# taz.de -- Handelte verdeckte Ermittlerin illegal?: In doppelter Mission | |
> Die Enttarnung der verdeckten Ermittlerin Astrid O. in der linken Szene | |
> Hamburgs beschäftigt erstmals das Parlament. Der Senat will schnell ein | |
> neues Gesetz. | |
Bild: Fährt an der Roten Flora nicht nur vorbei: Hamburgs Polizei | |
HAMBURG taz | Die [1][Enttarnung der verdeckten Staatsschutz-Ermittlerin | |
Astrid O.] in der linken Szene Hamburgs – die dritte in eineinhalb Jahren | |
– beschäftigt am Donnerstag erstmals den Innenausschuss der Hamburger | |
Bürgerschaft. Bisher hat es in Senatsantworten nur spärliche Informationen | |
über das Wirken von Astrid O. unter dem Tarnnamen „Astrid Schütt“ gegeben. | |
Deshalb wird mit Spannung erwartet, was Innensenator Andy Grote (SPD) und | |
Polizeipräsident Ralf Meyer preisgeben werden. | |
Fest steht nur, dass das Hamburger Landeskriminalamt Astrid O. vom 1. März | |
2007 bis zum 3. Oktober 2013 offiziell als verdeckte Ermittlerin zur | |
Gefahrenabwehr in der linken Szene eingesetzt hatte. Das hatte der Senat | |
bereits eingeräumt. Ende 2006 war sie im Jugendzentrum Unser Haus im | |
Stadtteil Bergedorf aufgetaucht, um sich über Verbindungen des AntifaCafés | |
im Café Flop in die linke Szene zwecks Infiltrierung einzuschleusen. | |
## Auftrag mit Lücken | |
Da die Polizei ihren sechsjährigen Einsatz im Prinzip jährlich von der | |
Staatsanwaltschaft verlängern oder neu genehmigen lassen musste, es aber | |
Lücken gibt, liegt es auf der Hand, dass „Astrid Schütt“ in dieser Zeit | |
auch als verdeckte Aufklärerin – sogenannte Beamtin für Lagebeurteilung – | |
für das LKA 7 tätig gewesen war. In dieser Eigenschaft hätte sie keine | |
Privatwohnungen betreten dürfen. | |
„Ob zum Beispiel Wohnungen als Beobachterin für Lagebeurteilung betreten | |
wurden, kann weder bestätigt noch dementiert werden“, schreibt der Senat. | |
„Erkenntnisse zu einem Betreten von Räumen, für die ein Betreten aus | |
besonderen gesetzlichen Schutzgründen nicht zulässig gewesen wäre, liegen | |
der Polizei ausgehend von den derzeitigen Informationen nicht vor.“ Es sei | |
daran erinnert, dass die Polizei das Wirken der aufgeflogenen verdeckten | |
Ermittlerin Iris. P. alias „Iris Schneider“ beim linken Radio Freies Sender | |
Kombinat von 2003 bis 2006 anfangs auch bestritten hat. | |
## Berichte für den Verfassungsschutz | |
Zugegeben wird allerdings, dass bei dem Einsatz von Astrid O. gegen das | |
Trennungsgebot von Polizei und Inlandsgeheimdienst verstoßen wurde, indem | |
einzelne Berichte auch dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) zur | |
Verfügung gestellt wurden „Darüber hinaus gab es nach derzeitigem | |
Informationsstand drei Treffen der Beamtin mit Vertretern des LfV Hamburg | |
zu einem allgemeinen Informationsaustausch über Entwicklungen im Bereich | |
Linksextremismus“, räumt der Senat ein. | |
Nach den erfolgreichen Verfassungsbeschwerden gegen das sogenannte | |
Bundeskriminalamtsgesetz hat der rot-grüne Senat nun eiligst eine | |
Gesetzesnovelle zur Revision des CDU-Gesetzes von 2005 zur | |
Datenverarbeitung bei der Polizei (PolDVG) auf die Tagesordnung des | |
Innenausschusses gesetzt. Das soll dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts | |
vom April dieses Jahres zum BKA-Gesetz zur Terrorismusbekämpfung gerecht | |
werden, indem der Einsatz verdeckter ErmittlerInnen – die ja nicht nur in | |
der linken Szene eingesetzt werden – auf eine scheinbar verfassungskonforme | |
Basis gestellt wird. | |
So sollen verdeckte ErmittlerInnen – wie bei der Strafverfolgung – auch zur | |
Gefahrenabwehr nur noch mit richterlicher Anordnung tätig werden dürfen. | |
Anlass soll künftig nur ein „konkretes absehbares Geschehen“ dienen. Es | |
dürfte also nicht mehr über Jahre hinweg ins Blaue hinein ermittelt werden, | |
was schon der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar im | |
Innenausschuss als „unzulässige geheimdienstliche Tätigkeit“ gebrandmarkt | |
hatte. | |
23 Jun 2016 | |
## LINKS | |
[1] /Dritte-verdeckte-Ermittlerin-in-Hamburg/!5301856/ | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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