# taz.de -- Seele gesund: Auch nachts gibt’s wieder Hilfe | |
> Die ambulante Versorgung von Menschen mit psychischen Problemen wird | |
> verbessert. Mehrere Experten loben das jetzt verabschiedete rot-grüne | |
> Konzept | |
Bild: Mit Faszination und Vernachlässigung reagierte die Zeit Goyas auf psychi… | |
Rot-Grün investiert 1,2 Millionen Euro in die Verbesserung der | |
psychiatrischen Versorgung in Bremen. Das hat die Gesundheitsdeputation der | |
Bürgerschaft jetzt beschlossen. Dafür gibt es Lob von Betroffenen. „Ich | |
finde die aktuellen Entscheidungen sehr gut“, sagt Detlef Tintelott vom | |
Landesverband der Psychiatrie-Erfahrenen. | |
Mit dem Geld soll unter anderem ein Nachtcafé für Menschen mit psychischen | |
Problemen finanziert werden, das an sieben Tagen die Woche als Anlaufpunkt | |
in den Abend- und Nachtstunden dienen soll. Es ist als eher | |
niedrigschwelliges und präventives Angebot gedacht – psychisch instabile | |
Menschen sollen dort erst einmal Kontakte und Gesprächsmöglichkeiten | |
finden. Darüber hinaus sollen dezentrale Kriseninterventionsdienste | |
eingerichtet werden, die wochentags von 21 bis 8 Uhr an Wochenenden von 17 | |
bis 8 Uhr erreichbar sein sollen. Die beiden Angebote sollen miteinander | |
kooperieren und auch Krisenplätze vorhalten. | |
„Das könnte ein schlüssiges Gesamtkonzept ergeben“, sagt Jörn Petersen v… | |
der [1][Initiative zur sozialen Rehabilitation] in Bremen, zugleich | |
Ausbilder bei [2][EX-IN], einem Projekt, das Psychiatrie-Erfahrenen für die | |
Arbeit in psychiatrischen Diensten qualifiziert. Das neue Angebot biete | |
„viel mehr Möglichkeiten als der bisherige Krisendienst“, so Petersen. | |
Der wiederum ist erst vor kurzem eingeschränkt worden: Seit Ende März ist | |
das [3][Krisentelefon des sozialpsychiatrischen Dienstes] nachts nichts | |
mehr erreichbar. Statt eines Experten kam dann im Zweifelsfall die Polizei. | |
Zwar riefen bei so einem Krisentelefon nachts nur wenige an, sagt Peter | |
Kruckenberg, ehemals ärztlicher Direktor am Klinikum Bremen-Ost. Er hat | |
diesen Krisendienst 1983 mit aufgebaut. Doch jene, die gerade dann anrufen, | |
bräuchten als „dringende Fälle“ in aller Regel auch „unbedingt Hilfe“… | |
Kruckenberg. Die Kürzung kritisiert er als „Sauerei“ und „unüberlegten | |
Rückschritt“. | |
Der Krisendienst war zuletzt „nicht effektiv genug“, sagt Kirsten | |
Kappert-Gonther, die Gesundheitspolitikerin der Grünen – eine Einschätzung, | |
die Petersen teilt: „Er war zuletzt nicht besonders Nutzer-orientiert.“ Das | |
neue, auch von Kruckenberg und Petersen gelobte Konzept soll noch im | |
laufenden Jahr in zwei Regionen Bremens umgesetzt werden. „Das wird nicht | |
reichen“, sagt Kappert-Gonther, die trotzdem „sehr glücklich“ über den | |
Beschluss ist. | |
Der soll auch die Ausbildung und den Einsatz von Psychiatrie-Erfahrenen als | |
„GenesungsbegleiterInnen“ fördern. Acht von ihnen sollen ein Jahr lang eine | |
halbe Stelle bekommen, acht weitere bis September 2017 ausgebildet und | |
zumindest noch drei weitere Monate beschäftigt werden. Für die | |
psychiatrische Versorgung bedeuten GenesungsbegleiterInnen „ein ganz hohes | |
Maß an Kompetenzgewinn“, sagt Kruckenberg. Studien zeigen, dass mit ihrer | |
Hilfe Klinikaufenthalte reduziert werden und Krankheitsverläufe weniger | |
schwer ausfallen können, weil Selbsthilfe-Potenziale der Betroffenen | |
schneller und besser aktiviert werden. Auf dieses Projekt „warten wir seit | |
Jahren“, sagt Petersen – auch wenn es „ein Tropfen auf dem heißen Stein�… | |
sei. | |
Noch keine Geld gibt es indes für die geplante unabhängige Fürsprache- und | |
Beschwerdestelle für psychisch Erkrankte. Das Konzept dafür steht bereits. | |
Dass sie nicht von dem aktuellen Haushaltsbeschluss abgedeckt sei, findet | |
Kruckenberg „völlig unverständlich“. Kappert-Gonther indes hofft noch auf | |
andere Finanzierungslösungen. | |
13 Jun 2016 | |
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## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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