# taz.de -- Die AfD und der Antisemitismus: Sagbar? Unsäglich! | |
> Eigentlich hatte Jörg Meuthen gedroht, die Partei zu verlassen, wenn | |
> Wolgang Gedeon Abgeordneter bleibt. Doch er hat das Schönreden gelernt. | |
Bild: Jörg Meuthen während der konstituierenden Sitzung des baden-württember… | |
Was wollten die AfD-PolitikerInnen nicht alles anders machen: Klartext | |
sprechen, konsequent sein, nicht halbwahres Zeug daher reden, weil es | |
irgendwelche machtstrategischen Zwänge gibt – so wie sie es den | |
VertreterInnen der von ihnen abwertend genannten „Altparteien“ nachsagen. | |
Jörg Meuthen, Bundesvorsitzender der AfD und Stuttgarter Fraktionschef, ist | |
noch nicht lange in der Politik. Das Umdeuten eigener Niederlagen und das | |
Schönreden skandalöser Beschlüsse aber hat der Wirtschaftsprofessor im | |
Rekordtempo gelernt. Und am Dienstag so dreist vorgetragen, dass es einen | |
schütteln kann. | |
Meuthen hatte angedroht, die AfD Fraktion zu verlassen, sollte der wegen | |
„glasklar antisemitischer Äußerungen“ (O-Ton Meuthen) in der Kritik | |
stehende Abgeordnete Wolfgang Gedeon nicht aus der Fraktion ausgeschlossen | |
werden. | |
Den Fraktionsvorsitz müsste Meuthen dann auch abgeben, ob er Bundeschef | |
bleiben könnte, ist fraglich. Die für den Ausschluss notwendige | |
Zwei-Drittel-Mehrheit seiner Fraktion bekam er nicht. | |
## Meuthen ist gescheitert | |
Heißt erstens: Meuthen ist gescheitert. Und zweitens: Mindestens ein | |
Drittel der Fraktion ist bereit, Antisemitismus in den eigenen Reihen zu | |
dulden, was schon ein Skandal ist. | |
Meuthens Konsequenzen: keine. Stattdessen ließ er sich auf einen | |
unsäglichen Kompromiss ein: Eine Kommission soll darüber befinden, ob | |
Gedeons Aussagen wirklich antisemitisch seien. | |
Damit lässt er zu, dass es diskutabel wird, um nur ein Beispiel zu nennen, | |
ob die eindeutig antisemitische Propagandaschrift „Protokolle der Weisen | |
von Zion“ – die vorgibt, die geheimen Dokumente eines Treffens von | |
jüdischen Weltverschwörern zu sein – wirklich eine Fälschung sind. Genau | |
das zweifelt Gedeon nämlich an und bedient damit antisemitisches | |
Verschwörungsdenken. | |
## Was kommt als nächstes? | |
Damit hat die AfD ein letztes Tabu gebrochen, was bislang selbst bei den | |
Rechtspopulisten galt: offener Judenhass wird nicht geduldet. Die Grenze, | |
was sagbar ist, wird wieder ein bisschen weiter nach rechts verschoben. | |
Was kommt als nächstes? Dass man darüber sprechen dürfen muss, ob es den | |
Holocaust wirklich gegeben hat? Wenn das so weiter geht, wird die AfD doch | |
zum Fall für den Verfassungsschutz. Um Posten und Einfluss zu behalten, | |
macht Meuthen dabei mit. | |
24 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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