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# taz.de -- Türkische Journalistin untergetaucht: Zu kritisch für Erdoğan
> Nachdem die Polizei gewaltsam in ihre Wohnung eindrang, ist die
> Journalistin Arzu Yıldız untergetaucht. Sie fürchtet, gedemütigt zu
> werden.
Bild: Die türkische Journalistin Arzu Yıldız mit ihrer ältesten Tochter
Istanbul taz | Am Montagmorgen gegen 6.00 Uhr klopften vier Zivilpolizisten
an der Wohnungstür von Arzu Yıldız in Ankara. Dann wurde die Tür gewaltsam
geöffnet. Durch Zufall war die Journalistin nicht zu Hause, sondern hatte
mit ihren Kindern bei ihren Eltern übernachtet. Ihre Nachbarn informierten
sie über das Eindringen der Polizei. Seitdem, so berichtet ihre Familie,
ist Arzu Yıldız aus Angst, festgenommen zu werden, zusammen mit ihrem Vater
abgetaucht.
In Deutschland und in der Türkei ist Arzu Yıldız eine bekannte
Journalistin, besonders wegen eines Gerichtsverfahrens im Mai dieses
Jahres. Yıldız war zu 20 Monaten Haft verurteilt worden, weil sie über ein
Ermittlungsverfahren wegen Waffenlieferungen aus der Türkei für Extremisten
in Syrien berichtet hatte.
Wegen Berichten über dieselben Ermittlungen waren auch die
Cumhuriyet-Journalisten Can Dündar und Erdem Gül verurteilt worden. Neben
der 20-monatigen Freiheitsstrafe entzog das Gericht der Journalistin auch
das Sorgerecht für ihre beiden Töchter. [1][Daraufhin hatte Yıldız
angekündigt, das Urteil anzufechten].
Yıldız’ Anwalt Alp Değer Tanrıverdi bestätigt das Eindringen der Polizei.
Er habe mit Yıldız wenige Stunden nach dem Vorfall am Montag gesprochen. Wo
die Journalistin sich zur Zeit aufhält, wisse er nicht, so Tanrıverdi. Sie
sei gegenwärtig nicht zu erreichen. Unklar sei auch, ob sie sich immer noch
in der Türkei oder im Ausland befinde. „Ich weiß es nicht, aber auch wenn
ich es wüsste, könnte ich diese Information am Telefon nicht mitteilen.“
## Angst vor Demütigung
Tanrıverdi betont, das Eindringen der Polizei sei keine unmittelbare Folge
der Verurteilung im Mai. „Den Grund kennen wir nicht, aber es hängt
wahrscheinlich mit dem Putsch zusammen.“ Yıldız habe nichts zu verbergen
und auch keinen Grund abzutauchen. Vielmehr befürchte Yıldız, durch die
Polizei gedemütigt zu werden, so der Anwalt.
„Die letztlich festgenommenen Richter und Staatsanwälte wurden ohne
Bekleidung mit Handschellen gefesselt. Frauen und Männer standen zusammen,
nur in Unterwäsche. Sie wollte nicht auf diese Art und Weise festgenommen
werden.“
Seit dem gescheiterten Militärputsch in der Nacht von Freitag auf Samstag
liegen in der Türkei Festnahmebefehle gegen 2.854 Staatsbeamte vor, denen
vorgeworfen wird, dem Prediger Fethullah Gülen nahezustehen. Präsident
Recep Tayyip Erdoğan macht Gülenisten für den Putschversuch verantwortlich.
Die türkische Presse hatte zuletzt Fotos von festgenommenen hochrangigen
Soldaten in Unterwäsche und Handschellen veröffentlicht.
Yıldız sei keine Gülenistin, sagt ihr Anwalt. Auf der Nachrichtenseite
[2][Haberdar.com], bei der sie als Hauptstadt-Korrespondentin arbeitet,
habe Yıldız den Putsch stark kritisiert. Nach dem 15. Juli sind
Haberdar.com und andere, vor allem regierungskritische Nachrichtenseiten,
gesperrt worden. Tanrıverdi vermutet deshalb, dass Yıldız als
regierungskritische Journalistin und nicht als mutmaßliche Gülen-Anhängerin
festgenommen werden sollte.
20 Jul 2016
## LINKS
[1] /Druck-auf-Journalisten-in-der-Tuerkei/!5304438/
[2] http://www.haberdar.com/
## AUTOREN
Eren Caylan
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