# taz.de -- Religiöse Neutralität am Arbeitsplatz: Kopftuchverbot im Job zul�… | |
> Einer belgischen Muslimin wurde gekündigt, weil sie bei der Arbeit ein | |
> Kopftuch tragen wollte. Die Generalanwältin des EuGH hält das für | |
> rechtens. | |
Bild: Am Arbeitsplatz soll ein Kopftuchverbot zulässig sein, sagt die EuGH-Gen… | |
BRÜSSEL epd | Das Tragen des Kopftuches darf muslimischen Frauen am | |
Arbeitsplatz nach Ansicht der Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof | |
(EuGH) grundsätzlich verboten werden. Ein Verbot könnte die Frauen zwar | |
mittelbar religiös diskriminieren, räumte Generalanwältin Juliane Kokott am | |
Dienstag in ihren Schlussanträgen zu einem aktuellen Fall aus Belgien ein. | |
Dies sei aber zu rechtfertigen, wenn das Unternehmen damit eine | |
„Unternehmenspolitik der religiösen und weltanschaulichen Neutralität“ | |
durchsetzen wolle, wie es in den Schlussanträgen der deutschen Juristin an | |
dem Luxemburger EU-Gericht heißt. (AZ: C-157/15) | |
In dem Fall ging es um eine Frau muslimischen Glaubens. Samira A. war bei | |
einer belgischen Firma beschäftigt, die Sicherheits- und Rezeptionsdienste | |
erbringt, wie der EuGH in einer Presseerklärung zu den Schlussanträgen | |
mitteilte. Samira A. hatte schon drei Jahre als Rezeptionistin für die | |
Firma gearbeitet, als sie darauf bestand, künftig mit einem islamischen | |
Kopftuch zur Arbeit zu kommen. Daraufhin wurde ihr gekündigt. | |
Das Unternehmen berief sich auf eine Betriebsvorschrift, wonach das Tragen | |
sichtbarer religiöser, politischer und philosophischer Zeichen bei der | |
Arbeit generell verboten sei, wie das Gericht weiter erklärte. | |
Die Frau verklagte die Firma auf Schadenersatz. Nach einem Rechtsstreit | |
durch mehrere Instanzen landete der Fall beim belgischen Kassationshof. | |
Dieser wandte sich an den EuGH, damit das EU-Gericht das Verbot religiöser | |
Diskriminierung konkretisiert. Denn dieses ist in einem EU-Gesetz aus dem | |
Jahr 2000 verbrieft. | |
Die Generalanwältin prüft in den Schlussanträgen unter anderem, ob das | |
Verbot die Frau direkt als Muslima trifft. Dies sei der fraglichen | |
Betriebsvorschrift zufolge nicht der Fall. Denn diese könnte zum Beispiel | |
„genauso gut den männlichen Arbeitnehmer jüdischen Glaubens treffen, der | |
mit einer Kippa zur Arbeit erscheint“, oder die Christen, „die sich ein | |
deutlich sichtbares Kreuz umhängen oder ein T-Shirt mit der Aufschrift | |
‚Jesus is great‘ zur Arbeit anziehen wollen“. | |
## Neutralitätspflicht gilt auch für Atheisten | |
Darüber hinaus verbiete die Betriebsregelung auch Zeichen nichtreligiöser | |
Weltanschauungen oder politischer Zugehörigkeit und treffe so zum Beispiel | |
auch überzeugte Atheisten. „Was bleibt, ist also im vorliegenden Fall | |
allein eine Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmern, die eine bestimmte | |
Überzeugung – sei sie religiöser, politischer oder philosophischer Natur – | |
aktiv zum Ausdruck bringen wollen, und ihren Kollegen, die dieses Bedürfnis | |
nicht verspüren.“ | |
Darin liege aber keine unmittelbare religiöse Diskriminierung, argumentiert | |
die deutsche Juristin. Ganz anders läge der Fall, wenn das Verbot zum | |
Beispiel auf Vorurteilen gegenüber Muslimen oder religiösen Menschen | |
generell beruhte. Dafür gebe es aber keine Anhaltspunkte. | |
Die Schlussanträge der Generalanwältin sind noch kein Urteil. Dieses folgt | |
erst später, gewöhnlich im Abstand von einigen Monaten. Die Generalanwältin | |
hat mit den Schlussanträgen den Auftrag, dem EuGH in völliger | |
Unabhängigkeit einen Entscheidungsvorschlag zu machen, dem dieser dann | |
häufig folgt. | |
Letztlich hat dann im Lichte des EuGH-Urteils die belgische Justiz über den | |
Fall zu entscheiden. Diese muss dabei die Umstände genau berücksichtigen, | |
hieß es in der Mitteilung des EuGH. Zu den Umständen zählten die | |
„Auffälligkeit des religiösen Zeichens“ der Muslima, ihre genaue Tätigke… | |
bei der Firma und die „nationale Identität Belgiens“. | |
31 May 2016 | |
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