# taz.de -- Wirtschaftsverhandlungen mit dem Iran: Deckung für Teheran | |
> Die Bundesregierung würde gern für Exporte in den Iran bürgen und so den | |
> Erfolg des Atomabkommens absichern. Doch es gibt noch alte Schulden. | |
Bild: Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee in Isfahan | |
Berlin taz | Der Ramadan beschert Frank-Walter Steinmeier Überstunden. Der | |
Außenminister ist am Mittwoch zu einem Arbeitsessen mit seinem iranischen | |
Amtskollegen Mohammed Sarif verabredet. Weil der Iraner fastet, beginnt der | |
Termin erst nach Sonnenuntergang. Und weil es viel zu besprechen gibt, | |
werden die beiden vor Mitternacht kaum fertig sein. | |
Nach dem Ende der Atomsanktionen bemüht sich Steinmeier, die Beziehungen | |
zum Iran auf allen Ebenen wiederzubeleben – „politisch und wirtschaftlich | |
genauso wie kulturell und zwischengesellschaftlich“, heißt es aus seinem | |
Ministerium. Dazu gehöre auch, „dass die Probleme, die aus der schwierigen | |
Vergangenheit herrühren und einer Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen | |
im Wege stehen, jetzt schnell ausgeräumt werden“. | |
Dass das Auswärtige Amt zur Eile drängt, kommt nicht von ungefähr: Im | |
vergangenen Jahr hatte Präsident Rohani nach langen Verhandlungen | |
eingewilligt, das iranische Atomprogramm zurückzufahren, wenn der Westen | |
dafür seine Sanktionen aufhebt. Kritik aus den Reihen iranischer Hardliner | |
konterte er mit der Aussicht auf wirtschaftlichen Aufschwung. | |
Ein Jahr nach dem Abkommen ist davon aber wenig zu spüren, und so könnte | |
Rohanis gemäßigte Regierung bald in Schwierigkeiten geraten. Für die Wahl | |
2017 läuft sich bereits der Expräsident und Hardliner Ahmadinedschad warm. | |
Kommt er zurück an die Macht, ist der Atomdeal vermutlich Geschichte. | |
Dass der wirtschaftliche Aufschwung ausbleibt, hat auch mit der | |
Zurückhaltung deutscher Unternehmen zu tun. Zwar reisen nach dem Ende der | |
Sanktionen laufend Topmanager nach Teheran, Verträge haben sie bisher aber | |
kaum unterzeichnet. Die Risiken sind der deutschen Wirtschaft zu hoch, | |
unter anderem wegen der fragilen politischen Situation in der Region. | |
## Geplatzte Geschäfte | |
Die Bundesregierung bietet für solche Situationen eigentlich sogenannte | |
Hermes-Deckungen an. Damit können sich exportierende Unternehmen dagegen | |
versichern, dass Kunden im Ausland ihre Rechnungen nicht bezahlen. | |
Auch für das Iran-Geschäft würde die deutsche Wirtschaft liebend gern auf | |
solche Bürgschaften zurückgreifen. „Die Hermes-Deckungen unterstützen | |
Industrie und Handel besonders bei ihren Geschäften mit Schwellen- und | |
Entwicklungsländern. Sie sichern die Betriebe gegen Zahlungsausfälle ab und | |
machen so diese Geschäfte erst möglich“, sagt zum Beispiel der | |
DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. | |
Nur: Für Verträge mit dem Iran gibt es derzeit keine Bürgschaften. Aus | |
geplatzten Hermes-Deckungen in alten Geschäften hat der Iran nämlich | |
Schulden in Höhe von 500 Millionen Euro angehäuft. Erst wenn Teheran | |
diese Summe beglichen hat, will die Bundesregierung neue Bürgschaften | |
genehmigen. Ein Schuldenerlass steht nach Angaben aus Regierungskreisen | |
nicht zur Debatte. | |
Das Wirtschaftsministerium spricht immerhin von „konstruktiven Gesprächen“ | |
mit dem Iran. Nach einem Treffen von Vizekanzler Gabriel mit dem iranischen | |
Handelsminister Nematzadeh Ende Mai sei man zuversichtlich, die „noch | |
ungeklärten Fragen bezüglich der Begleichung der Altschulden“ schnell zu | |
klären. Für Unternehmen sollen keine weiteren Verzögerungen entstehen. | |
Welche Fragen noch zu klären sind, verrät das Ministerium aber nicht. Fest | |
steht also nur: Bis zum Fastenbrechen der beiden Außenminister am Mittwoch | |
Abend hat der Iran seine Schulden noch nicht bezahlt. | |
15 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Iran | |
Deutschland | |
Atomabkommen | |
Hassan Rohani | |
Frank-Walter Steinmeier | |
Schwerpunkt Iran | |
Sigmar Gabriel | |
Teheran | |
IAEA | |
Schwerpunkt Iran | |
Schwerpunkt Iran | |
Export | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Iran | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wirtschaftsminister Gabriel im Iran: Unter den Augen der Ajatollahs | |
Der Iran braucht dringend wirtschaftliche Erfolge, Vizekanzler Gabriel will | |
helfen. Aber das Thema Menschenrechte erschwert die Geschäfte. | |
Wirtschaftsminister fliegt nach Teheran: Gabriel will Iran-Geschäft ankurbeln | |
Trotz des Endes der Atom-Sanktionen kommt der Handel mit dem Iran noch | |
nicht in die Gänge. Der Vizekanzler will das ändern. | |
Reportagenband über Teheran: Welthauptstadt des Analsex | |
Ramita Navai erzählt in „Stadt der Lügen. Liebe, Sex und Tod in Teheran“, | |
was nicht sein darf, aber trotzdem ist. Sensationslüstern – und | |
sensationell. | |
Spionagevorwürfe: Iran richtet Atomphysiker hin | |
Die Justiz des Landes hat bestätigt, dass der früher als Held gefeierte | |
Schahram Amiri gehängt worden ist. Zuvor hatte seine Mutter über seinen Tod | |
berichtet. | |
Terminvergabe an der Botschaft im Iran: Zwei Visa für 516 Euro | |
Ein Visum vom Iran nach Deutschland? Soll man bei der Deutschen Botschaft | |
in Teheran online buchen. Geht aber nicht. Das hilft dem Schwarzmarkt. | |
Kommentar zu Irans Präsident Ruhani: Öffnung und Repression | |
Die Politik der wirtschaftlichen Öffnung steht im krassen Widerspruch zu | |
den Realitäten. Es tobt ein Richtungsstreit um die Zukunft des Landes. | |
Handelsbeziehungen mit Saudi-Arabien: Deutschland vor Exportrekord | |
Der niedrige Ölpreis ist so wenig ein Hemmnis wie die Menschenrechtslage. | |
Auch die Geschäfte mit den Emiraten laufen so gut wie noch nie. | |
Iran nach dem Atomabkommen: Vorbild China | |
Der Atomdeal stürzt die Staatsführung Irans in ein Dilemma: Sie braucht den | |
Aufschwung, befürchtet aber den Einfluss des Westens. | |
Kommentar Gabriels Iran-Reise: Unangenehmer Beigeschmack | |
Sigmar Gabriels Iran-Besuch ebnet der Industrie den Weg. Den | |
Wirtschaftsinteressen will er mit einer Floskel einen humanen Anstrich | |
geben. |