | |
Die nationalen Anti-Doping-Behörden, allen voran die US-amerikanische | |
Usada, forcieren massiv das Image von Russland als Bösewicht und forderten | |
den kompletten Ausschluss schon, bevor der Wada-Bericht überhaupt | |
veröffentlicht war. Dass von einer solchen Maßnahme auch saubere Sportler | |
getroffen werden, wird sich kaum verhindern lassen. | |
Das IOC hingegen hat sich von vornherein gegen einen Ausschluss Russlands | |
gestellt und dabei auch eher absurde Argumente wie Vorverurteilung zu Hilfe | |
gezogen. Patrick Hickey, Präsident des Europäischen Olympischen Komitees, | |
sagte noch am vergangenen Wochenende, er sei „schockiert und besorgt“, dass | |
man Russland verurteile, ohne irgendwelche Beweise zu haben. | |
Auch nach dem Wada-Bericht wird das IOC im Sinne der guten politischen | |
Kontakte kaum gegen Russland entscheiden. Während das Komitee in anderen | |
Disziplinen wie etwa Gewichtheben oder Kanu kein Problem hatte, ganze | |
Länder wegen systematischen Dopings für die Spiele zu sperren, wird im | |
Falle der Russen offenbar mit anderem Maß gemessen. | |
Nun mischt sich in die Gemengelage auch noch die Ethikkommission des | |
Weltfußball-Verbandes Fifa ein. Die Untersuchungskammer der | |
Fifa-Ethikkommission wolle den Wada-Bericht prüfen und „geeignete Maßnahmen | |
ergreifen“, sollte der Bericht Verstöße gegen das Ethikreglement aufzeigen, | |
teilte die Kommission mit. Dabei dürfte es vor allem um Sportminister Mutko | |
gehen. | |
Der nämlich ist auch Präsident des russischen Fußballverbands und sitzt | |
nebenbei im Fifa Council. Laut Wada-Bericht soll Mutko mindestens eine | |
positive Dopingprobe eines Fußballers in der russischen Liga vertuscht | |
haben. Nun droht ihm möglicherweise der Fifa-Ausschluss. | |
Auf die Ausrichtung der WM 2018 wird der Skandal aber wohl keine Auswirkung | |
haben. Denn Fußball, klar, ist ja nicht Wintersport. | |
21 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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