# taz.de -- Senat kämpft gegen Initiative: Zitterpartie um Ganztagsschule | |
> Die Verhandlung zwischen Rot-Grün und der Volksinitiative „Guter Ganztag“ | |
> steht kurz vor dem Ende. Senat droht mit Klage, um die Initiative | |
> auszubremsen | |
Bild: In einer „guten“ Ganztagsschule soll es davon mehr geben: frisches Es… | |
Im Rathaus läuft derzeit ein Verhandlungskrimi: Sollte es zwischen der | |
Schul-Volksinitiative „Guter Ganztag“ und den Fraktionsspitzen von SPD- und | |
Grünen bis Montag keine Einigung geben, droht der Senat, am Dienstag das | |
Verfassungsgericht anzurufen und die Forderungen prüfen zu lassen. Damit | |
wäre die Volksinitiative, die mehr Erzieher, frisches Essen und Tobe- und | |
Ruheflächen für die Kinder möchte, für Monate bis Jahre ausgebremst. | |
Beide Seiten zeigten sich am Sonntag zuversichtlich. „Es ist noch Bewegung | |
reingekommen“, sagte Gert Kotoll für die Elterngruppe. Diese strebt einen | |
Volksentscheid an und hatte dafür in der ersten Stufe im Oktober rund | |
15.000 Unterschriften beim Wahlamt eingereicht. Seit Februar verhandeln | |
deren Vertrauensleute Christine Dwenger, Gert Kotoll und Manja Scheibner | |
mit Andreas Dressel und Anjes Tjarks, den Fraktionschefs von SPD und | |
Grünen. Über Monate ging es harmonisch zu. Doch am Mittwoch legten Dressel | |
und Tjarks ihre Zahlen auf den Tisch. „Da wurde es schwierig“, sagt Kotoll. | |
Wie man aus Rathauskreisen hört, liegen beide Seiten um etliche Millionen | |
auseinander. SPD und Grüne seien bereit, knapp über zehn Millionen Euro | |
auszugeben, vor allem für einen besseren Erzieher-Kind-Schlüssel. Doch Geld | |
für Räume solle es nur geben, wenn die Schulen Geld aus anderen Budgets | |
abgeben. | |
„Das finde ich bösartig“, sagt Sabine Boeddingshaus (Die Linke). Würde die | |
Eltern-Ini dem zustimmen, wäre ihr der Zorn der Schulen sicher. Für | |
CDU-Politikerin Karin Prien ist es ein Unding, den Eltern nach monatelangen | |
Verhandlungen „kein substantielles Angebot vorzulegen.“ | |
Die Forderungen der Eltern-Ini liegen bei etwa 50 Millionen Euro für Räume, | |
Küchen und Personal. Das ist nicht wenig, aber weit entfernt von den 1,5 | |
Milliarden-Euro-Kosten, die SPD-Schulsenator Ties Rabe im Schulausschuss | |
als Abschreckungszahl nannte. Er unterstellte, die Eltern wollten die | |
leeren Klassenräume am Nachmittag nicht nutzen und dafür komplett neu | |
bauen. | |
Doch es geht dem „Guten Ganztag“ um Anbauten oder Umbauten in Räumen, um | |
für die Kinder, die nunmehr den ganzen Tag in der Schule sind, | |
Rückzugsräume zu schaffen. An der Ganztagsbetreuung nehmen 80 Prozent der | |
Grundschüler teil. Sie wurde in kurzer Zeit mit wenig Mitteln eingeführt. | |
„Es ist ein Provisorium, das vielerorts gut funktioniert“, sagt Kotoll. | |
Doch es gehe darum, dafür zu sorgen, „dass sich für die Kinder und Erzieher | |
etwas verbessert“. | |
Wo die Probleme liegen, zeigt eine Anfrage der Links-Fraktion. So wurden an | |
zwölf Schulen die Verträge mit den Trägern für die Nachmittasbetreuung | |
gekündigt. Die Kinder verlieren so ihre Bezugspersonen. Als Grund wird auch | |
die „Personalsituation des Trägers“ genannt. Die Job-Bedingungen sind | |
schlecht, die meisten Erzieher haben nur 20 Stunden-Verträge, davon lässt | |
sich nicht leben. Folge ist eine hohe Fluktuation. | |
Die Initiative will mehr volle Stellen für Erzieher. Und es soll praktische | |
„Vitalküchen“ geben, in denen fertig geschnitten und geschälte Zutaten | |
frisch zubereitet werden. Das sei besser als zuvor gefrorenes aufgewärmtes | |
Essen. Zudem sollen in einem neues Gremium auch Erzieher, Eltern und | |
Schüler über die Belange des Alltags mitentscheiden. | |
In diesem Punkt soll Rot-Grün Bedenken haben, weil die Rechte der | |
bisherigen Schulkonferenz tangiert werden könnten. Doch Kotoll sagt: „Daran | |
wird es nicht scheitern.“ Auch die übrigen Punkte seien verfassungsgemäß. | |
Das sagt auch Manfred Brandt von „Mehr Demokratie“. Die Gefahr etwa, dass | |
die Finanzhoheit des Parlaments einschränkt wird, sei bei diesen Summen | |
noch „kein Thema“. | |
Doch wenn der Senat am Dienstag die Klage-Karte zieht, muss das | |
Volksbegehren bis zur Entscheidung ruhen. Im Klartext: Die Eltern könnten | |
nicht wie geplant im Herbst 2016 für die zweite Stufe Unterschriften | |
sammeln und dann zur Bundestagswahl 2017 die Volksentscheids-Frage stellen. | |
12 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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