# taz.de -- AKW-Abschaltungen nach Fukushima: Kein Schadenersatz für Eon | |
> Nach Fukushima musste Eon zwei AKW zeitweise vom Netz nehmen. Das kostete | |
> hunderte Millionen Euro, die der Konzern nun zurückhaben will. Ein | |
> Gericht wies das ab. | |
Bild: Lieferte drei Monate lang keinen Profit: Eon-Atomkraftwerk Isar | |
HANNOVER dpa | Der Energiekonzern Eon hat trotz der Zwangspause zweier | |
Atommeiler nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima keinen Anspruch auf | |
Schadenersatz. [1][Das Landgericht Hannover] wies am Montag eine Klage über | |
rund 380 Millionen Euro ab. Zur Begründung hieß es, dass der Energiekonzern | |
gegen den damaligen Verwaltungsakt vor ein Verwaltungsgericht hätte ziehen | |
müssen. | |
Da diese Anfechtung ausblieb, sah sich das Landgericht nicht veranlasst, | |
über Schadenersatzfragen inhaltlich zu entscheiden. Denn eine | |
Schadenersatzpflicht entfalle, „wenn der Verletzte vorsätzlich oder | |
fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels | |
abzuwenden“. | |
Im Kern folgte die 19. Zivilkammer unter Vorsitz von Martin Schulz damit | |
dieser Linie: Eon habe damals nicht das Naheliegende versucht, nämlich vor | |
das Verwaltungsgericht zu ziehen, und dürfe sich daher über die Folgen im | |
Nachhinein auch nicht beschweren. Ein Sprecher des Eon-Konzerns sagte: „Wir | |
prüfen die Entscheidung des Gerichts.“ Eon sehe seinen verlangten | |
Schadenersatzanspruch im Einklang mit der höchstrichterlichen | |
Rechtssprechung am Bundesgerichtshof BGH, daher sei „eine | |
Berufungseinlegung wahrscheinlich“, teilte er mit. | |
Im März 2011 hatte die Politik unter dem Eindruck des Reaktorunglücks an | |
der japanischen Ostküste sieben deutsche Meiler herunterfahren lassen. Nach | |
dem dreimonatigen Moratorium folgte die Änderung des Atomgesetzes mit dem | |
endgültigen Aus für zunächst acht Kraftwerke und dem Ausstiegsszenario für | |
die übrigen Anlagen bis Ende 2022. | |
Geklagt in Hannover hatte die inzwischen in PreussenElektra umbenannte | |
Tochter Eon Kernkraft GmbH. Sie wandte sich gegen die von Bayern und | |
Niedersachsen 2011 verhängte vorübergehende Betriebseinstellung der | |
Atomkraftwerke Isar 1 und Unterweser. In der Klage ging es um Ansprüche | |
gegen Bayern, Niedersachsen und die Bundesrepublik. | |
## Zumutbarer Gang zum Gericht | |
Das Urteil des Gerichts steht vor dem Hintergrund einer politischen | |
Gemengelage über das Für und Wider und die Sicherheit der Atomkraft. Die | |
Kammer argumentiert, dass Eon die aufschiebende Wirkung mit dem Gang zum | |
Verwaltungsgericht durchaus zumutbar gewesen sei: „Für die betroffenen | |
Kernkraftwerke lagen Betriebsgenehmigungen vor.“ Erst kurz vor der | |
Fukushima-Katastrophe sei eine Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke | |
beschlossen worden. „Die Klägerin trägt zudem selbst vor, die Situation der | |
deutschen Kernkraftwerke sei mit der in Japan nicht vergleichbar.“ | |
Die Kammer ließ daher auch das Argument nicht gelten, dass der öffentliche | |
Druck damals zu groß gewesen sei, um ein Weiterlaufen der Meiler | |
durchzuziehen. Atomkraft sei in Deutschland schon immer umstritten, was Eon | |
auch gewusst habe. | |
Eon dagegen sieht sich bei Isar 1 und Unterweser enteignet und verlangt | |
daher eine Entschädigung. „Ich erwarte Gerechtigkeit“, hatte Konzernchef | |
Johannes Teyssen im Frühjahr zu den Atomklagen bei der Vorlage seiner | |
Jahreszahlen gesagt. Diese waren – nicht zuletzt wegen der Folgen der | |
Energiewende – tiefrot. Die deutschen Energiekonzerne kämpfen seit dem | |
Start des Atomausstiegs um neue Geschäftsmodelle. | |
4 Jul 2016 | |
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erreicht. |