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# taz.de -- Terminvergabe an der Botschaft im Iran: Zwei Visa für 516 Euro
> Ein Visum vom Iran nach Deutschland? Soll man bei der Deutschen Botschaft
> in Teheran online buchen. Geht aber nicht. Das hilft dem Schwarzmarkt.
Bild: Deutsche Botschaft in Teheran: Gemauschel bei der Terminvergabe
Berlin taz | „Im August feiere ich meine Verlobung. Da will ich meine
Eltern dabei haben“, sagt Mohammed S. Fünf Wochen lang habe er versucht,
sie über die Deutsche Botschaft in Teheran nach Deutschland einzuladen,
erzählt er.
Der Iraner, der aus Sicherheitsgründen seinen vollständigen Namen nicht in
der Zeitung lesen will, ist nicht der einzige, der seine Verwandten nicht
zu sich holen kann. Zumindest nicht auf diesem Weg.
Einmal in der Woche kann man online auf der Homepage der Deutschen
Botschaft Termine buchen. Ein paar Klicks, ein paar Formulare ausfüllen,
und schon soll man einen Termin buchen können. Theoretisch. „Die Buchung
Ihres Termins wird nur wenige Minuten in Anspruch nehmen“, heißt es auf der
Homepage. Aber das stimmt nicht. Es geht nämlich gar nicht. Stattdessen
teilt die Botschaft in roten Lettern mit, dass die Buchung von Terminen
aufgrund einer hohen Nachfrage „schwierig sein kann“.
Für die italienische Sekretärin Laura L., die in Berlin lebt und mit einem
Iraner verheiratet ist, ist das „pure Schikane“. Seit sechs Wochen versuche
sie, über das Tool ihre Schwägerin nach Deutschland einzuladen: „Ich bin in
der Zeit ganze drei Mal überhaupt soweit gekommen, mir einen Termin
auszusuchen, bevor ich wieder aus dem System geschmissen wurde. „Fatal
error“ hieß es dann“.
Jetzt hat sie eine Online-Petition mit dem Titel „Das Teheraner
Termin-Märchen“ unterzeichnet. Über 3.000 Unterschriften hat diese bisher
gesammelt. Adressiert ist sie an Michael von Ungern-Sternberg, den
deutschen Botschafter im Iran.
Aufgesetzt hat die Petition der Kölner Journalist Bamdad Esmaili, der aus
dem Iran stammt. Um die deutsche Botschaft in Teheran unter Druck zu
setzen, hat Esmaili bereits einen Beitrag für BBC Persian gedreht.
Vergeblich.
## Die Terminprobleme sind bekannt
Als der Journalist am vergangenen Sonntag dem Auswärtigen Amt und der
Botschaft in Teheran seine Petition zuschickte, bekam er eine automatische
Antwort: Das Problem mit den Terminschwierigkeiten sei bekannt. Ursache
sei, dass zu viele Leute nach Deutschland reisen wollten.
Der taz schreibt das Auswärtige Amt nur so viel: „Das Terminvergabesystem
wird permanent auch hinsichtlich der Leistungsfähigkeit überwacht und
verbessert.“ Von der Deutschen Botschaft in Teheran gibt es bis heute kein
Statement.
Der eigentliche Skandal daran ist aber ein anderer: Aus diesem scheinbar
nicht zu behebenden Online-Problem hat sich eine Art Schwarzmarkt
entwickelt. Reisebüros und Reiseversicherungsagenturen besorgen für
umgerechnet mehrere hundert Euro einen dieser normalerweise kostenlosen
Termine. Die Iranerin Azadeh A. erzählt der taz, dass sie für umgerechnet
145 Euro bei einem Versicherungsbüro zwei Termine gekauft habe. „Für meine
Eltern“, sagt sie. Sie hätten später ein Visum bekommen.
Einem weiteren Betroffenen erging es ähnlich: „Drei Tage nachdem ich in
einem Reisebüro in Teheran angerufen habe, habe ich zwei Termine bekommen.
Meine Frau fragte mich, wie ich diesen Menschen vertrauen könnte. Wir
hatten nach sechs Monaten aber einfach keine Wahl mehr“. Er erzählt, dass
es in Teheran ganz normal sei, in ein Reisebüro zu gehen, um nach einem
Visa-Termin zu fragen: „Auf dem Tisch stehen Schilder wie: „Die Vermittlung
nach Deutschland, Frankreich und Italien“. Das ist bekannt und eine
Schande!“
Die Botschaft und das Auswärtige Amt distanzieren von diesen Agenturen. Sie
warnen zudem davor, Termine von Dritten zu kaufen. Wie kommen die
Reisebüros an die Termine? Das kann niemand genau sagen.
Mohammad S.s Eltern können mittlerweile zur Verlobung ihres Sohnes nach
Deutschland reisen. Der Vater hat in einem Teheraner Reisebüro zwei Visa
gekauft. Für umgerechnet 516 Euro.
22 Jun 2016
## AUTOREN
Michelle Sensel
## TAGS
Schwerpunkt Iran
Deutsche Botschaft
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EMtaz Meinung
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