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# taz.de -- Verbreitung von Virusinfektionen: Mach die Mücke!
> Wer weit reist, ist gegen einige Mitbringsel nicht gefeit.
> Umweltverschmutzung und Erderwärmung tragen zur Ausbreitung von
> Virenträgern bei.
Bild: Skulptur der Zickamücke in Sao Paulo. Ein Werk des Künstlers Andre Fark…
Es fing am Freitag in der ersten Maiwoche vor zwei Jahren an. Beim
Aufschlagen der Bettdecke schmerzte der rechte Arm. Der Schlaf in der Nacht
wurde zur Scheidewand zwischen vorher und nachher, gesund und krank. Der
Versuch, am anderen Morgen ins Bad zu gehen, wurde zur Tortur. Die
Fußsohlen schmerzten bestialisch, an gehen nicht zu denken. Seit dem
vergeht kein Tag ohne Gliederschmerzen. Medikamentierung gibt es nur gegen
die schmerzhaften Gelenkschwellungen und Bewegungseinschränkungen, die
symptomatisch an rheumatische Erkrankungen erinnern. „Chikungunya“ – die
Symptome waren überdeutlich.
Mich hatte eine nur wenige Millimeter größe Aedes albopictus, Asiatische
Tigermücke genannt, gestochen und mit dem Chikungunya-Virus infiziert,
wurde später serologisch festgestellt. Rund 550.000 Menschen wurden allein
in der Dominikanischen Republik angesteckt, in der Karibik und Zentral- und
Lateinamerika registrierte man 2014 fast eine Millionen Erkrankungen. Das
Robert-Koch-Institut stellte in diesem Jahr 162 Chikungunya-Fälle bei
Deutschen fest. Die Erkrankten hatten sich diese Infektion bei
Auslandsreisen eingefangen, die meisten in der Dominikanischen Republik.
„Bekannt ist die Virenerkrankung aus Ost- und Südafrika. Der Begriff
„Chikungunya“ ist Makonde, die Sprache eines Bantuvolks, und bedeutet „der
gekrümmt Gehende“. Im deutschsprachigen Bereich hat sich unter
Wissenschaftlern der Name „gebeugter Mann“ durchgesetzt.
Wie das Chikungunya-Virus in die Karibik gekommen ist, haben die
Epidemiologen noch nicht herausgefunden. Der erste Fall wurde im Herbst
2013 auf der niederländischen Karibikinsel St. Marteen registriert.
Chikungunya ist seitdem im lateinamerikanischen und karibischen Raum
endemisch. Und hat inzwischen eine Nachfolgerin gefunden.
## Zika und der Horror
Seit 2015 sorgt auf dem amerikanischen Kontinent eine Aedes-Stechmücke für
Horror, die nicht nur Gelbfieber, sondern auch das Zikavirus überträgt.
Hautausschlag, Bindehautentzündung, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen
sowie häufig Fieber sind die Folgen, unter denen besonders im Olympialand
Brasilien die Menschen leiden. Eine Katastrophe für Schwangere: Bei Föten
im Mutterleib kann das Virus Hirnfehlbildungen verursachen.
Dem Robert Koch-Institut in Berlin, in dem Tropenkrankheiten registriert
werden, sind seit der Ausbreitung des Zikavirus in Lateinamerika „einige
Dutzend Erkrankungen übermittelt worden“. Erst seit Mai 2016 besteht eine
Registrierungspflicht. Besonders die anstehenden Olympischen Spiele im
brasilianischen Rio de Janeiro bereiten den Virologen und Tropenmedizinern
Kopfschmerzen. Denn gegen diese Tropenkrankheiten existieren noch keine
Impfstoffe, mit denen sich Schlachtenbummler und Ferienreisende
immunisieren lassen könnten.
Laut dem Zika-Report der Weltgesundheitsorganisation vom 4. Mai ist der
Krankheitserreger in 57 Ländern und Hoheitsgebieten aktiv, 37 davon auf dem
amerikanischen Doppelkontinent. Brasiliens Gesundheitsbehörde vermeldete in
ihrem jüngsten epidemiologischen Bericht 91.387 Verdachtsfälle im Jahr
2016, ein Drittel davon bereits bestätigt. Mit 25.930 wahrscheinlich auf
das Virus zurückzuführenden Erkrankungen ist das Bundesland Rio de Janeiro
nationaler Spitzenreiter.
„Fernreisetourismus kann dazu führen, dass Krankheiten von einem Ende der
Erde in einen anderen Teil verschleppt werden“, warnt der Berliner
Tropenmediziner Professor Dr. Tomas Jelinek. Der Leiter des Berliner
Centrums für Reise- und Tropenmedizin registriert die Zunahme von
„Krankheiten, wie Zika und Chikungunya, die sich vermehrt weltweit
ausbreiten“ mit Sorge. Es habe sie „in dieser Art und Zahl der
Erkrankungen“ bislang nicht gegeben. Das Erkrankungsrisiko erhöht sich
jedoch nicht nur durch die Reiselust, betonen Jelink und seine Kollegen vom
Centrum für Reisemedizin (CRM). Internationaler Handel, Flugverbindungen
in alle Himmelsrichtungen und vor allem die Umweltverschmutzung und
Erderwärmung haben den Überträgern von Infektionskrankheiten neue
Ansiedlungsgebiete beschert. Die Gemeine Tigermücke hat sich längst in
Europa eingenistet. In Bayern wurde sie identifiziert und in Aachen.
## Auch Viren reisen
„Südeuropa“, sagt Jelinek, „wird vermehrt von Mücken besiedelt, die
verschiedene Krankheiten übertragen.“ Denguefieber in Südfrankreich und
Kroatien, Malaria in Griechenland. Wie schnell es gehen kann, mussten die
Tropenmediziner 2007 in Italien erleben. Ein infizierter Besucher aus
Indien löste in der Region Reggio Emilia eine lokal begrenzte Epidemie aus.
240 Menschen erkrankten, einer starb.
„Dies zeigt das Potenzial“, sagt Jelinek. „Da reicht es in der Tat für d…
Ausbruch einer Vireninfektion, wenn ein Reisender im falschen Moment am
falschen Ort ist und dann von der Mücke erwischt wird.“ Vireninfektionen
oder Darmkrankheiten, das Gefahrpotenzial für Fernreisende ist nicht zu
unterschätzen. Allerdings seien Pauschalurlauber weniger gefährdet als
Rucksacktouristen.
Aber europäischen Standards entsprechende Urlaubsresorts bieten kein
Schutzschild in Ländern, in denen Epidemien grassieren. „Denn Stechmücken
machen vor Resortmauern nicht halt“, warnt Jelinek. „Guter Mückenschutz
rechnet sich!“ – das gilt auch für die Imprägnierung der Reisebekleidung.
3 Jul 2016
## AUTOREN
Hans-Ulrich Dillmann
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Infektion
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Schwerpunkt HIV und Aids
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