| # taz.de -- Soziale Herkunft prägt Schulerfolg: Chancengleichheit mangelhaft | |
| > Der Erfolg von jungen Menschen in der Schule ist abhängig von ihrer | |
| > sozialen Herkunft. Wissenschaftler analysierten die Schulsysteme der | |
| > einzelnen Bundesländer. | |
| Bild: Nur 14,4 Prozent der Schüler besuchen eine Ganztagsschule | |
| BERLIN dpa | Neuntklässler aus höheren Sozialschichten haben in Mathematik | |
| einen Wissensvorsprung von bis zu zwei Jahren gegenüber ihren | |
| Klassenkameraden aus bildungsfernen Familien. Das ist nur ein Beispiel aus | |
| dem am Donnerstag veröffentlichten neuen „Chancenspiegel“ der | |
| Bertelsmann-Stiftung. | |
| Er zeigt, dass die Chancengerechtigkeit im deutschen Schulsystem ist immer | |
| noch mangelhaft ist. Trotz Verbesserungen in den vergangenen Jahren ist der | |
| Bildungserfolg eines jungen Menschen weiterhin stark abhängig von seiner | |
| sozialen Herkunft. | |
| Wissenschaftler der Universitäten in Dortmund und Jena analysieren jährlich | |
| für die Stiftung, wie gerecht und leistungsstark das jeweilige Schulsystem | |
| der einzelnen 16 Länder ist. Als positiv stellt die Studie heraus, dass die | |
| Zahl der jungen Menschen, die die Schule ohne Abschluss verlassen, | |
| bundesweit zurückgegangen ist und zwar von 6,9 Prozent (2009) auf 6 Prozent | |
| (2012). Zugleich ist der Anteil derjenigen Jugendlichen gestiegen, die das | |
| Abitur oder die Fachhochschulreife erwerben und damit studieren können. | |
| Zwischen 2009 und 2012 stieg dieser Anteil von 46,7 auf 54,9 Prozent. | |
| Der Chancenspiegel zeigt erneut große Unterschiede zwischen den einzelnen | |
| Bundesländern. Allerdings sei kein Land in allen Bereichen „Spitze oder | |
| Schlusslicht“, heißt es darin. Erstmals haben die Forscher zudem | |
| Unterschiede innerhalb der einzelnen Länder untersucht und damit auch ein | |
| erhebliches Gefälle zwischen bestimmten Regionen und zwischen Stadt und | |
| Land festgestellt. Analysiert wurden von den Wissenschaftlern die | |
| „Integrationskraft“ der Schulen, die „Durchlässigkeit“ zwischen den | |
| einzelnen Schulformen, die „Kompetenzförderung“ und die | |
| „Zertifikatsvergabe“. | |
| Nur mühsam kommt nach der Studie der Stiftung der Ausbau der Ganztagsschule | |
| voran. 2012 besuchten 32,3 Prozent der Schüler eine Schule mit | |
| Nachmittagsangeboten (2011: 30,6 Prozent). „Der insgesamt langsame Ausbau | |
| deckt bei weitem nicht die Nachfrage der Eltern“, sagte Stiftungsvorstand | |
| Jörg Dräger. Nach Angaben der Forscher wünschen sich 70 Prozent der Eltern | |
| ein solches Angebot. | |
| ## Forderung: Ausbau der Ganztagsschulen | |
| Nur 14,4 Prozent der Schüler besuchen Ganztagsschulen, in denen der | |
| Schulunterricht über den gesamten Tag gemeinsam im Klassenverband erteilt | |
| wird. Gerade diese Schulform mit verpflichtendem Ganztagsunterricht biete | |
| jedoch gute Rahmenbedingungen, alle Schüler individuell und optimal zu | |
| fördern. Dräger forderte einen erheblich schnelleren Ausbau der | |
| Ganztagsschulen. | |
| Als Beispiel für die großen Bildungsunterschiede innerhalb einzelner | |
| Bundesländer verweisen die Forscher unter anderem auf Bayern, wo landesweit | |
| nur 4,9 Prozent der Jugendlichen die Schule ohne Abschluss verlassen. | |
| Regional schwankt dieser Anteil aber zwischen 0,7 Prozent und 12,3 Prozent. | |
| Mit entscheidend sei dabei auch das jeweilige Schulangebot vor Ort. In | |
| Sachsen erwerben zum Beispiel 44,7 Prozent der Schüler eine Hochschulreife. | |
| Die Spannbreite in den Kommunen liegt dabei zwischen 32 und 63 Prozent. | |
| Der Schulforscher Wilfried Bos forderte eine bessere regionale | |
| Schulentwicklung. „So kann der Entstehung von Ungleichheit begegnet werden, | |
| unabhängig von den kommunalen Finanzlagen“, sagte Bos. | |
| 11 Dec 2014 | |
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