# taz.de -- Kabinett diskutiert Teilhabegesetz: Lieben, ohne mitzuhaften | |
> Der Entwurf für das Bundesteilhabegesetz steht. Das Vermögen des Partners | |
> bleibt bei vielen Betroffenen ab dem Jahre 2020 anrechnungsfrei. | |
Bild: Leichte Verbesserungen: vom Gesetz Betroffene demonstrierten am Bundestag… | |
BERLIN taz | Viele Menschen mit Behinderungen sind nicht zufrieden, obwohl | |
der Entwurf zum Bundesteilhabegesetz zuletzt nachgebessert wurde. Am | |
Dienstag will Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) den Entwurf im | |
Kabinett vorstellen. Bei der Anrechnung von Partnereinkommen hat die | |
Ministerin im Vergleich zum Referentenentwurf noch etwas nachgelegt. | |
Das Bundesteilhabegesetz betrifft jene 700.000 Schwerstbehinderten, die | |
sogenannte Eingliederungsleistungen beziehen, also in Werkstätten arbeiten | |
oder von Assistenten bei der Arbeit und in der Freizeit unterstützt werden. | |
Darunter sind auch Menschen, die alleine leben und rundum von Assistenten | |
betreut werden. Die Eingliederungsleistungen kosten Bund, Länder und | |
Gemeinden jährlich 17 Milliarden Euro. | |
Wer Eingliederungsleistungen bezieht, darf laut Kabinettsentwurf ab dem | |
Jahre 2017 ein eigenes Vermögen von rund 27.600 Euro anrechnungsfrei | |
behalten. Der Freibetrag steigt ab dem Jahre 2020 auf 52.600 Euro im Jahr. | |
Einkommen und Vermögen des Partners, die bislang zur Finanzierung mit | |
herangezogen wurden, sind ab dem Jahr 2020 anrechnungsfrei. | |
Ein Problem war bisher die Anrechnung der staatlichen Leistungen bei | |
„Doppelbeziehern“, also Betroffenen, die sowohl Eingliederungshilfe als | |
auch Hilfe zur Pflege bekamen und außerhalb von Heimen lebten. Hier | |
verbesserte Nahles den alten Referentenentwurf: Wer erwerbstätig ist und | |
Eingliederung plus Hilfe zur Pflege bekommt, der darf ab dem Jahr 2020 auch | |
ein Vermögen von 52.600 Euro besitzen, ab dem Jahr 2020 sind zudem das | |
Einkommen und Vermögen des oder der Partnerin anrechnungsfrei. Diese | |
„Doppelbezieher“ machen laut Statistik aber nur 5.000 Personen aus. „Der | |
mit Abstand größte Anteil an Eingliederungshilfebeziehern ist entweder gar | |
nicht erwerbstätig oder arbeitet in einer Werkstatt für behinderte | |
Menschen“, heißt es im Gesetzentwurf. | |
Wer von den Schwerstbehinderten ausschließlich Hilfe zur Pflege bekommt, | |
für den ändern sich die Freibeträge beim Vermögen nicht. Eine komplette | |
Anrechnungsfreiheit bei der Hilfe zur Pflege hätte weitreichende Folgen, da | |
dann auch bei der Pflege älterer Menschen in Heimen das Vermögen ihrer | |
Familien nicht mehr berücksichtigt werden dürfte. | |
Das Bundesteilhabegesetz erlaubt, dass eine Hilfskraft auch mehrere | |
Hilfebedürftige gleichzeitig betreut, was Behindertenverbände kritisieren. | |
„Mir ist wichtig, das Leistungen nicht gepoolt werden“, rügte die | |
Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Verena Bentele. Es könne nicht | |
sein, dass der Träger einen „Ermessensspielraum“ habe, mit dem er sich üb… | |
die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen hinwegsetzen könnte. Die | |
Behindertenverbände hätten gern ein vollständiges Wunsch- und Wahlrecht der | |
Betroffenen für Unterstützungs- und Wohnformen im Gesetz gehabt. | |
Corinna Rüffer, Sprecherin der Grünen für Behindertenpolitik, bemängelte, | |
auch die Nachjustierung habe lediglich „eine kleine Verbesserung“ gebracht, | |
weil das Partner-Vermögen nicht mehr angerechnet werde. Das sei zu wenig. | |
Laut Bundesarbeitsministerium schlagen die Neuregelungen mit Mehrkosten von | |
rund 700 Millionen Euro im Jahr für den Bund zu Buche. | |
28 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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