| # taz.de -- Berliner CDU interpretiert Gewaltstatistik: Ganz große Nummer | |
| > Laut Frank Henkel ist die Gefahr, Opfer einer Gewalttat zu werden, unter | |
| > seiner Regentschaft um die Hälfte gesunken. Das stimmt so nicht. | |
| Bild: Starke Zahl, leicht übertrieben: screenshot der CDU-Wahlkampfseite „st… | |
| Berlin taz | Die führenden CDU-Innenpolitiker haben offenbar zunehmend | |
| Probleme mit Prozentzahlen. [1][Erst kürzlich] hatte Bundesinnenminister | |
| Thomas de Maiziere zugeben müssen, dass Zahlen über die Krankschreibung von | |
| Flüchtlingen völlig aus der Luft gegriffen hatte. Nun hat auch Frank | |
| Henkel, Berlins Innensenator und CDU-Spitzenkandidat für die | |
| Abgeordnetenhauswahl im September, sein Prozentproblem. Wie sich in der | |
| Juni-Ausgabe des Polittalks [2][Brinkmann & Asmuth auf tv.berlin] | |
| herausstellte, hat Henkel bei seiner politischen Eigenbilanz maßlos | |
| übertrieben. | |
| Auf der CDU-[3][Wahlkampfhomepage Starkes Berlin] heißt es zum [4][Thema | |
| „Sicher Leben“]: „Seit die CDU in Berlin mitregiert, ist unsere Stadt | |
| sicherer geworden.“ Und weiter: „Um knapp 50 Prozent ist die | |
| Wahrscheinlichkeit gesunken, Opfer einer Gewalttat zu werden.“ | |
| Von taz-Redakteur Gereon Asmuth, einem der beiden Moderatoren der | |
| monatlichen TV-Talksendung, darauf angesprochen, machte sich Henkel die | |
| Zahl zu eigen. „Das sagt die [5][Polizeiliche Kriminalstatistik], das ist | |
| so“, erklärte der Innensenator. | |
| Dort aber stehen ganz andere Zahlen, wie Asmuth im Folgenden darlegte. Zwar | |
| ist die Zahl der Gewaltdelikte in Berlin tatsächlich zurückgegangen. So gab | |
| es im Jahr 2015 rund 12 Prozent weniger Morde als im Jahr 2011, als Henkel | |
| Innensenator wurde. Ähnlich stark sank die Fallzahl im Bereich Raub. | |
| Rohheitsdelikte und Körperverletzungen gingen laut Kriminalstatistik aber | |
| lediglich um 3 bis 4 Prozent zurück. Straftaten gegen sie sexuelle | |
| Selbstbestimmung nahmen sogar um ein Prozent zu. | |
| Die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Gewalttat zu werden, wird in der | |
| Kriminalstatistik mit der sogenannten Bevölkerungsgefährdungszahl gemessen. | |
| Sie gibt an, wie viele Menschen pro 100.000 Einwohner einer Stadt binnen | |
| eines Jahres Opfer einer Gewalttat werden. Sie lag 2015 bei 2.217 und damit | |
| immerhin auch 7 Prozent unter dem Niveau von 2011. | |
| All das seien eigentlich auch keine schlechten Zahlen für die Bilanz eines | |
| Innensenators, betonte Moderator Asmuth. Allerdings sind sie weit entfernt | |
| von den 50 Prozent, für die sich die CDU feiert. Warum Henkel und seine | |
| Partei bei ihrer Wahlkampagne dennoch um etwa das Siebenfache übertreiben, | |
| konnte Henkel in der Sendung nicht beantworten: „Das muss ich nachliefern“. | |
| Eine Erklärung für die Diskrepanz kommt später von Stefan Sukale, dem | |
| Sprecher des Innensenators. Die Zahl 50 Prozent sei nicht neu, betont | |
| Sukale, die habe Henkel schon bei der Vorstellung der Kriminalstatistik im | |
| Februar präsentiert. Tatsächlich wurde Henkel damals von der | |
| Nachrichtenagentur dpa mit dem Satz zitiert, „die Wahrscheinlichkeit, Opfer | |
| einer Gewalttat zu werden, hat sich gegenüber dem Jahr 2007 praktisch | |
| halbiert“. Henkel wurde aber erst Ende 2011 Innensenator. Die Hälfte des | |
| Rückgangs könnte sich also sein Amtsvorgänger Ehrhart Körting (SPD) zugute | |
| schreiben. | |
| Zudem, gibt Sukale zu, ist nicht für alle Berliner die Gefahr gesunken, | |
| Opfer einer Gewalttat zu werden, sondern lediglich für die unter | |
| 21-Jährigen. Bei denen ging die BGS tatsächlich um etwa 45 Prozent zurück. | |
| Aber auch nur, wenn man auch hier bis zum Höchststand im Jahr 2007 | |
| zurückrechnet. Seither fällt die Zahl nahezu kontinuierlich, völlig | |
| unabhängig davon, ob der Innensenator von der CDU oder von der SPD gestellt | |
| wurde. | |
| Gina Schmelter, Sprecherin des CDU-Landesverbandes, gesteht schließlich den | |
| Fehler ein. „Wir waren da unpräzise“, sagt Schmelter. Der Zahl auf der | |
| Homepage werde schnellstmöglich geändert. | |
| 29 Jun 2016 | |
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| [5] https://www.berlin.de/polizei/verschiedenes/polizeiliche-kriminalstatistik/ | |
| ## AUTOREN | |
| Bert Schulz | |
| Gereon Asmuth | |
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