# taz.de -- Pokémon holt GamerInnen ins Real Life: Monster in der Innenstadt | |
> Virtuell und draußen: Pokémon Go bringt StubenhockerInnen an die frische | |
> Luft. Und verbindet Smartphone- und reale Welt. | |
Bild: Pokémon-Go-SpielerInnen kommen sich näher während einer Release-Party … | |
Sie nennen sich Trainer, aber ihr Sportgerät ist erst mal nur ein | |
Smartphone: die Pokémon-Go-Spieler. Seit gut einer Woche ist die App auch | |
in offiziell Deutschland verfügbar – und enorm erfolgreich. Vielleicht, | |
weil sie einem Traum nahe kommt, der wahr wird: „Alle wollten als Kinder | |
Pokémon Trainer sein“, sagt Alex Hagen, 18 Jahre alt und ein begeisterter | |
Spieler. „Jetzt ist es endlich möglich, Pokémon in der eigenen Umgebung zu | |
sammeln.“ | |
Alex ist mit einer Freundin zum Hamburger Hauptbahnhof gekommen. Pünktlich | |
um 19 Uhr, den Rucksack auf und das Handy in der Hand, sind die beiden | |
bereit für die Jagd nach kleinen Monstern. So wie ungefähr 200 weitere | |
Menschen – die Teilnehmer der ersten Nachtwanderung von „Pokémon Go | |
Hamburg“. | |
So heißt eine [1][erfolgreiche Facebook-Gruppe] – mehr als 4600 Likes –, | |
die die Veranstaltung online veröffentlicht hat. Dort, im sozialen | |
Netzwerk, hatten sich mehr als 2.500 UserInnen „interessiert“ gezeigt, | |
ungefähr 700 kündigten ihre Teilnahme an. An diesem Abend aber haben sie es | |
dann doch nicht alle in die Hamburger Innenstadt geschafft. | |
Aber es sind genügend von ihnen gekommen, um den Platz zu füllen, zwischen | |
U-Bahn-Eingang und Elektronik-Kaufhaus. Kinder fahren mit ihren Rollern hin | |
und her, ältere Jungs sitzen im Kreis da und trinken Bier, und noch Ältere | |
scheinen Angestellte zu sein, die direkt von der Arbeit hergekommen sind. | |
## „Powerbank“ gehört zur Standardausrüstung | |
Was diese vielfältige Mischung miteinander verbindet: der Blick auf das | |
Handy – wenn nicht unablässig-starr, dann doch spätestens alle paar | |
Minuten. Während die Spieler auf den Beginn des kollektiven Spaziergangs | |
warten, bekunden vorbei kommende Fußgänger ihr Unverständnis. Manche auch | |
ihre Genervtheit wegen der Menschenmenge, deren Treiben so unklar scheint. | |
Das Spiel selbst dreht sich hauptsächlich ums Sammeln der Pokémon. Der | |
Nutzer hat einen eigenen Avatar, mit dem er sie finden und einfangen muss. | |
Das Wichtigste ist eine Internetverbindung und GPS. Ach, ja: Ein externer | |
Akku, eine „Powerbank“, für das Handy gehört unbedingt zur | |
GamerInnen-Ausrüstung – das Spiel fordert eine Akkuladung nach der | |
nächsten. | |
Die Karte, auf der man sich bewegen kann, stellt die äußere Realität dar. | |
Sie ist theoretisch für ganz Deutschland verfügbar, die erfolgreiche App | |
ist eine nationale Version des Spieles, das an sich international ist. Und | |
ein internationaler Erfolg: Pokémon Go hat den Hersteller Nintendo in | |
kurzer Zeit erfolgreicher gemacht als den Elektronikriesen Sony, zumindest | |
im Börsenwert. | |
Zurück zur Karte: Man kann zwei verschiedene Darstellungen auf dem | |
Handybildschirm anschauen. Eine davon ist traditionell, eine stilisierte | |
Lage-Karte. Die andere unterstreicht dagegen die Besonderheit des jungen | |
Spiels: Man beobachtet durch die Handykamera die Umgebung, und auf dem | |
Bildschirm treten in der echten Umwelt plötzlich Pokémon auf. | |
## Wer Pokémons fangen will, muss sich bewegen | |
Fangen lassen sich diese virtuellen Tierchen mit Pokebällen. Die sind das | |
wesentliche Item der Begierde, das man bei den sogenannten Pokéstops, an | |
Sehenswürdigkeiten und ähnlichem auf der Karte verstreut, bekommen kann. | |
Man kann Items bezahlen, muss man aber nicht. Eine wirkliche Bedingung zum | |
Spielen stellt der Bewegungsfaktor dar: Als hätten Jahrzehnte klagender | |
Eltern – „geh doch mal an die frische Luft“ – ihren Niederschlag gefund… | |
Wer die virtuellen Figuren fangen will, muss nämlich nah an sie heran. | |
Nach einer halben Stunde sind nun auch die etwa 200 Spieler unweit des | |
Hauptbahnhofs aufgebrochen. Die Wanderung führt durch eine | |
Haupt-Einkaufsstraße zum Rathaus, dann Richtung Alster und schließlich bis | |
in den Park „Planten un Blomen“. Was auch eine Art touristische | |
Stadtführungsstrecke sein könnte, gibt manchem Gelegenheit, die eigene | |
Stadt wieder zu entdecken. „Ansonsten wäre niemand von uns jetzt hier“, | |
sagt ein Teilnehmer um die 20 auf dem Rathausmarkt. | |
Bis Mitternacht soll die Wanderung gehen. Einige Teilnehmer sind aber schon | |
länger unterwegs: Steffen Falk etwa, der seinen freien Tag zum Spielen | |
nutzt. Mittags habe er angefangen, sagt er, „bin heute schon elf Kilometer | |
gelaufen“. Und: „Normalerweise mache ich keinen Sport. Es ist schon | |
überraschend, dass ich nicht zu Hause bin.“ | |
## Die Server sind oft überlastet | |
Einen besonderen Reiz bekommen solche Veranstaltungen wegen der erhofften | |
Anwesenheit besonderer Monster, der sogenannten legendären Pokémon. Sie | |
haben bessere oder stärker ausgeprägte Eigenschaften und wurden bisher noch | |
nicht gefunden. Je mehr Erfahrungspunkte wiederum ein Spieler hat, desto | |
stärker ist er. Das ist vor allem dann wichtig, wenn die Spieler | |
gegeneinander kämpfen. | |
Solche Gefechte können aber nur an besonderen Orten stattfinden, den | |
Arenen. Diese Auseinandersetzungen sind die einzige Art von Interaktion, | |
die das Spiel den Nutzern derzeit anbietet: „Es fehlt die Möglichkeit jeder | |
Art Austausch zwischen den Spielern“, sagt beispielsweise Marianna | |
Höfeneder. Sie wünscht sich, dass die App verbessert wird, sodass man zum | |
Beispiel mit anderen Spielern Pokémon tauschen kann. | |
Andere murren über die Technik: Die Server seien zu langsam, funktionierten | |
manchmal gar nicht. „Letztens konnte ich für einen ganzen Tag überhaupt | |
nicht rein“, erzählt auch Alex Hagen. Der Grund könnte im überraschenden | |
Erfolg der Draußen-App liegen: zu viele Nutzer. | |
20 Jul 2016 | |
## LINKS | |
[1] https://www.facebook.com/PokeGoHamburg/ | |
## AUTOREN | |
Anna Dotti | |
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