Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Urteil im Mordfall Luke Holland: Kein Nazi, nur Hitlerbüste
> Elf Jahre muss der Mörder des 31-jährigen Briten Luke Holland in Haft.
> Rassismus konnte das Gericht bei der Tat allerdings nicht erkennen.
Bild: Frage zum ungeklärten Mord an Burak B., der ebenfalls in Neukölln ersch…
Elf Jahre und sieben Monaten Haft: So lautet das Urteil, das das
Berliner Landgericht am Montag über Rolf Z. verhängte. Das Gericht
befand den 63-Jährigen für schuldig, am Morgen des 20. September 2015
den damals 31-jährigen Briten Luke Holland vor einer Bar in Neukölln
mit einer Schrotflinte erschossen zu haben: ohne vorher in
irgendeiner Weise zu dem Getöteten in Beziehung gestanden oder auch
nur mit ihm kommuniziert zu haben.
Nicht nur wegen dieses fehlenden Tatmotivs hatte der Fall Aufsehen erregt.
Z.s Name war auch bei den Ermittlungen um einen anderen, bis heute
ungeklärten Mord aufgetaucht: dem an Burak B., der am 5. April 2012 mit 22
Jahren ebenfalls in Neukölln und ebenfalls am frühen Morgen auf offener
Straße erschossen worden war. Auch hier war der Tat keinerlei Kontakt
zwischen Täter und Opfer vorausgegangen.
Im Mordfall Holland hatten Z. und Holland zwar die gleiche Bar besucht.
Dort – in seiner ehemaligen Stammkneipe, die früher vor allem von Rockern,
seit einem Besitzerwechsel gerne von englisch- und spanischsprachigen
Studierenden frequentiert wurde – war der Täter bereits als starker
Trinker und aggressiv aufgefallen. Zu seinem späteren Opfer hatte
er allerdings weder in der Tatnacht noch zuvor jemals Kontakt.
Er habe ihren Sohn erschossen, weil der vor der Bar in englischer
Sprache telefoniert habe, sind die Eltern des Getöteten und ihre
Nebenklageanwälte überzeugt. Sie hatten lebenslänglich gefordert. In
der Wohnung des Täters waren neben Waffen Nazidevotionalien wie
eine Hitlerbüste gefunden worden. Die Hollands hatten deshalb im
Prozess gegen Z. verlangt, Zeugen aus dem persönlichen Umfeld des
Angeklagten auch zu möglichem Wissen bezüglich des Mordes an B. zu
befragen. Auch im Falle von dessen Tötung halten die in der „Initiative für
die Aufklärung des Mordes an Burak B.“ organisierten UnterstützerInnen der
Familie B. ein rassistisches Tatmotiv für denkbar.
Rassismus als Tatmotiv konnte das Gericht jedoch nicht erkennen. Dass
jemand Nazidevotionalien sammele, mache ihn noch nicht zum Nazi, und dass
Rolf Z., wie Zeugen berichtet hatten, darüber klagte, dass in dem Lokal,
vor dem der Mord geschah, „nur noch Englisch und Spanisch gesprochen“
werde, bedeute nicht, dass er deshalb töten würde, so das Gericht.
„Wir sind enttäuscht“, sagte der Vater des Opfers nach der
Urteilsverkündung: Man könne auch „Rassist sein, ohne Nazi zu sein“. Für
sie gebe es „nur noch Erinnerungen, keine Zukunft“ nach dem Tod ihres
einzigen Sohnes, hatte Mutter Rita Holland in einer Erklärung zum
Prozessende gesagt. Z. kann gegen das Urteil Berufung einlegen, sie würden
mit ihrem Mandanten besprechen, ob sie das täten, sagten seine Anwälte.
Die „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak B.“ will mit
Veranstaltungen wie der seit Jahren monatlich stattfindenden Mahnwache
darauf drängen, dass auch in diesem Mordfall weiter ermittelt wird.
11 Jul 2016
## AUTOREN
Alke Wierth
## TAGS
Burak B.
Justiz
Berlin-Neukölln
Rechter Terror in Berlin-Neukölln
Burak Bektas
Burak Bektas
Wochenvorschau
Burak Bektas
Burak B.
Burak B.
Burak B.
Schwerpunkt Rassismus
Berlin-Neukölln
Polizei
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neukölln-Untersuchungsausschuss: Keine Akten für Aufklärung?
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum rechtsextremen
Neukölln-Komplex klagt nun auf die Freigabe von Ermittlungsakten. Die Zeit
drängt.
Mordopfer in Neukölln: Eine Skulptur für Burak Bektaş
Offenbar gibt es neue Indizien für eine Verbindung zwischen einem
Rechtsradikalen und dem Mord an Bektaş. Gedenkskulptur wird Sonntag
eingeweiht.
Unaufgeklärter Mord an Burak Bektaş: Der Täter kam aus dem Nichts
2012 wird Burak Bektaş in Berlin-Neukölln erschossen. Fünf Jahre danach ist
der Mord ungeklärt. Stecken Nazis hinter der Tat? Eine Spurensuche.
Wochenvorschau von Anna Klöpper: Wink mit goldenem Zaunpfahl
Das Urteil im Raser-Prozess, das Gedenken an den in Neukölln getöteten
Burak Bektas – das erwartet uns diese Woche in Berlin.
Gedenkort für Burak Bektas: Initiative sammelt Geld
Ein Platz in Neukölln soll an den ermordeten Burak Bektaș erinnern. Das
Bezirksparlament will dazu im Dezember einen Beschluss fassen.
Gedenken an Burak Bektaș: Die Nazis vor Augen
Eine Kundgebung gegen Nazis in Neukölln wird von einer Kundgebung für einen
verstorbenen NPDler flankiert. Die Polizei sieht da kein Problem.
Das war die Woche in Berlin I: Sehschwäche auf rechtem Auge
Wegen Mordes an Luke Holland wurde Rolf Z. zu einer Haftstrafe von elf
Jahren und sieben Monaten verurteilt. War Z. ein Rassist?
Gedenkort für Burak Bektaş: Neukölln mit Erinnerungsproblemen
Eine Initiative will einen Gedenkort für den ermordeten Burak Bektaş
einrichten. Die Neuköllner Politik hadert mit der antirassistischen
Ausrichtung des Mahnmals.
Vierter Todestag Burak Bektaş: Zwei Morde, viele Parallelen
300 DemonstrantInnen gedenken Burak Bektaş. Parallelen zum Mordfall Luke
Holland verleihen der Forderung nach Aufklärung neuen Schwung.
Mordfall Burak Bektaş in Berlin: Justiz soll nach rechts schauen
Die Initiative für die Aufklärung des Falls Burak Bektaş fordert neue
Ermittlungen: Senat und Bundestag erhalten zahlreiche Anfragen.
Polizei in Berlin: „Wir haben Vertrauen verloren“
Der NSU-Skandal war eine „schmähliche Niederlage“, sagt Berlins
Staatsschutzchef Oliver Stepien und will daraus Lehren für die
Polizeiarbeit ziehen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.